Die Quadrate T 4 und T 5 haben in den letzten Jahren einen großen Wandel erlebt. Wo einst die Sickingerschule war, ist ein neues Wohngebiet mit Kita entstanden. Kulturamt und Quartiermanagement der Unterstadt möchten mit dem Programm „Urbaner Wandel in der Nachbarschaft von T 4/T 5“ die Bewohnerinnen und Bewohner zusammenbringen, die alteingesessenen und die neu hinzugezogenen. Dabei gibt es die verschiedensten kreativen Events, durch die die Veränderungen rund um das neue Quartier künstlerisch begleitet und dokumentieret werden sollen.
Seit 2017 gab es daher immer wieder Veranstaltungen, zum Beispiel Erzählcafés, Podiumsgespräche, Filmnachmittage und Ausstellungen. Von Anfang an mit dabei war die Fotografin Deborah Musso, bis letztes Jahr Inhaberin der Ten Gallery in T 6. Bei einem Fotowalk konnten interessierte Hobbyfotografen in dem neuen Gebiet und auch den angrenzenden Quadraten spannende Motiven entdecken und sich anschließend Tipps von Musso geben lassen. Treffpunkt war das Kulturparkett im Quadrat S 3.
„Wir sind 2017 gestartet, als T 4 und T 5 neu gebaut wurden. Wir finden, die Innenstadt hat auch eine Identität“, sagte Stefanie Rihm vom Kulturamt. „Es hat viele Veranstaltungen gegeben, bei denen sich Leute kennenlernen konnten. Man trifft sich morgens beim Bäcker wieder und sagt: Du warst doch gestern auch beim Event. In der Corona-Zeit gab es Internet-Formate. Wir haben uns sehr gefreut über den Zuspruch.“
Quartiermanagerin Esther Baumgärtner hat die Zeit des Umbaus und des Wandels intensiv miterlebt. „Wir wollen die Leute von T 4 und T 5 mit ins Boot holen. Der Bau hat sich verzögert, es fehlt noch der Quartiersplatz mit Café in T 4. Die Leute warten schon darauf“, sagte Baumgärtner. „Fotografieren in der Stadt finde ich schwer, denn meistens sehen die Häuser auf den Fotos aus wie einstürzende Neubauten.“
August Sander zum Vorbild
Um genau dies zu vermeiden, war die Profi-Fotografin anwesend. „Ich hatte zehn Jahre lang eine Kunstgalerie. Nun wurde ich gefragt, ob ich bereit wäre, einen Workshop zu leiten, bei dem die Unterstadt fotografiert wird“, so Musso. Leute, Geschäfte, Fassaden – das seien die Hauptmotive. Ein Fotograf, der ihr als Vorbild dient, ist August Sander (1876-1964): „Er ist der erste Fotograf, der die Gesellschaft fotografierte. Früher konnten es sich nur Reiche leisten, doch Sander fotografierte auch Arbeiter.“
Musso zeigte eines ihrer Bilder auf einem Notebook und erklärte, wie sie arbeitet – oft mit einer zentralen Perspektive. Ein großes Thema ist das Persönlichkeitsrecht. Sobald man ein Foto macht, das eine fremde Person zeigt, muss man fragen, ob man das Bild veröffentlichen darf. Die fünf Teilnehmer diskutierten über dieses Thema und zeigten, dass sie sensibel damit umgingen. „Es kann manchmal wehtun, wenn man tolle Bilder hat, aber man kann sie nicht veröffentlichen, weil es nicht abgeklärt ist“, fügte Baumgärtner hinzu.
Das Licht spiele bei manchen Motiven keine Rolle, bei anderen sei es wichtig, erklärte Musso und zeigte ein Foto von einer Person, die vor der Polizeiwache steht und der das Licht auf eine Hälfte des Gesichts fällt. Bei einem anderen sind es die Bildkompositionen, die das Besondere ausmachen: eine rote Fassade, davor ein rotes Auto und eine rot gekleidete Frau. Ein zufälliger Moment wurde festgehalten. Musso arbeitet ohne Photoshop. „Nur die Kontraste verstärke ich etwas“, so die Künstlerin.
Nach der Einführung samt Vorstellungsrunde hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden und in den benachbarten Quadraten nach Motiven zu suchen. Von den fünf Teilnehmern kam nur eine Teilnehmerin aus der Nachbarschaft. Die anderen kamen aus Vororten. Ihre Motivation: „Ich möchte lernen zu fotografieren, statt zu knipsen“, erklärte einer. Im Anschluss besprachen die Teilnehmenden die Ergebnisse.
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