Klima

Von „Kühle Karte“ bis Baumpflege: Was Heidelberg gegen Hitze anbietet

Die "Kühle Karte" listet Schattenplätze auf und zeigt, wo man seine Wasserflasche kostenlos füllen lassen kann. Was Heidelberg sonst noch bei Hitze anzubieten hat - und warum es kaum Trinkwasserbrunnen gibt

Von 
Michaela Roßner
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Vom Parkplatz zum Park: Der Theaterplatz in der Heidelberger Altstadt hat sich seit 2009 klimafreundlich verändert. © Philipp Rothe

Heidelberg. Es sind 32 Grad im Schatten - doch Schatten ist nirgendwo in Sicht: Innenstädte können im Sommer zu Brutöfen werden. Doch der Klimawandel beschäftigt längst Städte und Gemeinden. Auch Heidelberg sucht nach Möglichkeiten, die Temperaturen in den Gassen und auf den Plätzen günstig zu beeinflussen. Einen Hitzeaktionsplan gibt es bereits. Außerdem bietet die Stadt eine „Kühle Karte“ an. Das ist indes keine Auflistung von kalten Erfrischungen, sondern ein Lageplan, der zu Brunnen, Bänken und kühlen Plätzen führt.

Bei einem „Klimaspaziergang“ in der Altstadt machte sich Klimaschutz-Bürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain mit Experten vom Umweltamt ein Bild von der Umsetzung des Klimaaktionsplans.

Messstationen gemeinsam mit der Universität

Der Hitzeaktionsplan sieht konkrete Schutzmaßnahmen vor - wie Informationen zu richtigem Verhalten bei Hitze, die Entsiegelung und Nachbegrünung von Plätzen, das Aufstellen von zusätzlichen Trinkwasserbrunnen in der Stadt oder Anpassungsmaßnahmen in der Stadtplanung.

Stopp am Uniplatz: An der Haltestelle misst eine Helix-Station die Temperatur. 34 Grad gab es bereits diese Woche. Diese und weitere Messstationen betreibt die Stadt in Kooperation mit der Universität. So entsteht ein Livebild der Temperaturen. Das ermöglicht Vergleiche: Auch auf dem Gadamerplatz im jungen Stadtteil Bahnstadt gab es am selben Tag 34 Grad. Doch während die Messung in der Altstadt schon wenig später deutlich niedrigere Werte ergab, war es auf dem zugepflasterten Platz im jüngsten Stadtteil auch um Mitternacht noch sehr, sehr warm. Grund: In der Altstadt sorgen Wald und Neckar abends für kühle Luftströme, die durch die Gassen und über die Plätze ziehen.

Was die Stadt gegen Hitze tut

  • Der Hitzeaktionsplan sieht konkrete Schutzmaßnahmen vor – wie Informationen zu richtigem Verhalten bei Hitze, die Entsiegelung und Nachbegrünung von Plätzen, das Aufstellen von zusätzlichen Trinkwasserbrunnen in der Stadt oder Anpassungsmaßnahmen in der Stadtplanung.
  • Anhand der Stadtklimaanalyse identifizieren die Stadtplaner Hitze-Hotspots im Stadtgebiet, die einen erhöhten Bedarf für Klimaanpassung haben – beispielsweise Pflegeeinrichtungen, Kindergärten oder Schulhöfe.
  • Mit dem Klimascanner gibt es im Rathaus ein neues, landesweit innovatives Tool, mit dem sich Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel sofort im Bestand simulieren, bewerten und optimieren lassen.
  • Seit einem Jahr gibt es eine digitale „Kühle Karte“. Sie zeigt kühle Orte wie geöffnete Kirchen und Sitzbänke im Schatten. Außerdem werden „Refill-Stationen“ aufgezeichnet, an denen man kostenlos seine Wasserflasche füllen lassen kann (buergerportal.heidelberg.de/kuehlekarte). 

