Schließung

Klinikfusion des St. Vincentius in Heidelberg: Kündigungen auch am Salem

Die Evangelische Stadtmission muss das kleinere ihrer beiden Heidelberger Krankenhäuser schließen: das am Neckar gelegene St. Vincentius. Doch auch fürs Krankenhaus Salem gibt es schmerzhafte Entscheidungen

Von 
Michaela Roßner
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Das Krankenhaus St. Vincentius in Heidelberg. © Rothe

Heidelberg. Von Agaplesion Bethanien bis Universitätsklinikum: 18 Krankenhäuser listet das Portal „Kliniken.de“ für Heidelberg auf. In weniger als zwei Wochen werden es nur noch 17 sein. Am 30. Juni stellt das St. Vincentius in der Altstadt seinen Betrieb ein. Das hat die Evangelische Stadtmission als Träger mitgeteilt. Was müssen Patienten nun wissen, welches Konzept gibt es für die große Palliativ-Station und welche Auswirkungen hat die Schließung auf den Weiterbetrieb des Schwester-Krankenhauses Salem?

„Die Patientenversorgung läuft bis zum 30. Juni wie gewohnt weiter“, versichert Pfarrer Matthias Schärr aus dem Vorstand der Evangelischen Stadtmission. „Das Team für die Koordinierung der Aufnahmen im Krankenhaus St. Vincentius behält die anstehende Betriebseinstellung jedoch im Blick, um bestmöglich auf die Patienten Rücksicht zu nehmen und Verlegungen nach dem 30. Juni in ein anderes Haus weitestgehend zu vermeiden.“

Spirale aus steigenden Kosten und notwendigen Investitionen

Teurere Energie- und Sachkosten, Fachkräftemangel und die Explosion von Preisen für notwendige Investitionsmaßnahmen: In diesem Kontext seien auch die beiden Heidelberger Krankenhäuser St. Vincentius und Salem in die finanzielle Schieflage geraten, hieß es bereits am 21. November 2023. Ein Schutzschirmverfahren sollte bei laufendem Betrieb eine wirtschaftliche Neuausrichtung in den beiden Krankenhäusern ermöglichen. Im Februar hatte das Amtsgericht Heidelberg die Insolvenzverfahren für beide Häuser eröffnet. Ende Mai sickerte durch, was nun Gewissheit wurde: Das kleinere der beiden Häuser schließt, das größere kann gerettet werden. Das St. Vincentius mit seinen 84 Betten soll im Salem mit seinen rund 240 Betten aufgehen. Beide Krankenhäuser zusammen beschäftigen rund 780 Menschen.

Lange Tradition

  • Der Heilige Vincentius von Paul (1581-1660) war Geistlicher und Gründer gemeinnütziger Einrichtungen.
  • Das Krankenhaus St. Vincentius wurde vor fast 110 Jahren in der Altstadt nach dem Modell eines „Hotel Dieu“, also einer medizinischen Herberge mit christlichem Bezug, gegründet.
  • Kaum gegründet, mussten ab 1915 bald reihenweise Verletzte des Ersten Weltkriegs versorgt werden. In der benachbarten Stadthalle wurde dazu ein Lazarett eingerichtet.
  • Von den 85 Betten im St. Vincentius sind zehn für die palliative Versorgung von Patienten, zumeist Krebspatienten, reserviert. 

„Zunächst möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren tagtäglichen Einsatz danken. Es war mir wichtig, dass wir es ermöglichen können, zahlreiche Angebote zur Weiterbeschäftigung zu unterbreiten. Dadurch können eine flächendeckende Arbeitslosigkeit verhindert und der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen wesentlich reduziert werden“, sagt der Geschäftsführer von St. Vincentius, Yong-Uk Kim. Es sei „einer Vielzahl“ der insgesamt 96 Mitarbeitenden des St. Vincentius ein Angebot der Weiterbeschäftigung im Salem, in der Altenhilfe oder in anderen Bereichen der Evangelischen Stadtmission gemacht worden. Wie viele Mitarbeiter das Angebot annehmen, sei noch nicht zu sagen. Florian Kesberger, Geschäftsführer des Salem, ergänzt: „Ich freue mich, dass das Sanierungskonzept eine Vergrößerung unseres Hauses vorsieht, und hoffe auf die Unterstützung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Krankenhaus St. Vincentius.“

Ohne das Heidelberger Universitätsklinikum hätten wohl auch das Salem nur schwer weitergeführt werden können: „Dass für das Krankenhaus Salem eine Fortführungsperspektive geschaffen werden konnte, hängt maßgeblich von der Erarbeitung eines umfassenden und zukunftsfähigen Medizinkonzepts ab, das als wichtigen Bestandteil die weitere Kooperation mit dem Universitätsklinikum Heidelberg vorsieht“, erklärt Schärr.

Uniklinikum Heidelberg spielt zentrale Rolle

Auch der Fortbestand des vergrößerten Salem ist noch nicht ganz in den berühmten „trockenen Tüchern“: Als nächste Schritte seien die Zustimmung der Gläubigerversammlung sowie des Sozialministeriums notwendig, die dann die Basis für weitere Verhandlungen mit dem Universitätsklinikum Heidelberg bilden, bestätigen auch die Sanierungsexperten rund um das Team der Rechtsanwaltskanzlei von Rainer Eckert sowie die beiden Sachverwalter Jürgen Erbe (St. Vincentius) und Holger Blümle (Salem).

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Der Vorstand des Heidelberger Uniklinikums wollte sich auf Anfrage nicht zur bevorstehenden Schließung des St. Vincentius, das als Lehrkrankenhaus dient, äußern, bevor nicht die Verhandlungen abgeschlossen sind, erklärte eine Sprecherin. Einen guten Ruf hat das St. Vincentius bei der Betreuung von Menschen mit inneren Erkrankungen im Endstadium. Mit zehn Betten stellt die Palliativstation des St. Vincentius, die vom Uniklinikum betreut wird, fast ein Viertel aller Heidelberger Palliativbetten. Das Uniklinikum hat keine weiteren Palliativbetten. Die Thorax-Klinik in Rohrbach bietet 24 Palliativbetten, das Bethanien-Krankenhaus neun. Acht Menschen können im Hospiz Luise in der Weststadt betreut werden.

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Was passiert mit der Palliativstation im St. Vincentius? Im Salem werde die bestehende Palliativversorgung ausgebaut. Andere Bereiche würden innerhalb des Hauses erweitert. „Bedauerlicherweise waren auch im Salem Restrukturierungen notwendig.“ In den Bereichen Speiseversorgung, der Reinigung und des Empfangs werde es ebenfalls insgesamt etwas mehr als 40 Kündigungen geben, so Schärr weiter. Eine Doppelspitze wird es im Salem nicht geben: „Herr Kim wird sich um die Abwicklung des St. Vincentius der Evang. Stadtmission Heidelberg gGmbH kümmern“, sagt Schärr.

Und was wird aus dem alten Gebäude am Neckar? Die Evangelische Stadtmission befinde sich derzeit in Verhandlungen zur Nachnutzung. „Wir bitten um Verständnis, dass vor Beendigung dieser Verhandlungen zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine konkreteren Aussagen veröffentlicht werden können“, formuliert der Vorstand der Stadtmission.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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