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Queer Festival: Ein großes Heidelberger Fest des Lebens

Das Queer Festival Heidelberg im Karlstorbahnhof feiert Vielfalt und Toleranz mit 27 spannenden Formaten vom 9. bis 28. Mai.

Von 
Joachim Klaehn
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Vor dem Karlsrtorbahnhof stellen Leiterin Cora Maria Malik (v.l.), Dominic Hauser und Martin Müller das Programm des Queer-Festivals vor. © Jegliche Verwendung ist honorarpflichtig und nur zu journalistischen/publizistischen Zwecken gestattet.

Heidelberg. Es ist eine langjährige Erfolgsgeschichte: Das Queer-Festival Heidelberg würde es ohne das Kulturzentrum Karlstorbahnhof nicht geben – und umgekehrt müsste der Karlstorbahnhof einen Teil seiner Identität und seines Kulturverständnisses neu erfinden, gäbe es nicht dieses mehrwöchige große Fest des Lebens, das Heidelbergs Ruf der Vielfalt, Vernetzung, Buntheit, Toleranz und Internationalität in die Welt trägt. Vom 9. bis 28. Mai ist es wieder so weit: Die queere Community bietet ein hochwertiges Veranstaltungsprogramm an, das aus insgesamt 27 Formaten besteht und für alle Erwachsene, Jugendliche und Kinder am Marlene-Dietrich-Platz 3 auf dem ehemaligen Gelände der Campbell Barracks zugänglich ist.

Zu dem Festival werden erneut über 10.000 Menschen erwartet

Diese Redaktion trifft sich im Vorfeld mit Martin J.V. Müller und Dominic Hauser, den beiden Gründern des Festivals, sowie Cora Maria Malik, Geschäftsführerin des Karlstorbahnhofs. Die Vorfreude auf das Ereignis, zu dem erneut über 10.000 Menschen erwartet werden, ist bei den Organisierenden riesig. „Bei uns sind alle willkommen“, sagt Müller, Programm-Macher beziehungsweise „Booker“ im Karlstorbahnhof, „wir haben sehr viele soziale Aspekte integriert, greifen gesellschaftliche und politische Themen auf, tolle spannende Leute sind am Start – es ist ein echt cooles Programm geworden.“

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Die Begeisterung ist allseits spürbar, schließlich geht es darum, die Breite und Faszination queerer Kunst, Kultur und Bildung mit einer Intensität, Offenheit, Niederschwelligkeit und positiven Lebenshaltung aufzuzeigen, die dem Freiheits- und Vielfaltsprinzip dieses seit 2009 bestehenden Festivals gerecht wird. „Das Festival ist über die Jahre gewachsen und verfügt spätestens seit 2019 über eine große Reichweite, als wir erstmalig die 10.000er-Schwelle überschritten haben“, berichtet Hauser, „wir wollten seit jeher ein inklusives, intersektionales Festival schaffen, das Familien miteinbezieht und in die Gesellschaft ausstrahlt.“

Fünf Jahre im Netzwerk der Rainbow Cities dabei

Das beste Zeichen für die umfangreiche Vernetzung bildet der Festival-Eröffnungsabend am 9. Mai: Hier laden die Stadt Heidelberg als Hauptförderin, der Karlstorbahnhof als Veranstalter und der gemeinnützige Trägerverein Queer Play zum Auftakt des 16. Queer Festivals zu einem Opening ein, das laut Hauser „der größte und vielfältigste städtische Empfang in Heidelberg“ sein dürfte. Über 500 Gäste begrüßt das rührige Organisationsteam am Freitag im neuen Gebäude des Karlstorbahnhofs, das im Oktober 2022 eröffnet wurde und gerade in der sogenannten „Zentrale“ und der aufwändig sanierten alten Kutschenhalle inspirierende Atmosphäre verbreitet.

Der Besuch des Eröffnungsempfangs ist freilich nur mit Anmeldung (unter anmeldung@karlstorbahnhof.de) möglich. Personen aus dem Gemeinderat, Landtag, von städtischen und kulturellen Kooperationspartnern, aus Sportvereinen, der Kirche und von sozialen Verbänden sowie jede Menge interessierte Einzelpersonen bilden das buntgemischte Publikum, das ein besonderes Jubiläum zelebrieren darf: Denn die Stadt Heidelberg feiert – in Kooperation mit dem Amt für Chancengleichheit – den fünften Jahrestag ihrer Mitgliedschaft im internationalen Rainbow Cities Netzwerk, zu dem weltweit aktuell 57 Städte (wie Regionen) von A wie Aarhus bis Z wie Zürich zählen. Davon sind 15 aus Deutschland: Berlin, Bremen, Köln, Frankfurt, Gießen, Hamburg, Hannover, Heidelberg, Mainz, Mannheim, München, Münster, Nürnberg, Oldenburg und Wiesbaden.

