Neue Ausstellungshalle in Patrick-Henry-Village

Metropolink-Festival für urbane Kunst in Heidelberg eröffnet

Das 7. Metropolink Festivals für urbane Kunst läuft seit Donnerstag und bis 8. August. Die Macher sehen künstlerische Aktionen im öffentlichen Raum als Möglichkeit, den Raum „für die Gemeinschaft wiederzugewinnen“.

Von 
Jasper Rothfels
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Im Patrick-Henry-Village wurde nicht nur das Metropolink-Festival am Donnerstagabend eröffnet, hier findet das Festival auch schwerpunktmäßig statt. © Philipp Rothe

Heidelberg. Mit der Sprühdose in der Hand setzt Insane51 noch einige Akzente am riesigen Porträt eines Mannes, in der Luft liegt Farbgeruch. In fünf Tagen hat der Künstler aus Athen den meterhohen Kopf auf die Seite eines Wohnhauses im Heidelberger Stadtteil Neuenheim gebracht. Das Gemälde besteht aus verschiedenen Schichten – mit verblüffendem Effekt: Betrachte man es durch die blaue Folie einer 3D-Brille, sehe man den Kopf, so der 29-Jährige. Schaue man durch die rote, sehe man den Schädel des Mannes. „Alle meine Arbeiten haben diesen großen Kontrast“, sagt Insane51. „Ich möchte, dass der Betrachter die Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven sieht.“ So könne er mit dem Bild auch verschiedene Geschichten erzählen.

Ausstellungshalle dazugekommen

Insane51 ist einer der Künstler des 7. Metropolink Festivals für urbane Kunst, das seit Donnerstagabend und bis 8. August läuft. Seine Macher sehen künstlerische Aktionen im öffentlichen Raum als eine Möglichkeit, den Raum „für die Gemeinschaft wiederzugewinnen“. Diese Wirkung hat Insane51s Gemälde auf jeden Fall. „Es ist unglaublich, was da jeden Tag abgeht“, sagt Festivalleiter Pascal Baumgärtner über die Reaktionen. „Es kommen die Kinder, es kommen die Erwachsenen, es kommen die Nachbarn“. Es sei „das Highlight der letzten Jahre, dass man jetzt auf einmal diese Hauswand anmalt, ’Ii the middle of nowhere’, irgendwo in Neuenheim“. Insgesamt sollen bis 8. August sieben große Wandgemälde entstehen, einige in Walldorf und Schwäbisch Hall.

Auch im Patrick-Henry-Village (PHV), wo das Festival wieder schwerpunktmäßig stattfindet, gibt es Neues zu sehen. In der früheren US-Militärsiedlung, die Heidelbergs 16. Stadtteil werden soll, wurde nämlich die Anlieferungshalle eines früheren Supermarkts umgestaltet in „eine der größten Galerien für urbane Kunst in Deutschland“, zu der auch Ateliers und weitere Ausstellungsflächen gehören. Seit dem Festival-Start 2015 habe man „nirgendwo eine Bleibe oder ein Headquarter“ gehabt, so Baumgärtner. 2017 habe ihn dann der Heidelberger Architekt Thorsten Erl auf den Supermarkt aufmerksam gemacht. Dort entstand nun – neben dem Kreisimpfzentrum – die „Metropolink’s Commissary“, die über eine 60 Meter lange und 7,50 Meter hohe Wand verfügt, an der große Werke früherer Teilnehmer prangen. Insgesamt sind 13 Künstler vertreten, auch mit kleineren Arbeiten. „Wir hoffen, dass wir damit einen Beitrag leisten können für diesen Stadtteil, dass wir eben viele Leute herlocken können“, so Baumgärtner über die Halle, die ein Motor für die Stadtentwicklung werden solle.

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Vor mehreren Hundert Festivalbesuchern würdigen Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne) und Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) die Metropolink-Macher. Baumgärtner und sein Team hätten Heidelberg verändert, sagt Bauer, „ihr habt diese Stadt noch einmal erstrahlen lassen mit einer ganz anderen Perspektive“. „Das ist genau das, was wir brauchen: diesen Großtadtflair, diese Offenheit, diese Transparenz, das Integrieren von internationalen Künstlerinnen und Künstlern“, sagt Würzner. Das Festival verschaffe den Stadtteilen, was sie bräuchten, „nämlich kulturelle Vielfalt, Lebendigkeit, junge Menschen, kreative Menschen“.

Mehr Musikangebote

„Etwas scheinheilig“ wirke die positive Erwähnung kultureller Vielfalt, wenn man an die Überlegungen denke, das in PHV untergebrachte Ankunftszentrum für Geflüchtete zu verlegen, sagt Student Tim (23). Baumgärtner erhält Applaus für den Satz, Heidelberg dürfe sich nicht darauf ausruhen, dass es eine schöne Stadt sei. Er erwartet „an die 10 000 Gäste“, 2020 waren es fast 8000.

Neu sind – neben mehr Musikangeboten – die „Metropolink’s Kitchen Talks“, an denen auch Gäste teilnehmen dürfen. Beim Auftakt sind zwei junge Vertreter des „Youth Think Tank Heidelberg“ dabei, und nach den jüngsten Heidelberger Debatten um Freiräume für die Jugend geht es bald hoch her. „Ich finde, es sind gerade zwei starke Thesen im Raum“, sagt Moderator und Mit-Initiator Matthias Burgbacher irgendwann. „Die Jugend traut sich nicht“, laute die eine. Und die Gegenthese sei: „Die Politik erlaubt nicht, die Politik reglementiert, Politik beschränkt.“ Nach fast eineinhalb Stunden regt Würzner eine Fortsetzung in acht Wochen an. Das helfe auch ihm, so der OB. „Ich habe nicht viele Stellschrauben, aber ich kann durchaus einiges bewegen.“

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