Heidelberg

Louise Ebert - Deutschlands erste First Lady ohne Krone

Die Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg erinnert derzeit mit einer Ausstellung an Louise Ebert, die Ehefrau des ersten demokratisch gewählten deutschen Statsoberhauptes

Von 
Konstantin Groß
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Louise Ebert privat: als Großmutter mit Enkeln Friedrich und Heinrich um 1930. Das Bild stammt aus dem Kalender zu ihrem 150. Geburtstag. © Ebert-Gedenkstätte

„Das hänge ich in mein Büro“, sagt Elke Büdenbender. Mit „das“ meint die Ehefrau von Frank-Walter Steinmeier ein gerahmtes Plakat jener Ausstellung, die sie Ende vergangener Woche eröffnet hat (wir berichteten). Anlässlich des 150. Geburtstages von Louise Ebert zeigt die Heidelberger Friedrich-Ebert-Gedenkstätte eine Ausstellung über die Gattin des ersten Reichspräsidenten.

„Beide waren von ganz unten gekommen“, konstatiert Ebert-Experte Walter Mühlhausen über das Präsidentenpaar: Er, Friedrich Ebert, Schneidersohn aus Heidelberg, sie, Louise Rump, Tochter eines Tagelöhners und einer Hilfsarbeiterin, geboren 1873 bei Bremen.

Schicksalhafte Begegnung

Ab ihrem zwölften Lebensjahr muss Louise hart arbeiten, zunächst als Magd, dann als Haushaltshilfe, deren Arbeitgeber für sie nicht ordentlich „kleben“, wie man unzureichende Beitragszahlung zur Altersversorgung damals nennt. Derartige Missstände führen dazu, dass sie sich schon früh gewerkschaftlich engagiert. Mit gerade mal 20 Jahren wird sie, inzwischen Arbeiterin in einer Fabrik, sogar Zweite Vorsitzende einer reichsweiten Gewerkschaft mit dem sperrigen Namen „Verband der in Holzbearbeitungs-Fabriken und auf Holzplätzen beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen“ - schon damals wird also gegendert.

Ehepaar Ebert 1920 auf dem Weg zum Wahllokal. © Archiv der Sozialen Demokratie

1891 kommt der gelernte Sattler Friedrich Ebert aus seiner Geburtsstadt Heidelberg nach Bremen. Hier startet er seine eindrucksvolle Parteikarriere. Und hier lernt er auch die drei Jahre jüngere Louise kennen - und lieben. Bald wird denn auch ein Kind erwartet - und daher am 9. Mai 1894 geheiratet.

Vier Monate später kommt der erste Sohn zur Welt. „Ein kleiner Umstürzler ist angelangt“, lautet der hintersinnige Text, mit dem die Eltern seine Geburt in der Bremer Parteizeitung verkünden. Vier weitere Kinder, drei Jungen und ein Mädchen, folgen. Die vier Söhne absolvieren eine handwerkliche Ausbildung, nur die Tochter kann die höhere Schule besuchen.

1905 wird Friedrich Ebert auf dem SPD-Kongress in Jena in den Parteivorstand gewählt. Doch der hat seinen Sitz in Berlin, und so ziehen die Eberts zwei Monate später in die Reichshauptstadt. Hier steigt Ebert auf, wird 1913 Chef der SPD.

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Es sind dramatische Zeiten. Im August 1914 bricht der Erste Weltkrieg aus. Auch die Söhne der Eberts werden eingezogen. Der Älteste, Friedrich jr., wird schwer verwundet, doch er überlebt. Anders seine Brüder: Heinrich erliegt auf dem Balkan einer Verwundung, Georg fällt in Frankreich; sein Leichnam wird nie gefunden. Vor diesem Hintergrund leicht nachvollziehbar, wie verletzend die Agitation von Rechtsradikalen gegen Ebert als Person und die Sozialdemokratie in Gänze als „vaterlandslose Gesellen“, Defätisten und „Dolchstoß“-Verräter wirkt - eine Agitation, die Ebert mit aller Härte überzieht, als er nach Kriegsende Reichskanzler und 1919 Reichspräsident wird.

Nur selten gemeinsam

Louise ist nun First Lady, wobei man diesen Begriff damals nicht kennt. Und damit Nachfolgerin von Kaiserin Auguste Viktoria, der Gemahlin des gestürzten Wilhelm II. Man kann sich vorstellen, wie das bei den Vertretern des alten Regimes ankommt. Als Ehefrau des ersten demokratisch legitimierten deutschen Staatsoberhauptes hat sie es nicht leicht. Sie tritt zurückhaltend auf, schafft aber dadurch Würde. Und erwirbt sich damit auch bei kultivierten Konservativen Anerkennung.

Louise und Friedrich Ebert treten nur selten gemeinsam auf. So gibt es auch nur wenige offizielle Fotos des Paares. Und wenn, dann sitzt eine(r), der/die andere steht. Denn Louise ist größer als ihr Mann; man will peinlich wirkende Fotos vermeiden, die die Gegner der Republik für hämische Aktionen nutzen könnten.

Mit 51 Jahren Witwe

Von deren Angriffen seelisch zermürbt und gesundheitlich angegriffen, stirbt Ebert 1925 mit nur 54 Jahren. Mit erst 51 Jahren ist Louise nun Witwe, bleibt fortan, 30 Jahre lang, alleine. Und die Schicksalsschläge reißen nicht ab: Tochter Amalie erliegt mit 31 Jahren einer schweren Krankheit; deren Sohn, Louises Enkel, stirbt kurz nach seiner Geburt. Und die Schwiegertochter nimmt sich 1938 das Leben.

In der Nazi-Zeit ab 1933 bleibt Louise - bis auf eine schikanöse Hausdurchsuchung gleich zu Beginn - unbehelligt, ihre in der SPD aktiven Söhne nicht: Karl verliert seine Arbeit und erhält sie auch nicht wieder, Friedrich jr. wird acht Monate lang in mehreren Konzentrationslagern inhaftiert. Nach dem Kriege schließt er sich der SED an und wird Oberbürgermeister von Ost-Berlin, Karl dagegen Landtagsabgeordneter der SPD in Baden-Württemberg. So verkörpert ihre Familie die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung.

1943 zieht Louise Ebert aus dem zerbombten Berlin nach Lahr im Schwarzwald und 1945 nach Heidelberg. Hier stirbt sie 1955 mit 81 Jahren, findet auf dem Bergfriedhof ihre letzte Ruhe - neben ihrem Mann.

Dieses Leben darzustellen, ist Patricia Reister mit 70 historischen Fotos und einigen Artefakten aus dem Besitz der Eberts ausgezeichnet gelungen. Die Schau ist noch bis zum 10. März nächsten Jahres zu sehen.

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