Heidelberg. An der Tiefburg im Heidelberger Stadtteil Handschuhsheim nagt der Zahn der Zeit. Derzeit haben die Fachleute von Bau und Denkmalschutz die steinerne Brücke auf der Südseite im Blick, die wegen der Konstruktion ihrer Bodenpfeiler „Gewölbebrücke“ genannt wird. Im Zuge der kontinuierlichen Überwachung der Bausubstanz habe sich gezeigt, „dass die Bogensteine der Gewölbe über die Jahrhunderte teilweise zerstört und nicht mehr tragfähig sind“, so das städtische Amt für Öffentlichkeitsarbeit auf Anfrage.
Um sich einen Eindruck vom Zustand der Brücke an der ehemaligen Wasserburg zu verschaffen, untersuchten die Experten in den vergangenen Wochen den Baugrund im Burggraben. Ein Facharchäologe der Stadt beobachtete die Arbeiten, nach Angaben der Kommune ist das bei allen Bodeneingriffen standardmäßig so. Inzwischen sind die Gräben wieder verfüllt. Ob die Fachleute bei den umfangreichen Arbeiten am Fuße der Brückenpfeiler etwas Außergewöhnliches entdeckten, wurde zunächst nicht bekannt. Eventuelle Ergebnisse der Grabung könnten erst nach der Auswertung veröffentlicht werden, teilte die Stadt mit. Das soll in einigen Wochen der Fall sein.
Eine Behelfsbrücke für die Kerwe
Unterdessen gehen die Arbeiten auf der seit Längerem gesperrten Brücke weiter. Diese Brücke und jene auf der nördlich gelegenen Rückseite des Gemäuers sind die notwendigen Rettungswege aus dem Hof der Burg, die eine große Rolle als Veranstaltungsort spielt und im Mittelpunkt der „Hendsemer Kerwe“ (17. bis 19. Juni) steht. Damit die Kerwe im gewohnten Umfang stattfinden kann, erhält die Tiefburg für diese Zeit eine dritte Brücke, eine „Behelfsbrücke“ über der Gewölbebrücke. „Diese wird ausschließlich für das Kerwe-Wochenende konzipiert und danach wieder abgebaut“, so die Stadt.
Bei der Gewölbebrücke selbst soll die Oberseite weiter untersucht werden. „Ziel der Arbeiten ist, die Tragfähigkeit der Brücke zu ermitteln und die Brücke langfristig instand zu setzen“, so die Kommune. Wie lang das dauern werde, könne noch nicht abgeschätzt werden. Ins Auge gefasst ist das Ende des Jahres. Erste Untersuchungen und Sofortmaßnahmen hatte es bereits Mitte 2022 gegeben. Die Kosten der Arbeiten beziffert die Stadt auf 750 000 Euro.
Die in der Dorfmitte gelegene Burg, die auch Sitz des Stadtteilvereins Handschuhsheim ist und bis heute als Symbol für die Selbstständigkeit und Wehrhaftigkeit des Stadtteils gilt, war schon einmal für eine Überraschung gut: Im Jahr 1770 wurde dort der „eingemauerte Ritter“ entdeckt. Man fand seine Überreste im südöstlichen Anbau der Burg, in einer bis dahin verschlossenen Nische neben der ins Burgverlies führenden Treppe. Ob das Einmauern eine Strafe oder eine besondere Form der Bestattung war, ist laut Stadtteilverein nicht bekannt. Die damals entdeckte Rüstung verschwand nach Vereinsangaben in der kurfürstlichen Antiquitätensammlung. In der Nische wurde später eine andere Rüstung aufgestellt.
Historisches zu Handschuhsheim
Die Wasserburg war im 12. und 13. Jahrhundert vom Adelsgeschlecht „derer von Handschuhsheim“ errichtet worden, das dem Dorf Namen und Wappen gab. 1600 wurde sie an die Freiherrn und Grafen von Helmstatt vererbt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie teilweise und im Pfälzisch-Orléansschen Erbfolgekrieg 1689 völlig zerstört. Von 1911 bis 1913 baute Graf Raban von Helmstatt die Burg wieder auf. Seit 1950 gehört sie der Stadt.
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