Heidelberg. Werden die sehnlichst erwarteten neuen Straßenbahnen vom Typ „Rhein-Neckar-Tram 2020“, die in diesen Wochen in der Metropolregion auf die Schiene gesetzt werden, in Heidelberg auf längere Zeit nicht eingesetzt werden können? An der Spitze der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) befürchtet man das, wie Aufsichtsratsvorsitzender Christian Specht und Geschäftsführer Martin in der Beek kürzlich im Gespräch mit dieser Redaktion äußerten. Denn es fehlen ausreichend Stellplätze. Was sagt man im Heidelberger Rathaus dazu - und wie sieht der Zeitplan für die Sanierung des alten Betriebshofs aus?
Rhein-Neckar-Tram
- Die ersten Bahnen des Typs „Rhein-Neckar-Tram (RNT) 2020“ sollen in Mannheim als Buga-Express zwischen Hauptbahnhof und Spinelli rollen.
- Die Rhein-Neckar-Verkehr (RNV) hat die neuen Bahnen bei Skoda bestellt. Sie werden in Finnland und Tschechien produziert.
- Das Auftragsvolumen liegt bei 250 Millionen Euro – es ist die größte Investition in der Geschichte der RNV.
- 2023 sollen 17 RNT in Betrieb gehen. Bis Ende 2025 sollen insgesamt 80 neue Bahnen in Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg – und dazwischen – unterwegs sein. miro
„Das Projekt befindet sich momentan in einem Frühstadium. Zu gegebener Zeit wird sich die Stadt dazu äußern“, reagierte eine Sprecherin Heidelbergs auf entsprechende Nachfrage. Mit drei Jahren Verspätung rollen gerade die neuen Bahnen an, für welche die RNV insgesamt 250 Millionen Euro investiert.
Die ersten Testkilometer haben die Pionierfahrzeuge bereits erfolgreich absolviert. ÖPNV-Kunden soll die Tram mehr Komfort bieten: versetzte und verbreiterte Türen, WLAN-Empfang, Sprechanlagen für den Notfall-Kontakt mit dem Fahrer sowie Videokameras für mehr Sicherheit.
Das Problem mit den Planfeststellungsverfahren
Aber: „Die neuen Fahrzeuge passen nicht in den bestehenden Betriebshof, weil sie länger sind als die aktuellen Bahnen“, hatte in der Beek in dem Gespräch erklärt. „Wir sind aktuell dabei, dezentrale Abstellflächen in Wieblingen und Rohrbach zu schaffen. Das muss umgesetzt werden, sonst können wir diese langen Fahrzeuge nicht in Heidelberg verwenden.“ Es würden „sicher“ neue Fahrzeuge in Heidelberg eingesetzt, „aber vorerst leider noch nicht in dem Umfang, wie es notwendig wäre“. Schon jetzt passen längere Bahnen nicht mehr unters Dach des in Teilen rund 100 Jahre alten Betriebshofs. Dass dringend Handlungsbedarf besteht, ist seit Jahren bekannt. Doch um den Standort gab es jahrelang eine Diskussion. Zuletzt wurden für die Sanierung 65 Millionen Euro veranschlagt.
Dienstaufsichtsbeschwerde zurückgewiesen
- Die Diskussion um die Verlegung oder Sanierung des RNV-Betriebshofs in Heidelberg ist seit Jahren ein heißes Eisen. Das belegt eine Fachaufsichtsbeschwerde, die Mitglieder der Gemeinderatsfraktion Bunte Linke im vergangenen Herbst beim Regierungspräsidium Karlsruhe einreichten.
- Am 28. September 2022 hatten die Vertreter der Bunten Linken im Gemeinderat zusammen mit neun Mitgliedern der Bezirksbeiräte Bergheim, Rohrbach und Wieblingen eine Fachaufsichtsbeschwerde gegen Oberbürgermeister Eckart Würzner und gegen den Ersten Bürgermeister Jürgen Odszuck, beim Regierungspräsidium Karlsruhe, eingereicht.
