Mannheim. Im Vorgarten blühen Blumen in allen Farben, hinten im Garten erkennt man Wäsche auf der Leine. In der Einfahrt stehen zwei Autos. Alles an dem Haus im Neckarauer Waldweg wirkt an frühen Montagabend sehr lebendig. Von dem Schrecklichen, das sich hier in den frühen Morgenstunden ereignet hat, zeugt nicht mal mehr rot-weißes Absperrband. Etwa eine Stunde zuvor haben das Mannheimer Polizeipräsidium und die Staatsanwaltschaft dazu eine Pressemitteilung verschickt. Überschrift: „Zwei Tote nach Kapitalverbrechen in Neckarau.“
Nach bisherigem Ermittlungsstand ist davon auszugehen, dass ein 33-jähriger Mann erst die 36-jährige Mutter seiner Kinder und dann sich selbst getötet hat. Die Tatwaffe soll ein vor Ort gefundenes Küchenmesser sein. Die zwei und drei Jahre alten Söhne der Beiden waren den Angaben zufolge wohlbehalten, als die Polizisten am Montagmorgen gegen zwei Uhr nach einem Notruf eintrafen. Eine 14-jährige Tochter war zur Tatzeit nicht in der Wohnung.
Beim Betrachten des Hauses ertönt eine Stimme von der anderen Straßenseite: „Was machen Sie da?“ Der Mann blickt verärgert, offensichtlich will er hier keine Schaulustigen sehen. Als er hört, dass er einen Reporter unserer Zeitung vor sich hat, wird der Mann freundlicher. Auf die Frage, ob er die Getöteten gekannt habe, antwortet er: „Das waren meine Freunde. Gestern Abend saßen wir noch bis 21 Uhr zusammen.“
Nette, gelöste Stimmung
Der Nachbar berichtet von einer netten, gelösten Stimmung. Nicht das Geringste habe darauf hingedeutet, dass Stunden später Schreckliches passieren würde. „Ich kann mir das überhaupt nicht erklären.“ Am allermeisten tue es ihm für die beiden kleinen Jungen leid. „Meine Goldstücke, jeden Tag war ich bei denen drüben.“ Auch am Sonntag habe ihn der Vater gefragt, ob er nicht rüberkommen wolle, die Jungs würden sich nach ihm sehnen. Später hätten der Vater und er noch ein Bier zusammen getrunken. Als die Mutter zurückgekommen sei, die zuvor ihre 14-jährige Tochter zum Übernachten zu einer Freundin gefahren hätte, habe sie sich dazu gesetzt. „Alles war wie immer.“ Er sei dann nur um 21 Uhr rübergegangen, weil er seine Frau nicht so lange allein habe lassen wollen. „Schöne Grüße“, habe der Mann ihm noch nachgerufen.
Als der Nachbar dann nachts die Blaulichter auf der Straße sah, konnte er es nicht fassen. Anfangs seien die Polizisten schroff zu ihm gewesen. „Aber später kam einer von der Kripo zu mir, der war freundlich.“ Der Beamte habe ihm erzählt, dass die Frau vor ihrem Tod noch den Notruf abgesetzt habe. Die Beamten hätten jedoch sehr lange gebraucht, die doppelt und dreifach gesicherte Haustür aufzubrechen, berichtet der Nachbar. Als sie es dann endlich geschafft hätten, sei wohl jede Hilfe zu spät gekommen. Der Kriminalpolizist habe ihm gesagt, er könne froh sein, dass ihm der Anblick in der Küche erspart geblieben sei.
In der Pressemitteilung von Präsidium und Staatsanwaltschaft wird die getötete Frau als Ex-Lebensgefährtin des 33-Jährigen bezeichnet. Der Nachbar sagt aber: „So richtig waren die beiden nie zusammen.“ Der Vater habe stets noch seine eigene Wohnung gehabt. Aber er sei immer wieder mal für einige Tage ganz da gewesen, so auch jetzt wieder.
In der Obhut des Jugendamts
Auf die Frage nach Streitereien erzählt der Nachbar: „Kappes hat es immer wieder mal gegeben“, allerdings normale Konflikte, wie sie fast überall mal vorkämen. Einmal habe die Frau den Mann rausgeworfen, er solle in seine Wohnung verschwinden. Aber auch das sei nicht dramatisch gewesen, danach hätten sie sich wieder gut verstanden.
Die beiden kleinen Söhne seien jetzt in der Obhut des Jugendamts, berichtet der Nachbar. Zwei Mitarbeiter hätten sich seine Nummer notiert, er hoffe sehr, dass sie ihm bald ein Treffen ermöglichten. „Das wäre wichtig für die Jungs, sie mögen mich doch so sehr.“ Jetzt seien sie nach dem schrecklichen Geschehen umgeben von fremden Menschen. Die Tat mache ihn völlig fassungslos. „Sowas kennt man ja sonst nur aus dem Fernsehen“, sagt er. Dass es vor seiner Haustür passiert, habe er nie für möglich gehalten. Noch dazu „quasi in meiner Familie“.
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