Gewalt an Frauen

Opfer von Gewalt: Gloria Morena fordert härtere Strafen für schlagende Männer

Sie wurde vom Vater ihres Sohnes geohrfeigt und getreten. Heute kritisiert die 37-jährige Friseurmeisterin die Justiz auch für zu lasche Strafen. Sie kämpft für Tausende Frauen, die sich ihr anvertrauen

Von 
Stephan Alfter
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Hat sich mühsam aus einer Gewalt-Beziehung herausgekämpft: Gloria Morena ist am 22. Juli, ab 8.30 Uhr, in der Mannheimer Stadtbibliothek in der Reihe „Offenes Buch“ zu Gast. © Anne Ackermann/privat

Speyer. Sie ertrug erst Ohrfeigen, dann Faustschläge und während der Schwangerschaft sogar Tritte in den Rücken, die sie auf der Treppe stürzen ließen. Mehr als 18 Jahre ist es her, dass Gloria Morena erstmals Opfer männlicher Gewalt wurde. Schwere Jahre folgten. Mit Blick auf die aktuelle Debatte sagt sie: „Die Justizbehörden sind zu lasch. Die Taten bleiben - von kleinen Geldstrafen abgesehen - ohne Konsequenzen.“

Thema in die breite Öffentlichkeit bringen 

Als Täter gibt die Frau, die seit mehreren Jahren nicht müde wird, ihre Geschichte zu erzählen, den Vater ihres ältesten Sohnes an. Die zu diesem Zeitpunkt in Otterstadt im Rhein-Pfalz-Kreis lebende Mutter zweier Kinder trat im Fernsehen auf, im Radio, in Online-Medien und Zeitungen. Einen eigenen Podcast zu dem Thema nannte sie „Mehrwertfrau“. Morena traf Politiker, engagierte sich selbst bei „Die Linke“ und gab sich Mühe, ihrem Lebensthema eine breite Öffentlichkeit zu verschaffen. Sie lebte vorübergehend in einem Frauenhaus in Speyer, verheimlichte ihre spätere Adresse vor ihrem Ex-Mann, der ihr weiterhin nachstellte, obwohl sie inzwischen 200 Kilometer weit weg wohnte.

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Ein Fehler der Polizei habe sogar dazu geführt, dass er sie wieder ausfindig machen und ihre Tür habe eintreten können. Die ganze persönliche Tragödie, die die 37-Jährige erlebt hat, hat diese Redaktion bereits im Jahr 2020 beschrieben. Sensibilisieren wollte Morena damals mit ihren Auftritten - aber auch im Jahr 2021 wurden in Deutschland wieder rund 115 000 Frauen Opfer von Gewalt in der Partnerschaft. So sagt es die aktuellste Statistik aus der Quelle des Bundeskriminalamts (BKA).

Nicht genügend Abschreckung durchs Gesetz

Hart diskutiert wird seit dem Wochenende eine andere Statistik, die vermeintlich ausdrückt, wie es um das Männerbild von jungen Menschen bestellt ist. Demnach findet es jeder Dritte in Ordnung, Gewalt gegen Frauen auszuüben. An der Methodik, wie diese Umfrage gestaltet ist, gibt es Kritik. Sie führe zu falschen Zahlen, heißt es gar. Verbreitet hat sie sich dennoch. Für Gloria Morena ist die Art, wie die Statistik gemacht wurde, nicht erheblich. Ihr ist klar, warum es überhaupt zu solchen Einstellungen und Denkweisen kommen kann: Es gebe vonseiten des Gesetzes keine genügende Abschreckung, dass schon der kleinste Übergriff, also auch eine Backpfeife, zu hohen Strafen führen könne, wenn er nachgewiesen werde.

Eigentlich müssten diese Übergriffe früher ins Führungszeugnis und nicht erst ab einer Freiheitsstrafe ab drei Monaten oder einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen.
Gloria Morena

Fast schon resignierend sagt sie: „Eigentlich müssten diese Übergriffe früher ins Führungszeugnis und nicht erst ab einer Freiheitsstrafe ab drei Monaten oder einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen.“ Das würde zu mehr Sanktionen bei der Jobsuche führen. Zudem fordert sie, Tätern früher das Umgangsrecht mit Kindern aus der Ehe zu entziehen. Sie sehe das auch als präventive Maßnahme, dass sich Familiengeschichte nicht wiederholen könne und später Söhne dem Beispiel ihrer Väter folgen. In Frankreich und Spanien seien diesbezügliche Gesetze strenger. Mit Blick auf die etwas anders gelagerte Diskussion um den Rammstein-Sänger Till Lindemann habe sie von anderen Frauen, die ihr oft schreiben, auch andere Fälle von Missbrauch im Kontext mit bekannteren Bands erzählt bekommen. Namen will Morena aber nicht nennen.

Fast 150 Femizide pro Jahr in Deutschland

„Ich habe meine Vergangenheit nie an die große Glocke gehängt, aber als ich las, dass in Deutschland jedes Jahr fast 150 Frauen von ihrem (Ex-)Partner getötet werden - das hat mich getroffen. Denn mir hätte es auch so gehen können“, hat Morena dem Evangelischen Magazin Chrismon gesagt und damit nochmals ihre Motivation unterstrichen, Gewalt in engen sozialen Beziehungen zum Thema zu machen. Dass Männer ihre Partnerinnen schlügen, sei eben kein Phänomen aus früherer Zeit. Aus ihrer Sicht hat die soziale oder geografische Herkunft nur bedingt Einfluss auf das Profil derjenigen, die im Laufe eines Lebens zu Schlägern ihrer Frauen werden. Quer durch die Gesellschaft werde ihr von Gewalttaten berichtet.

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Die sogenannte Istanbul-Konvention des Europarats, die sich der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen verschrieben hat und seit Februar 2018 in Deutschland geltendes Recht ist, habe zwar Verbesserungen beim Schutz von Frauen erwirkt, aber keinen Durchbruch bei den Opferzahlen gebracht, die seit zehn Jahren nach Darstellung des BKA fast durchweg gestiegen sind, 2021 allerdings tatsächlich etwas niedriger lagen als im Jahr zuvor.

Nur Sozialstunden für Morenas Ex-Mann

Morenas Ex-Mann wurde nach polizeilichen Ermittlungen schließlich bestraft. Für seine Gewaltverbrechen - also die Beleidigungen, Ohrfeigen, Faustschläge und Fußtritte - habe er lediglich Sozialstunden ableisten müssten, erinnert sich die 37-Jährige. Den Umgang mit seinem Sohn habe er unter Auflagen weiter pflegen dürfen, bis sich der Teenager vor rund vier Jahren selbst entscheiden konnte, den Kontakt gänzlich abzulehnen.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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