- Kritisiert wurde die Erarbeitung einer Beschlussvorlage für die im Juli 2021 getroffene Grundsatzentscheidung zur Sanierung des Betriebshofs. Wesentliche Informationen und Sachverhalte hätten keinen Eingang gefunden oder seien gar nicht korrekt wiedergegeben worden, lautete der Vorwurf. Die Beschwerde sei geprüft worden. Es sei „jedoch kein Einlass zum Einschreiten durch die Aufsicht festgestellt“ worden: „Das Vorgehen der Verwaltung war nicht zu beanstanden. Die monierte Beschlussvorlage war im Ergebnis in Ordnung. Der Vorwurf einer gezielten Fehlinformation der Stadträte wurde nicht dargetan“, erklärte eine Sprecherin des Regierungspräsidiums in Karlsruhe am Mittwoch auf Anfrage. miro
Doch weder für den Umbau des Betriebshofs, noch für die beiden zusätzlichen Abstellmöglichkeiten in Wieblingen und Rohrbach-Süd sind die notwendigen Planfeststellungsverfahren angelaufen. „Zur zeitlichen Reihenfolge der Projekte ist festzuhalten, dass zunächst die beiden dezentralen Standorte realisiert und fertiggestellt werden müssen, bevor der Umbau am Altstandort begonnen werden kann“, ergänzt die Stadtsprecherin.
Für die Einleitung der Planfeststellungsverfahren sei „eine abgeschlossene Entwurfsplanung erforderlich“. Für die beiden dezentralen Standorte - beides sollen nach Angaben der Stadt nicht überdachte Anlagen werden - liefen gerade die vorbereitenden Untersuchungen.
„Vor der Sommerpause 2023 sollen die Öffentlichkeit und die politischen Gremien mit einer Informationsvorlage über den aktuellen Stand und das Ergebnis der Prüfaufträge informiert werden, begleitend mit einer Bürgerinformationsveranstaltung“, von diesem Zeitplan geht man im Rathaus aus. Frühestens Ende 2023 solle eine Beschlussvorlage folgen, „in der die weiterentwickelte Planung thematisiert wird“.
Mit dem im Juli 2021 gefundenen Kompromiss, den Betriebshof der RNV künftig nicht mehr nur in Bergheim, sondern an drei Standorten in der Stadt zu verteilen, hatte der Gemeinderat im Juli 2021 einen Schlussstrich unter eine zähe, jahrelange Diskussion gesetzt.
Eigentlich war der Umzug des Betriebshofs auf die Große Ochsenkopfwiese im Stadtteil Wieblingen schon beschlossen (Dezember 2018). Im Juli 2019 stimmten 19 020 Heidelberger in einem Bürgerentscheid gegen den Betriebshof auf dem Ochsenkopf. Das Quorum wurde nicht zwar erreicht - 3000 Stimmen fehlten. Aber am 17. Oktober 2019 entschied sich der Gemeinderat dann mit 25 zu 24 Stimmen gegen den Standort Ochsenkopf und hebelte den eigenen, alten Beschluss aus.
Ergebnis der Prüfaufträge
Der Kompromiss sieht vor, dass der Stadtort des bisherigen Betriebshofs im Stadtteil Bergheim zwar erhalten bleibt, aber verkleinert wird. Statt 32 Bahnen sollen weniger Fahrzeuge hier ihren nächtlichen Abstellplatz finden. Eine größere Abstellfläche soll die RNV am Halt Wieblingen Berufsschule bekommen. Statt zunächst angedacht zehn Bahnen wird nun an 18 Bahnen gedacht, die hier geparkt werden.
Das alte OEG-Gleis am Berufsförderungswerk könnte in die Planungen integriert werden. Dafür „schrumpfe“ - so der Stand im Juli 2021 - die Fläche in Rohrbach-Süd, wo jetzt nur noch mit acht Bahnen kalkuliert wurde. Außerdem gab es einen Prüfauftrag für das ehemalige Eternitwerk in Rohrbach: Eignet sich die Neuferthalle, um einen Teil der Bahnen unterzubringen? Auch diesen Prüfauftrag hatte der Gemeinderat erteilt.
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