Umwelt

Wie der Nabu in Heidelberg den Abriss eines Sandsteingebäudes verhindert

Vor acht Jahren ist die ehemalige Villa Nachttanz in Heidelberg abgerissen worden. Jetzt sollte auch ein Nebengebäude weichen, die Stadt will die Gewerbefläche entwickeln. Der Nabu hat andere Ideen

Von 
Julian Eistetter
Lesedauer: 
Versteckt hinter Bäumen liegt das umstrittene Gebäude auf einer Gewerbefläche im Bereich der S-Bahnhaltestelle Pfaffengrund-Wieblingen. © René Priebe

Heidelberg. Mehr als 100 Jahre alt ist das Gebäude, das auf der letzten freien Fläche des Gewerbegebiets zwischen den Heidelberger Stadtteilen Pfaffengrund und Wieblingen liegt, eingeschlossen von der S-Bahnlinie im Süden und der B 37 im Norden. Die Tage des Hauses mit den Sandsteinelementen sollten aber eigentlich schon gezählt sein. Am Dienstag rückten im Auftrag der Stadt die Abrissbagger an.

Doch etwa 20 Vertreter des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu), Ortsgruppe Heidelberg, machten die Pläne vor Ort zunichte. Einen ganzen Tag über harrten sie vor dem Gelände aus, bis die Verwaltung signalisierte, den Abriss vorerst zurückzustellen.

Villa Nachttanz abgerissen

Worum geht es bei der Auseinandersetzung? Das rund 17 000 Quadratmeter große Areal ist schon lange als Gewerbefläche ausgewiesen. Vor etwa acht Jahren wurde die ehemalige Villa Nachttanz im südlichen Bereich des Grundstücks abgerissen. Das etwas kleinere Nebengebäude blieb damals stehen.

Wie ein Rathaussprecher auf Anfrage mitteilt, beschloss der Gemeinderat Mitte 2022, den südlichen Teil zur gewerblichen Entwicklung an ein Unternehmen aus dem Bereich Umwelttechnik zu verkaufen. Auch seitens des Nabu habe ein Angebot vorgelegen, das Grundstück samt Gebäude zu übernehmen, um dort ein Umweltzentrum einzurichten.

Vom Kauf zurückgetreten

„Das Unternehmen hat aber die besseren Kennzahlen vorgewiesen“, so der Sprecher. Es wären neue Arbeitsplätze geschaffen worden, die Stadt hätte mit zusätzlichen Gewerbesteuereinnahmen rechnen können. Ende 2022 sei das Unternehmen dann aber vom Kauf zurückgetreten - wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Lage, aber auch, weil der Nabu gegen das Projekt mobil gemacht habe, so der Sprecher.

Mehr zum Thema

Radschnellweg

Wie aus einem Feldweg in Mannheim eine „Rad-Autobahn“ wird

Veröffentlicht
Von
Roland Schmellenkamp
Mehr erfahren
Urteil

Busfahrer nach Unfall in Heidelberg mit Toter verurteilt

Veröffentlicht
Von
Esther Lehnardt
Mehr erfahren

Ein Inhalt des Verkaufsbeschlusses sei gewesen, dass die Stadt sich um den Abriss des Gebäudes kümmert. „Das ist aus unserer Sicht auch dringend notwendig“, betont der Sprecher. Es sei statisch unsicher und nicht sanierungsfähig. Außerdem werde das leerstehende Haus immer wieder zum Ziel von Einbrüchen und Vandalismus.

Der Nabu dagegen sieht nach dem Rückzug des Unternehmens derzeit keinen Anlass, das Haus abzureißen. „Wir hätten selbst großes Interesse, das Gebäude zu übernehmen und ökologisch zu sanieren“, sagt der Vorsitzende Andreas Kellner. Nach den Informationen der Naturschützer sei des 1906 errichtete Gebäude durchaus erhaltenswert. „Wir haben jetzt einen Einblick in die Unterlagen zur Bausubstanz beantragt“, so Kellner.

Nabu hat ersten Teilerfolg erzielt

Ziel des Nabu sei es, ein Naturschutzzentrum einzurichten und die umliegende Gewerbefläche als Grünfläche auszuweisen. Insbesondere der nördliche Teil sei als Streuobstwiese ökologisch wertvoll. Das sieht auch die Verwaltung so, wie der Sprecher bestätigt. Die Entwicklung als Gewerbefläche sei für diesen Bereich zurückgestellt. „Was aber nicht bedeutet, dass das für immer so ist.“

Einen ersten Teilerfolg hat der Nabu nun aber erzielt. Seine Aktivitäten haben dazu geführt, dass Stimmen aus dem Gemeinderat laut wurden, das Thema noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen. „Für den Moment ist der Abriss zurückgestellt, bis sich der Gemeinderat damit befasst hat“, so der Sprecher. Ziel der Stadt sei aber weiterhin, den südlichen Teil des Grundstücks als Gewerbestandort zu entwickeln.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen