Fachkräftemangel

Personal fehlt - in Heidelberg schließt der erste Kindergarten

Die Träger von Kindergärten suchen händeringend nach Personal. Weil es nicht genügend Erzieherinnen und Erzieher gibt, schließt nun die erste Einrichtung in Heidelberg. Wo die Kinder nun unterkommen

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Michaela Roßner
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So wie hier an einem Zaun in Frankfurt werden überall im Land Erzieherinnen gesucht. In Heidelberg schließt nun eine Einrichtung, weil Personal fehlt. © Arne Dedert

Heidelberg. Landauf, landab suchen Kitas und Kindergärten händeringend nach Betreuungspersonal. In Heidelberg wird aus diesem Grund jetzt die erste Einrichtung stillgelegt: Der Kindergarten im Kastellweg an der evangelischen Jakobusgemeinde im Stadtteil Neuenheim schließt zum Ende dieses Kindergartenjahres (31. August) vorübergehend. Eigentlich gab es hier 52 Plätze. Für die 31 Kinder, die aktuell noch die Einrichtung besuchen, sind Betreuungslösungen gefunden. Derweil suchen viele Einrichtungen überall in der Region weiter händeringend nach Personal.

„Unser Ziel muss jedoch bleiben, den Eltern und ihren Kindern eine zuverlässige und qualitativ hochwertige Betreuung mit evangelischem Profil dauerhaft zu gewährleisten“, betont Dekan Ellsiepen
Christof Ellsiepen Dekan

„Seit Monaten müssen wir aufgrund des anhaltend hohen Krankenstands und Personalmangels in vielen unserer Kitas jonglieren mit unseren Öffnungszeiten, was für viele Familien sehr unbefriedigend und belastend ist“, bedauert Dekan Christof Ellsiepen die Folgen des Fachkräftemangels. Öffnungszeiten müssen zum Teil verkürzt, in manchen Kitas mussten sogar ganze Gruppen vorübergehend geschlossen werden.

Kinder aus geschlossenem Kindergarten kommen in anderen Kitas unter

Von den 31 Kindern aus Heidelberg-Neuenheim werden zwölf nach den Sommerferien eingeschult, für sieben Kinder gibt es Plätze in der benachbarten Kita der Johannesgemeinde, und zwölf weitere Kinder bekommen einen garantierten Platz in den 14 weiteren Kitas der Evangelischen Kirche in Heidelberg angeboten.

Kampagne des Landes

  • Es gibt verschiedene Wege in den Beruf der Erzieherin oder des Erziehers: Neben einer klassischen, dreijährigen Ausbildung gibt es Ausbildungsgänge privater Bildungsträger.
  • Mehr als 10 000 Einrichtungen im ganzen Land begleiten Kinder in ihren wichtigen ersten Jahren bis zur Grundschulzeit.
  • Die Landesregierung Baden-Württemberg hat unter den Titel „Mehr bekommst Du nirgendwo“ eine Kampagne gestartet, um mehr Menschen für den Beruf der Erzieherin zu gewinnen (https://erzieher-in-bw.de/kampagne). 

„Unser Ziel muss jedoch bleiben, den Eltern und ihren Kindern eine zuverlässige und qualitativ hochwertige Betreuung mit evangelischem Profil dauerhaft zu gewährleisten“, betont Dekan Ellsiepen. Allein die Evangelische Kirche in Heidelberg bietet in 20 Einrichtungen rund 1000 Plätze für die Kinderbetreuung. Sie beschäftigt 179 pädagogische Fachkräfte.

Viele Stellen für Erzieherinnen im Kindergarten nicht besetzt

Den ganzen Tag von Kindern umgeben, von Eltern und Schicksalen gefordert und körperlich im Einsatz: Die oft so beglückende Arbeit ist auch ein Knochenjob, der auslaugen kann. Und der offenbar an Attraktivität verliert, während der Bedarf an Fachkräften steigt.

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Wenn man das Stellenportal „stepstone“ aufruft und nach freien Stellen für Erzieherinnen und Erzieher im Bereich 30 Kilometer um Heidelberg herum sucht, bekommt man an diesem Mittwoch 89 Vorschläge. Inseriert haben längst nicht nur öffentliche Kitas oder Kindergärten in kirchlicher oder kommunaler Hand, sondern zum Beispiel auch das Universitätsklinikum Mannheim, das eine „anerkannte pädagogische Fachkraft“ für die betriebsnahe Kita („Medi-Kids“) sucht - zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Auch mehrere Personaldienstleister suchen - offenbar händeringend - nach Kita-Personal und werben mit einem „unbefristeten Arbeitsplatz mit fairer, tariflicher Vergütung inklusive Zuschlägen und Prämien“. Vereine, wie etwa die TSG Rohrbach mit ihrer Sport-Kita, sind ebenfalls im Stellenportal unterwegs. Nach der Ausbildung verdienen Erzieherinnen zwischen 2700 und 4500 Euro brutto. Die meisten Arbeitgeber bezahlen nach TV ÖD - die Gehälter sind gerade angehoben worden.

Heidelberg wirbt um Erzieher mit Pilotprojekt

Das Thema Fachkräftemangel in den Kitas hat Anfang des Monats auch den Heidelberger Jugendhilfeausschuss beschäftigt. „Wir ziehen alle Register, um Fachkräfte zu halten und neue zu gewinnen, damit Kinder in Heidelberg verlässlich betreut werden“, sagte Bürgermeisterin Stefanie Jansen (SPD). In der Stadt bieten 46 Träger in 133 Einrichtungen mit 1575 Fachkräften Kinderbetreuung an. Die laufenden Ausgaben für die Betreuung in Kindertageseinrichtungen im städtischen Haushalt belaufen sich in diesem Jahr auf 108 Millionen Euro.

Gemeinsam mit den anderen Trägern wird um Nachwuchs geworben. Und: Die Stadt nimmt am Pilotprojekt „Direkteinstieg Kita“ des Landes mit der Agentur für Arbeit teil und baut aktuell einen zusätzlichen Springer-Pool auf, der Personalengpässe besser abfedern soll.

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„Für manche Familien in Neuenheim und Umgebung wird dieser Schritt eine große Umstellung bedeuten, was wir sehr bedauern“, weiß Dekan Ellsiepen. Doch wie so vieles hat auch die traurige Nachricht der Kindergarten-Schließung etwas Positives: Für andere Standorte wird die Schließung zum Segen.

„Die zum Sommer hin freiwerdenden Erzieherinnen und Aushilfskräfte werden in unseren anderen evangelischen Kitas mit offenen Armen empfangen. So können wir beispielsweise in unserer Kita in der Tischbeinstraße die Kräfte bündeln und ein gut besetztes Team aufbauen“, erläutert Pfarrerin Therese Wagner, die in Heidelbergs Norden für die Kindertagesstätten seelsorgerliche Ansprechpartnerin ist. „Damit kommen wir unserem Anspruch, eine durchgehend verlässliche Kinderbetreuung zu gewährleisten, wieder einen entscheidenden Schritt näher“, sagt Wagner.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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