Missbrauchs-Prozess

Prozess gegen Rugby-Trainer in Heidelberg: Haft für Jugendtrainer

Der Trainer war beliebt, die Jungen respektierten ihn. Doch heimlich machte der Erwachsene Fotos von den Kindern und Jugendlichen beim Duschen. Und bei Freizeiten animierte er sie zu sexuellen Handlungen, weil ihn das erregte. Nun ist er deshalb zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden

Von 
Michaela Roßner
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Ein 48-Jähriger muss wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zweieinhalb Jahre in Haft. Anwalt Kian Fathieh (l.) hatte eine Bewährungsstrafe gefordert. © Uwe Anspach

Ein 48 Jahre alter ehemaliger Jugendtrainer ist wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen – in einem Fall wegen schweren sexuellen Missbrauchs – am Mittwochnachmittag vom Landgericht Heidelberg zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Die Jungen im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren sollten auf Anregung des Erwachsenen sexuelle Handlungen an sich vornehmen.

In einem Fall hatte der Familienvater, der laut Überzeugung der Richter gemeinsame Freizeiten mit den Kindern und später Jugendlichen ausnutzte, um ihnen nahe zu kommen, einen Jungen auch berührt. Außerdem, so die Richter, habe der Mann Fotos von seinen Schützlingen gemacht, als sie nach dem Training duschten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen einer Woche durch Beantragen einer Revision angefochten werden.

Der Trainer hatte die Vorwürfe eingeräumt

Der Trainer hatte die Vorwürfe eingeräumt. Die Richter der Jugendkammer blieben unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die auf eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten plädiert hatte. Verteidiger Kian Fathieh hingegen hielt für seinen bislang nicht vorbestraften Mandanten eine bewährungsfähige Strafe für ausreichend; das wären maximal zwei Jahre Freiheitsentzug gewesen.

Die Hauptverhandlung fand weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, um die Intimsphäre der zur Tatzeit zwölf bis 15 Jahre alten Jungs zu schützen. Der Vorsitzende Richter André Merz ging in der öffentlichen Urteilsbegründung auf das ermittelte Geschehen ein. Der Missbrauch sei als „Spiel“ dahergekommen: Der bislang völlig unauffällig in geordneten Verhältnissen lebende Trainer habe mit den Jungen bei Sportfreizeiten ein Zimmer geteilt und als abendliches Ritual eine Art Mutprobe initiiert, für die er sich stark körperlich betonte Strafen ausdachte. Die hätten sich bei einer weiteren Freizeit zwei Jahre später gesteigert und so bei den minderjährigen Beteiligten, trotz des Mannschaftsdrucks und dem Respekt vor dem Trainer, Zweifel und Unwohlsein aufkommen lassen.

Peinlichkeit und Scham

„Die völlig unerfahrenen Jungen haben die sexuelle Motivation des Angeklagten gar nicht verstanden“, ging Merz auf die Arglosigkeit der Kinder ein, die den Trainer „sehr gemocht“ hätten und ihn respektierten. Das Erlebte sei ihnen – zumindest am Anfang, eher „peinlich“ gewesen. Der Erwachsene selbst habe mehr beiläufig etwa sechs Jahre vor den ersten Taten seine Neigung entdeckt, sich an nackten Jungenkörpern zu erregen. Dass er vor allem deshalb Jugendtrainer geworden sei, um an Kinder im „passenden“ Alter heranzukommen – dafür habe es keine Belege gegeben.

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Auch habe man, etwa bei der Durchsuchung von Computer und Handy, keine Hinweise darauf gefunden, dass der 48-Jährige Kontakte zu anderen Pädophilen gehabt oder die unter der Dusche gemachten Handyfotos anderen gezeigt oder weitergegeben habe. Die Kinder hätten nichts davon mitbekommen, dass sie fotografiert wurden, beschreibt der Vorsitzende Richter einen weiteren schweren Vertrauensbruch. Strafmildernd wertete die Jugendkammer neben dem Geständnis, dass der nun Verurteilte im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs Schmerzensgeld an eine der betroffenen Familien zahlte.

Der betroffene Verein wollte die Angelegenheit möglicherweise „aussitzen“: Einer der jungen Spieler vertraute sich laut Richter einem anderen Trainer an, welcher offenbar den Vorstand informierte. Doch erst, als ein Junge seine Eltern einweihte und diese Anzeige erstatteten, konnten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beginnen.

Geständnis verkürzt Prozess

Das umfassende und frühe Geständnis hatte die Beweisaufnahme deutlich abgekürzt, so dass schon am zweiten Verhandlungstag plädiert und ein Urteil gesprochen wurde. Doch auch ohne dieses Einräumen der Vorwürfe hätte das Gericht die Taten eindeutig belegen können. Der Angeklagte habe geglaubt, das Problem seiner pädophilen Neigungen „im Griff zu haben“, blickte Merz auf das Geschehen. Die Familien der Jungen hätten sehr gelitten, besonders, seit die Vorwürfe bekanntgeworden waren.

Es sei zwar nachvollziehbar, dass Angst und Scham de Angeklagten davon zurückhielten, sich Hilfe zu holen. Doch ohne eine Therapie wurde der Vorsitzende sehr deutlich, seien weitere Taten zu befürchten. Und diese Behandlung solle am besten so rasch wie möglich beginnen, unterstrich der Richter mehrfach.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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