Festival-Leiterin Cora Maria Malik, Dominic Hauser und Martin Müller (v.l.). © Jegliche Verwendung ist honorarpflichtig und nur zu journalistischen/publizistischen Zwecken gestattet.

Als Gastredner wird Manuel Rosas Vázquez, Managing Director des Rainbow Cities Netzwerks, auf das Queer-Festival einstimmen. Highlights des Abends werden eine Voguing-Performance (Tanz mit transformierten Posen und Catwalks) von Künstlerinnen und Künstlern der europäischen Ballroom-Szene aus verschiedenen Rainbow Cities sein.

Musikalisch sorgt der gebürtige Amerikaner Harrison McClary (Popakademie Baden-Württemberg Mannheim) für den passenden Americana-Glitzer. Und Moderatorin, Comedienne und Dragqueen Pam Pengco führt schlagfertig, offen und selbstironisch durch den Abend. Anschließend steigt die Eröffnungsparty. An den Plattentellern legt das Berliner Gespann Surf 2 Glory heiße Rhythmen auf.

Foto- und Videoausstellung „The Queer Community Project“

Ein Part ist zudem am Freitag die Vernissage zur Foto- und Videoausstellung in der „Zentrale“ des Karlstorbahnhofs. „The Queer Community Project“, so der Titel der gemeinsamen Ausstellung der Berliner Fotografinnen und Filmemacherinnen Sophia Emmerich und Lisa-Sophie Kempke, wird über den gesamten Festivalzeitraum bis Ende Mai zu sehen sein. Ihre Fotoreihen („Queer Platonic“, „My best Ally“) erregten bereits in New York, Los Angeles, London und Barcelona internationale Aufmerksamkeit. Ein dazugehörender Kurzfilm ist in das Ebow-Konzert am 22. Mai integriert.

Ausgewählte Highlights des 16. Queer Festivals Heidelberg

9. Mai: Eröffnungsabend, Vernissage „The Queer Community Project“ und Opening Party;

13. Mai: Queer Poetry Slam;

17. Mai: Eurovision Song ContestLiveübertragung;

19. Mai: Nicht die Ersten – Bewegungsgeschichten von Queers of Colour in Deutschland;

22. Mai: Konzert Ebow;

25. Mai: Queer Cinema: A Litany for Survival – the Life and Work of Audre Lorde (danach Publikumsgespräch mit Katharina Oguntoye);

28. Mai: Closing Party.

Weitere Infos unter queer-festival.de.

Alles ist für das Queer-Festival angerichtet, nichts wird dem Zufall überlassen. „Sicherheit hat bei uns oberste Priorität“, sagt Karlstorbahnhof-Geschäftsführerin Malik – und hebt die konstruktiven, initiativen und präventiven Gespräche im Vorfeld mit der Polizei hervor. Es habe beim Festival schon immer Gewalttaten, Übergriffe und Alltagsdiskriminierungen gegenüber queeren Menschen gegeben. 2024 etwa wurden drei junge Künstler des Performance Theaters Heidelberg von einer fünfköpfigen jugendlichen Bande mit Steinen und Feuerzeugen beworfen sowie körperlich heftig attackiert.

Abgerissene Banner, Plakatschmierereien, Naziparolen und rassistische Beleidigungen blieben sowohl am alten wie am neuen Karlstorbahnhof nicht aus. „Wir dulden keine Gewalt. Hierbei werden wir vom Amt für Chancengleichheit, der Polizei und allen demokratischen Parteien unterstützt“, konstatiert Müller.

Niemand möchte das leidige Thema hochkochen. Aber man stellt sich eben den Realitäten. Letztlich wollen Müller, Hauser und Malik erreichen, dass Diversität als wahre Normalität in einer freiheitlich-demokratischen Welt und pluralistischen Gesellschaft betrachtet wird. Heidelberg und das Queer-Festival haben sich ein großes Fest des Lebens verdient.

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