Andreas Lippke, Fachbereichsleiter Stadtplätze, Grünanlagen und Bäume an Straßen beim Landschafts- und Forstamt, Raino Winkler, Leiter der Abteilung Technischer Umweltschutz beim Umweltamt, und Joachim Fallmann, zuständig für den Bereich Klimaanpassung und Stadtklima, begleiten den Rundgang. Auf dem Uniplatz sieht Winkler Verbesserungsmöglichkeiten: „Es ist nicht einzusehen, warum die Fahrräder die schönsten Schattenplätze bekommen“, zeigt er in Richtung Triplex-Mensa, „hier kann man sich sehr gut weitere Sitzbänke vorstellen“. Die Runde nickt. Manchmal sind Verbesserungen leicht, aber vielleicht wäre diese Idee nicht ohne Vorort-Termine entstanden. Seit einem Jahr gibt es die „Kühle Karte“. Wer sie auf dem Computer oder Handy öffnet, bekommt angezeigt, wo in der Nähe ein schattiges Plätzchen wartet. Auch Kirchen sind aufgelistet - aber nicht alle: „Die Kirchen müssen natürlich auch geöffnet sein“, erklärt Schmidt-Lamontain. 

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Drei öffentliche Trinkwasser-Brunnen in Heidelberg

Manche Lösungen sind deutlich komplizierter, als sie zu sein scheinen. Zum Beispiel Trinkwasserbrunnen. Zwar gibt es viele historische Brunnen in der Altstadt. Aber als Trinkwasser-Zapfstelle dürfen sie nicht deklariert werden - obwohl tatsächlich Leitungswasser aus den Hähnen läuft. 100 000 Euro ist das Budget groß, mit dem pro Jahr zwei bis fünf Brunnen fit gemacht werden sollen. Zwischen 20 000 und 50 000 Euro kostet diese Aufrüstung. Bis die Brunnen sprudeln, kann man sich in Refill-Stationen, die Geschäfte wie das „Goods House“ anbieten, kostenlos Wasser abfüllen lassen.

Bisher gibt es nur drei öffentliche Trinkwasser-Brunnen in der Stadt. Einer davon steht an der Providenzkirche, ein anderer auf der „Alla hopp“-Anlage in Kirchheim, der dritte auf der Neckarwiese. Auf dem Europaplatz und in der Mark-Twain-Siedlung sind weitere neue Brunnen geplant. Die Trinkwasser-Brunnen müssen abgekoppelt werden von der Trinkwasserleitung und benötigen eine regelmäßige Zwangsspülung, erklären die Experten. Außerdem müssen bei der Umrüstung der historischen Brunnen die Wasserbecken abgedeckt werden, denn für Trinkwasserqualität kann in häufig verschmutzten Bassins sonst nicht garantiert werden.

Auf dem Uniplatz, wo die Schattenplätze Autos und Räder nutzen (v.l.): Raino Winkler, Raoul Schmidt-Lamontain, Joachim Fallmann und Andreas Lippke. © Philipp Rothe

Bäume können ihre Umgebung um zehn bis 13 Grad abkühlen, wissen die Experten. Also warum nicht auch auf dem Uniplatz noch ein paar Gehölze pflanzen? Den eigentlichen Baumkosten von mehreren hundert Euro stünden Pflege, Personal- und Pflanzkosten gegenüber, die um ein Vielfaches höher seien, rechnen die Experten vor. Zudem sei der Untergrund mit Leitungen, Kanälen und Fundamenten durchsetzt, da sei es gar nicht so einfach, noch Platz zu finden, in dem ein Baum gut wurzeln könne. Aber es werde versucht.

Im Stadtteil Bergheim etwa, der als heißester Stadtteil gilt, hat man mit der Pflanzung der ersten 50 von 100 neuen Stämmen begonnen. Standorte für neue Bäume in solchen dicht bebauten Stadtteilen zu finden, sei auch aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht einfach. Von „au“ zu „wow“ gibt es auch: Der Theaterplatz war bis 2009 noch ein Parkplatz. Heute haben die alten Platanen mehr Luft, ist der zugepflasterte Boden in einen wassergebundenen umgewandelt und laden Sitzmöglichkeiten an Hochbeeten zum Ausruhen im Schatten ein.

„Wir kennen den ,Kältebus’, er bringt Menschen, die auf der Straße leben, im Winter wärmende Getränke, Suppen und Kleidung“, erzählt Fallmann, „vielleicht müssen wir in Zukunft auch einen Hitzebus im Sommer losschicken?“

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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