Heidelberg. Auch am zweiten Prozesstag zeichnen Familie und Nachbarn das Bild eines harmonischen Ehepaars, das „alles zusammen gemacht“ und nie gestritten habe: Im Prozess um den Mord an einer 64-Jährigen aus Sinsheim im Juni 2022 haben am Freitag weitere Zeugen aus dem Umfeld der Getöteten vor dem Landgericht Heidelberg ausgesagt. Dort muss sich seit Mitte Januar der zwei Jahre ältere Ehemann der Frau wegen Mordes verantworten. Zum Tod seiner Frau machte er keine Angaben.
Wie lief der Tattag ab?
Die Polizei hatte die 64 Jahre alte Frau am späten Abend des 23. Juni 2022 in der Nähe der Klimaarena in Sinsheim tot im Kofferraum ihres Autos gefunden. Familie und Freunde hatten zuvor mehrere Stunden nach der Vermissten gesucht. Dreieinhalb Wochen später wurde der Mann unter dringendem Tatverdacht festgenommen.
Gegenüber der Polizei hatte der Rentner angegeben, seine Frau habe sich am Morgen verabschiedet und habe die Schwester besuchen wollen. Er selbst sei dann zum Bäcker gegangen, habe wie jeden Donnerstag süße Stückchen für die Enkel gekauft und den Rest des Vormittags daheim verbracht. Am Nachmittag habe er sich Sorgen um seine Frau gemacht, die sich nicht meldete. Im Gerichtssaal wiederholte der Angeklagte diese Schilderung nicht, sondern schwieg zur Sache.
Schnitzel musste im Keller gebraten werden
„Ich habe in den sieben Jahren, in denen ich zur Familie gehöre, keinen Streit mitbekommen“, bestätigt die Schwiegertochter dem Gericht. Den Schwiegervater beschreibt sie als „ruhig und zurückhaltend“: Er habe nie seine Wünsche aufgedrängt, sei immer hilfsbereit gewesen – und ganz vernarrt in seine Enkel. Die Getötete wird von allen Zeugen als „die Dominante“ in der „harmonischen Ehe“ beschrieben. Sie sei es auch gewesen, die Regeln aufgestellt habe, die der Gatte im Alltag nicht hinterfragte. So war die Waschmaschine „heilig“ und durfte nur von der Hausfrau bedient werden und in der relativ neuen Küche durfte nicht „schmutzig“ gekocht werden: „Schnitzel zum Beispiel briet der Schwiegervater auf einem alten Herd im Keller.“
Am Morgen des 23. Juni 2022 soll der Angeklagte nach Überzeugung von Oberstaatsanwältin Kerstin Anderson die arglose Ehefrau im gemeinsam bewohnten Haus in einem Sinsheimer Stadtteil mit einem schweren Gegenstand – vermutlich einem Hammer – tödlich am Kopf verletzt haben. Danach soll die Leiche in den Kofferraum des Wagens gelegt und der Pkw bei einem Supermarkt abgestellt worden sein. Als Motiv wird Habgier vermutet: Der 66-Jährige soll es auf die Hinterbliebenenrente abgesehen haben.
Angeklagter wird als freundlich und hilfsbereit beschrieben
„Ich habe noch nie ein böses Wort von ihm gehört“, beschreibt auch der Schwiegersohn den „herzensguten“ 66-Jährigen. Das Ehepaar sei jeden Tag gemeinsam spazieren gegangen, oft in Begleitung von Familienmitgliedern. Auch Nachbarn beschreiben den Angeklagten, der schweigend und blass neben seinen beiden Verteidigern die Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht verfolgt, als stets freundlichen und immer hilfsbereiten Menschen.
Nach dem Tod der Schwiegermutter habe der Angeklagte bis zu seiner Verhaftung im Juli „sehr selbständig den Haushalt geführt“, berichtet der Schwiegersohn weiter. Er erzählt aber auch, dass der 66-Jährige nach dem Tod seiner Frau – das Paar war 43 Jahre verheiratet – sehr schnell wieder zur vermeintlichen Normalität zurückgekehrt sei und sich schon nach kurzer Zeit wieder genauso um die Enkelkinder gekümmert habe wie vor dem Tod der Partnerin. „Die Trauerphase habe ich bei ihm vermisst“, fügt der Zeuge hinzu: „Er hat seinen Alltag wie zuvor weitergelebt.“
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