Körperverletzung

Landgericht Heidelberg verurteilt drei Heranwachsende zu Jugendstrafen

Ihre Opfer liefen ihnen zufällig über den Weg und wurden geprügelt - bis zur Bewusstlosigkeit. Drei Heranwachsende sind vom Landgericht Heidelberg zu Jugendstrafen verurteilt worden. Nun lastet auf Ihnen noch ein Vorwurf

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Heidelberg
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Im nun abgetrennten Verfahren müssen sich die drei unter anderem wegen Körperverletzung zu Jugendstrafen verurteilten Heranwachsenden wegen Vergewaltigung verantworten. Bei der Tat sollen K.o.-Tropfen eine Rolle gespielt haben. © Nicolas Armer

Heidelberg. Ihre Opfer liefen ihnen zufällig über den Weg und wurden geprügelt und getreten - bis zur Bewusstlosigkeit. Ein Mann soll sogar am nächsten Tag an den Folgen der Gewalt gestorben sein. Ein anderer, an dem sich einer der Angeklagten offenbar mit einer ganzen Gruppe für eine in einem Chat erlittene Beleidigung eines Familienmitglieds rächen wollte, rettete sich schwer verletzt. Er leidet noch heute unter den Folgen eines doppelten Kieferbruchs, den er davontrug, als er einen weiteren Schlag in das bereits blutige Gesicht erlitt.

Drei Heranwachsende aus Leimen sind am Freitag vom Landgericht Heidelberg zu Jugendstrafen zwischen einem Jahr sowie zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Weil außerdem Vergewaltigungsvorwürfe gegen sie erhoben werden, bleiben die zur Tatzeit zum Teil minderjährigen Männer auch nach dem Urteilsspruch von Freitag weiter Angeklagte. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Zwei der drei Heranwachsenden sind 2006, einer 2005 geboren. Zur Tatzeit war nur einer bereits volljährig. Doch auch bei ihm sei keine altersgemäße Reife zu erkennen, begründet der Vorsitzende Richter André Merz, dass trotz der an den Tag gelegten Brutalität Jugendstrafen verhängt wurden.

Richter verhängen strenge Bewährungsauflagen

Bei zwei der jungen Männer wird die Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Zu den strengen Auflagen, die sie nun in den nächsten Monaten zu erfüllen haben, gehört unter anderem, dass sie sich eine Arbeitsstelle zu suchen haben, 80 Stunden gemeinnützige Arbeiten leisten müssen und den Opfern jeweils 2500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der dritte Angeklagte ist bereits vorbestraft und wegen zum Teil gefährlicher Körperverletzung nun erneut verurteilt worden. Alle drei Männer sollen meist aus einer Gruppe heraus aggressiv geworden sein. Unter anderem legten sie sich mit einem Polizeibeamten an, der nach Feierabend in Zivil von den Heranwachsenden angepöbelt wurde.

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In der Verhandlung, die am 30. April vor der Dritten Großen Strafkammer als Jugendkammer des Heidelberger Landgerichts begonnen hat, sollten 47 Zeugen und drei Sachverständige gehört werden. Weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt, ging es nicht nur um Körperverletzung - zum Teil in Verbindung mit einem Schlagstock und daher als schwere Körperverletzung juristisch bewertet - sondern auch um Vergewaltigung. Da zu dieser im Raum stehenden Tat aber weitere Beweise erhoben werden sollen und der Prozess wegen einer Gerichtspause zu platzen drohte, wurde dieser Teil des Verfahrens abgetrennt.

Im Oktober 2023 sollen die drei Angeklagten einer Geschädigten in ihrer Wohnung in Leimen zunächst ein Gemisch aus Alkohol und einer psychotropen Substanz verabreicht haben, so dass diese weitgehend ihr Bewusstsein verloren haben soll. Anschließend sollen die Männer an dem entkleideten Opfer sexuelle Handlungen vorgenommen, diese gefilmt und im Internet veröffentlicht haben.

Die Vorwürfe der (schweren) Körperverletzung hatten die drei Männer weitgehend eingeräumt. Am 7. Februar hatten sie demnach nachmittags in Leimen in einer Straßenbahn einen Mann zu Boden gerissen und ihn getreten und geschlagen. „Der Hintergrund blieb unklar“, fasst der Vorsitzende Merz zusammen. Ein Mittäter hatte Ende März das Geschehen berichtet und einen Angeklagten schwer belastet.

Am frühen Morgen des 22. Mai hatten die Angeklagten auf dem Bismarckplatz einen RNV-Fahrer angepöbelt. Ein Passant, der schlichten wollte, wurde ins Gesicht geschlagen und zu Boden gebracht, wo ihn weitere Tritte und Schläge trafen. Nur weil der RNV-Mitarbeiter bluffte, dass die Polizei gerade komme, und die aggressive Gruppe flüchtete, sei dem Opfer noch Schlimmeres erspart geblieben, sind die Richter überzeugt.

Eine Attacke hat tödliche Folgen

Am 25. Dezember 2022 hatte der Gewaltexzess des nun Hauptangeklagten schreckliche Folgen: Nach Schlägen und Tritten gegen den Kopf ließ er sein bewusstloses Opfer allein zurück. Als es wach wurde, schleppte es sich noch nach Hause, verstarb aber am nächsten Tag - vermutlich an den Folgen der Aggression. Seine Angreifer machten sich auf dem Heimweg am Bahnhof St. Ilgen an verschlossenen Fahrrädern zu schaffen, als ein Polizeibeamter in zivil sie nach seinem Feierabend beobachtete. Auch er wurde beleidigt und bedroht, letztlich wollten sich die Angreifer aber aus dem Staub machen. Kollegen des Beamten nahmen die Flüchtenden fest, von denen einer weiter herumpöbelte und im Dienstwagen spuckte.

Merz attestierte allen Dreien „gravierende Erziehungsdefizite“ und „schädliche Neigungen“. Sie seien „schon länger aus dem Ruder gelaufen“, hätten ihre Zeit nicht in der Schule, sondern mit Alkohol und Drogen in der Clique verbracht. Einer der Drei absolvierte bereits ein ihm auferlegtes Anti-Aggressionstraining, als er wieder zuschlug.

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