Kommunalpolitik

Mucke aus, Muckis rein: Frühere Heidelberger Diskothek "Nachtschicht" wird zum Sportzentrum

Im alten Club "Nachtschicht" im Landfriedkomplex in Bergheim sollen die Heidelberger bald Sport treiben können. Zum letzten Mal geöffnet war die Diskothek, die am 23. Mai 1990 als "Zigarillo" eröffnet worden war, am 28. Dezember 2017

Von 
Filip Bubenheimer
Lesedauer: 
Im alten Club „Nachtschicht“ im Landfriedkomplex in Bergheim sollen die Heidelberger bald Sport treiben können. © Philipp Rothe

Heidelberg. Viele Kinder und Jugendliche in Heidelberg treiben gerne Sport: Nach Angaben der Stadt sind mehr als zwei Drittel von ihnen Mitglied in einem Sportverein. Doch das Angebot an Hallen ist knapp. Auch bei jungen Leuten beliebte Trendsportarten wie das akrobatische Hindernisturnen Parkour oder der Klettersport Bouldern brauchen Platz. Die Stadtverwaltung will jetzt Abhilfe schaffen: Mit neuen Sporträumen auf dem Gelände der früheren Tabakfabrik Landfried im Stadtteil Bergheim.

„Sportschicht“ lautet der Arbeitstitel des Projekts, das die Stadt gemeinsam mit dem Heidelberger Turnverein (HTV) und dem Sportkreis plant: Ein letztes Echo der Diskothek „Nachtschicht“, die bis Ende 2017 Nachtschwärmer in die Halle mit dem markanten Sägezahndach zog. Seitdem stand sie leer - was laut Bernhard Hammes von der Eigentümerin Landfried Immobilien auch der Corona-Krise geschuldet war.

Mehr zum Thema

Interview

Mannheimer DJs erinnern sich: "Es gab Uni-Feten mit über 4000 Leuten"

Veröffentlicht
Von
Valerie Gerards
Mehr erfahren
Freizeit

Kommt Bewegung ins Heidelberger Clubleben?

Veröffentlicht
Von
Michaela Roßner
Mehr erfahren
Clubsterben

Tut sich was in der Heidelberger "Nachtschicht"?

Veröffentlicht
Von
Michaela Roßner
Mehr erfahren

2025 will das städtische Sportamt auf der 1700 Quadratmeter großen Fläche Sporträume eröffnen, die neben dem HTV als Hauptnutzer auch anderen Vereinen, Schulen und Organisationen offen stehen - für klassischen Vereinssport, aber auch Trendsportarten. Ein „sportliches Experimentierfeld für junge Menschen“ nennt es OB Eckart Würzner.

Für den Ballsport sind die Räume mit den vier Meter hohen Decken und vielen Stützpfeilern weniger geeignet. Sie bieten aber Platz für Sportarten wie das Bouldern, bei dem man mangels Sicherung ohnehin nicht höher klettert. Das Konzept sieht vier Multifunktionsräume vor: Ein „Hardfloor“ kann zum Beispiel für Kraftsport oder Skateboarding genutzt werden. Auch für die „Calisthenics“ genannten Eigengewichtübungen oder Parkour bietet sich der Raum an. Weicher fällt es sich im „Softfloor“-Raum: Er eignet sich daher etwa zum Turnen, aber auch zum Bouldern. Daneben soll es ein „Gym“ geben, also einen Fitnessraum mit Geräten, außerdem einen „Dancefloor“, der auch als Veranstaltungsraum dienen soll.

Neue „Sportschicht“: Bereits lange Warteliste beim Heidelberger Turnverein

Die Eigentümerin übernimmt die Sanierung des Gebäudes; die Stadt mietet es an und stattet es mit Sportgroßgeräten und Möbeln aus. 250 000 Euro sind für die Anschaffungen eingeplant. Der HTV wird für rund 100 000 Euro weitere Geräte beisteuern.

Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp



Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt

Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen

Als Hauptzielgruppe soll die „Sportschicht“ vor allem Jugendliche und junge Erwachsene ansprechen. „Viele Sportvereine werden gerade von Kindern und Jugendlichen geradezu überrannt“, sagt Würzner. Allein auf der Warteliste des HTV stehen laut Geschäftsführer Tim Posawatz mehr als 1000 Kinder.

Eine Alternative zum Vereinssport bieten

Gleichzeitig, so Posawatz, beobachte man aber auch ein abnehmendes Interesse am Vereinssport im Alter zwischen 14 und 16 Jahren. Viele Jugendliche wollten dann „die Verbindlichkeit und den Wettkampf“ nicht mehr - aber: „Sie wollen sehr wohl Sport machen“. Das kann heißen: Lieber ab und zu entspannt eine Runde bouldern, statt mit der Turnmannschaft auf Medaillenjagd gehen. „Für diese Jugendlichen wollen wir eine Alternative schaffen“, sagt Posawatz.

In der „Sportschicht“ sollen die Vereine daher neben organisiertem Training auch Gelegenheit für eigenständigen Sport unter Aufsicht bieten. Das Konzept gehe „neue Wege“, betont Martin Brandel, der Vorsitzende des HTV - „weg vom klar organisierten Training hin zu offeneren Angeboten und Trendsportarten“. Das Konzept wurde auch in einem Workshop mit Jugendlichen entwickelt und ist noch vorläufig. „Wir betrachten die gesamte Aufteilung und Einrichtung als ,im Prozess‘ und wollen schauen, wie dieser neue Weg sich entwickelt“, sagt Posawatz.

Doch ob Bouldern oder Bodenturnen: Manche Kinder und Jugendliche sind sportlich kaum aktiv und erhalten wenige Impulse, das zu ändern. Der Sportkreis Heidelberg will in der „Sportschicht“ deshalb auch Angebote schaffen, für die es weder Geld noch Vereinsmitgliedschaft braucht. „Ziel ist, Freude am Sport auch bei Kindern zu wecken, deren Eltern nicht sport-affin sind“, sagt Sportkreis-Geschäftsführer Ralph Fülop. Diese Zielgruppe wolle man „frühzeitig für Vereine gewinnen und halten“. Außerdem plant Fülop ein Angebot für Schulen - eine „Sport-Begeister-Stunde“ am Vormittag, mit „vielen innovativen Spielen und Sportarten“.

Dank der „Sportschicht“ sollen außerdem dringend benötigte Kapazitäten in anderen Sporthallen frei werden, betont HTV-Vorsitzender Brandel. Die „gute alte Normsporthalle“ sei für viele Trendsportarten ohnehin nur mäßig geeignet, ergänzt Geschäftsführer Posawatz. Auch beim Turnen werde viel Zeit für den Auf- und Abbau der Geräte verwendet. Räume, in denen Geräte stehenbleiben können, sorgen also auch für eine effizientere Nutzung des Gesamtangebots an Hallen.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen