Justiz - Urteil im Prozess um versuchten Mord an Ehemann / Angeklagte Frauen müssen bis zu elf Jahre und drei Monate hinter Gitter

Selbstmord fingiert – lange Haft

Von 
Christoph Rehm
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Das Verfahren gegen die beiden Frauen wurde am Heidelberger Landgericht im Justizzentrum geführt. © dpa

Heidelberg/Angelbachtal. Im Prozess um den versuchten Mord an einem Familienvater in Angelbachtal (Rhein-Neckar-Kreis) hat das Landgericht Heidelberg beide Angeklagten schuldig gesprochen und lange Haftstrafen verhängt. Laura P. (Namen von der Redaktion geändert), die beschuldigt wurde, ein Mordkomplott gegen ihren eigenen Ehemann geschmiedet zu haben, wurde zu insgesamt elf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Ihre Mitangeklagte, die 58-jährige Brigitte K., muss für neun Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Damit blieb die Kammer unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die für beide Frauen eine lebenslange Freiheitsstrafe gefordert hatte.

Den Angeklagten wurde vorgeworfen, gemeinsam einen Likör mit Schlafmittel versetzt zu haben, um damit den Noch-Ehemann von Laura P. zu betäuben und ihm anschließend die Pulsadern aufzuschneiden. Ziel der Selbstmordinszenierung sei laut Auffassung der Staatsanwaltschaft das Erbe des 59-Jährigen gewesen. Der Plan misslang, weil das zunächst schlafende Opfer durch den schmerzenden Unterarm aufgeschreckt wurde und sich zu einem Nachbarn retten konnte.

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Insbesondere Laura P. hatte während der Verhandlung jegliche Tatbeteiligung bestritten und sich als Opfer einer Intrige ausgegeben. Ihre Mitangeklagte habe ohne ihr Wissen einem Likör sedierende Medikamente beigefügt und sie damit zu dem abtrünnigen Ehemann geschickt. Den anschließenden Überfall soll Brigitte K. alleine geplant und durchgeführt haben. Die Schwurgerichtskammer hielt diese Darstellung allerdings für wenig schlüssig – auch, weil die 58-Jährige von einem möglichen Erbe nicht profitiert hätte und vorhandenes Bargeld im Haus des Opfers unberührt geblieben sei. „Wir sind daher überzeugt, dass beide Angeklagten die Tatvorbereitung gemeinsam vollzogen haben“, erklärte Richter Jochen Herkle.

Entführung inszeniert

Bei der Beweisaufnahme spielte das Auto von Laura P. eine zentrale Rolle. Eine Überprüfung der Motortemperatur hatte noch in der Tatnacht ergeben, dass der Pkw kurz nach dem Überfall bewegt worden war. Da Brigitte K. keinen Führerschein habe, könne man davon ausgehen, dass sie von ihrer Freundin zum Tatort gefahren worden sei, so das Gericht. Zudem hätten sich am Lenkrad lediglich DNA-Spuren von P. befunden. Dass beide Frauen Wochen nach der Tat auch noch eine Entführung inszeniert hätten – vermutlich, um den Verdacht von sich zu lenken – weise ebenfalls auf eine Tatbeteiligung von Laura P. hin.

Bei der Begründung des Strafmaßes verwies die Kammer auf die erhebliche kriminelle Energie, der es für das Verbrechen bedurft habe: „Die Vorbereitung der Tat, die kleinteilige Ausführung des Komplotts – das spricht alles gegen die Angeklagten“, so Richter Herkle. Das Vorgehen beider Beschuldigten erfülle das Mordmerkmal der Heimtücke, Laura P. sei zudem das Kriterium der Habgier nachzuweisen. Umstände, die allesamt eine lebenslange Freiheitsstrafe rechtfertigten.

Allerdings sei strafmildernd zu berücksichtigen, dass für das Opfer trotz des hohen Blutverlusts nie konkrete Lebensgefahr bestand, die physischen Folgen des Überfalls heute nahezu vollständig verheilt seien. Brigitte K. – die während der Untersuchungshaft bemerkenswerterweise als Küchenhilfskraft eingesetzt wurde – habe zudem ein Geständnis abgelegt und damit entsprechende Aufklärungshilfe geleistet.

Oliver Kollmann, der das Opfer anwaltlich als Nebenkläger vertreten hatte, zeigte sich zufrieden mit dem Urteil: „Wichtig war für uns die Verurteilung wegen Mordes. Dass man bei dem Urteil den Versuch geltend macht, ist meines Erachtens in Ordnung“. Seinem Mandanten werde er raten, keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen.

Rechtsmittel angekündigt

Das Urteil nahm Laura P. weitestgehend regungslos zur Kenntnis, Brigitte K. zeigte sich während der Ausführungen des Vorsitzenden Richters aufgewühlt, kämpfte immer wieder mit den Tränen. Ihre Anwältin Elke Nill kündigte gegenüber dieser Redaktion bereits an, Berufung gegen das Urteil einzulegen: „Der Umstand, dass meine Mandantin bereits im vergangenen September ein Geständnis abgelegt hat, wurde meines Erachtens zu wenig berücksichtigt“, so Nill.

Die Verfahrensbeteiligten können bis eine Woche nach Eingang des schriftlichen Urteils Rechtsmittel einlegen. Im Falle einer Revision überprüft der Bundesgerichtshof die Entscheidung.

Freier Autor Politikwissenschaftler und Historiker, M.A.

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