Heidelberg. Nun ist es amtlich: Theresia Bauer (56) tritt bei der Oberbürgermeisterwahl in Heidelberg am 6. November an. Bei der Mitgliederversammlung von Bündnis 90/ Die Grünen am Mittwochabend in der Chapel in der Südstadt erhielt Bauer 94 von 114 Stimmen. 14 Stimmen gingen an die zweite Kandidatin Cornelia Wiethaler (58). Der Grünen-Kreisvorstand hatte die Nominierung von Bauer empfohlen.
Kurz nach halb zehn stand es am Mittwochabend fest: Knapp 85 Prozent der anwesenden Mitglieder möchten Bauer als OB-Kandidatin. Fast 30 Minuten lang hatte die seit 37 Jahren in der Stadt lebende Politikerin begründet, warum sie antreten möchte. „Ja, ich will“ betonte sie mehrfach in Anlehnung an den bekannten Hochzeitsschwur. „Leidenschaft für unsere Stadt“ empfinde sie. Ihre Heimatstadt biete ihr immer wieder neue Anstöße, Begegnungen mit Menschen aus aller Welt, gleichzeitig Rückzug und die Möglichkeit, durchzuatmen – und das alles „in einer wunderbaren Landschaft eingebettet“. Dann änderte die schwärmende Bauer plötzlich ihren Ton, wurde ernst und nüchtern, als sie auf die Situation in der Ukraine einging: „Es geht um uns alle, um unsere Lebensweise und Vorstellungen.“ Mit „großer Freude“ sehen sie aber, „wie sich unsere Stadt engagiert“, verwies sie auf die Welle der Hilfsbereitschaft – und war da schon wieder in einen schwärmenden Modus gewechselt.
Nicht als Gegenkandidatin zum erneut kandidierenden Amtsinhaber Eckart Würzner möchte sie sich verstanden wissen, sondern als „positives Angebot mit eigenem Politikstil“. Dabei brauche sie „die Unterstützung von ganz vielen“, ist sich Bauer bewusst, dass sie sich keine leichte Aufgabe gestellt hat. Und dann ging sie auf konkrete Themen ihres Mitbewerbers Würzner ein: Einen kostenlosen ÖPNV hält Bauer nicht für sinnvoll – „dann können Gutverdienende auch noch kostenlos mit Bus und Bahn fahren“, möchte Bauer ökologische Aspekte „immer auch mit dem Sozialen“ gedacht sehen. Eine Verbesserung des ÖPNV-Angebots auch zum Umland hin – das wäre für sie eine bessere Möglichkeit, dieses Geld einzusetzen.
Sehr konkrete Maßnahmen schlug die zweite Kandidatin des Abends vor – etwa einen Fahrradlift auf den Boxberg. Das erstellte Solarkataster müsse nun „Dach für Dach“ abgearbeitet werden, ist sich die Nabu-Expertin für Biodiversität, Nachhaltigkeit und ökologischen Hausbau sicher, dass es in Heidelberg ausreichend Sonnenstrom „zu ernten“ gibt, um gemeinsam mit Windkraft die Stadt energieautark zu machen. „Am liebsten würde ich euch beide wählen“, bedankt sich ein Mitglied für die beiden so unterschiedlichen Bewerbervorträge.
Die baden-württembergische Wissenschaftsministerin hatte angekündigt, den Posten zum 25. September niederzulegen, um sich ganz auf den Wahlkampf in ihrer Heimatstadt konzentrieren zu können. Bauer ist seit 2001 für die Grünen im Landtag, seit 2011 ist sie Ministerin im Kabinett von Winfried Kretschmann.
Rund 120 Mitglieder kamen zu der Versammlung im neuen Bürgerzentrum im Süden der Stadt. Besonders stark vertreten schien die Grüne Jugend. „Oberbürgermeisterin zu sein ist sicher das schönste politische Amt, das man anstreben kann“, betonte die Landesvorsitzende Lena Schwelling. Heideberg sei eine „grüne Stadt“, die dringend eine grüne OB benötige. „„In Bund und Land kann man vieles entscheiden – aber wirklich wichtig ist, wie die Dinge vor Ort und bei den Menschen umgesetzt werden.“ Schwelling lobte den mehr als 700 Mitglieder zählenden Kreisverband für die Art und Weise, wie er die OB-Kandidatin gekürt worden sei. Eine 13-köpfige Findungskommission hatte elf mögliche Kandidaten geprüft. Mit dreien seien längere Gespräche geführt worden, berichtete die Kreisvorsitzende Monika Gonser. Schließlich habe man sich einstimmig für Bauer ausgesprochen. Gonser und der zweite Kreisvorsitzende Florian Kollmann erklärten: „Wir sind fest davon überzeugt: Mit Theresia Bauer haben wir die geeignetste Kandidatin gefunden, um die OB-Wahl im November in Heidelberg zu gewinnen und diese Stadt positiv zu verändern.“
Der Fraktionsvorsitzende Derek Cofie-Nunoo, der selbst 2014 für den OB-Posten kandierte, sich aber aus gesundheitlichen Gründen damals zurückzog, ist sicher: „Theresia Bauer steht für einen anderen Politikstil, den wir in dieser Stadt dringend benötigen.“
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