Heidelberg. Der Heidelberger Zoo verzichtet vorerst darauf, wild in der Einrichtung im Neuenheimer Feld lebende Füchse bejagen zu lassen, und prüft erneut andere Optionen. Das hat Zoodirektor Klaus Wünnemann auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt. Jäger sollten am Donnerstagabend und am 25. Oktober eine nicht näher bekannte Zahl an Jungtieren erlegen. Unter anderem hatte der Verein Wildtierschutz Deutschland die geplante Abschussaktion verurteilt.
„Die Tiere sollen in der Zeit zwischen 18 und 20 Uhr von einem Jäger erschossen werden“, zitiert der Verein eine Anwohner-Information, die von einer Zoo-Veterinärin gezeichnet ist. „Wir protestieren scharf gegen das Vorgehen des Zoos: Das Töten von Füchsen – ob im Siedlungsraum oder außerhalb – ist sinnlos und oft kontraproduktiv“, betonten die Kritiker: „Freiwerdende Fuchsreviere haben eine regelrechte Sogwirkung auf reviersuchende Jungtiere und werden dadurch schnell neu besetzt.“
Außerdem müsse sich der Zoo fragen lassen, „warum er offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Zootiere sicher unterzubringen“, heißt es in einem Aufruf der Wildtierhilfe, sich mit Protest an den Heidelberger Zoo zu wenden.
In sozialen Netzwerken machte die Nachricht schnell die Runde – und sammelte reichlich Kritik. „Tiere sind also nur willkommen, wenn sie Geld bringen“, schreibt eine Kritikerin und verweist auf Methoden der Vergrämung, die bei Raubtieren etwa in Afrika angewandt wird, um sie von menschlichen Siedlungen fernzuhalten.
Altes Paar seit Jahren geduldet
„Wir sind wirklich nicht scharf darauf, auf unserem Gelände Tiere bejagen zu lassen“, betont Zoodirektor Klaus Wünnemann am Nachmittag auf Anfrage dieser Redaktion, „doch die Lage ist leider so, dass wir keine andere Lösung sehen“.
Wildlebende Füchse gehörten seit Jahren zu den geduldeten Zoobewohnern. „Dabei hat der Zoo die Erfahrung gemacht, dass es große individuelle Unterschiede im Verhalten der Füchse gibt: Manche Füchse haben eine wesentlich größere Tendenz, Zootiere zu erbeuten, als andere. Das momentan im Zoo lebende Fuchspaar hat bislang kaum Zootiere erbeutet.“ Diese „standorttreuen“ Altfüchse seien im Zoo willkommen, „sie dienen auch der Schädlingsbekämpfung und halten das Revier vor anderen Füchsen besetzt“. Sie seien dennoch „wildlebend und werden vom Zoo nicht versorgt, ebenso greift der Zoo nicht in das Fortpflanzungsverhalten ein“. Es würden jedes Jahr Jungtiere geboren, die in der Regel den Zoo wieder verlassen.
Die Füchse ernährten sich von Pommes, die die Besucher fallenlassen, aber auch von Mäusen und Ratten, die in jedem Zoo zu finden sind. Doch die Zahl der Füchse sei kontinuierlich gestiegen – und die Jungtiere zeigten keinerlei Tendenz auszuziehen: „Wir wissen nicht, warum die Alttiere die nächste Generation nicht mehr vertreiben aus ihrem Revier“, beschreibt Wünnemann die Überlegungen.
Auch tagsüber gesichtet
Inzwischen neigten die Tiere sogar dazu, die Scheu vor Menschen zu verlieren – die eigentlich nachtaktiven Tiere hätten sich Besuchern schon tagsüber gezeigt. Neben der Sorge um die Besucher – Fuchskot auf Wegen ist schon wegen der vielen Kinder unter den Besuchern nicht erfreulich – müsse das Wohl der Zootiere im Auge behalten werden. Sie haben in der Regel die Möglichkeit, selbst zu wählen, ob sie drinnen oder im Außengehege sein wollen. „Diese Freiheit müssen wir einschränken und sie früher in den Stall einschließen“, erklärt Wünnemann weiter. Denn: „Es gibt keine Tür, durch die Elefanten frei gehen können, die aber Füchse fernhält.“ Im Elefantenhaus hatten Füchse im vergangenen Jahr einige Schopfwachteln erwischt.
Viele Alternativen geprüft
„Selbstverständlich haben wir zahlreiche nicht-invasive Maßnahmen ergriffen, um unsere Zootiere zu schützen, zum Beispiel durch Verstärkung der Gehege, Strombarrieren, Unterbindung von neuen Fuchsbauten.“ Lebendfallen seien ebenfalls aufgestellt worden, doch die Füchse, denen Schlauheit schon im Märchen attestiert wird, blieben den Fallen fern.
Eine hundertprozentige „Fuchssicherheit“ gebe es in einem Zoo nicht. Moderne Tierhaltung gibt den Zootieren so oft wie möglich die Wahl, ob sie sich in den Innen - oder Außengehegen aufhalten wollen. Das bedeutet, dass bei größeren Tieren alle Gehegeteile für Füchse zugänglich sind. Die Alternative, alle Tiere nachts in die Ställe einzusperren und ihnen keinen Freigang in die Außenanlagen zu gewähren, würde für den Tierschutz der Zootiere einen erheblichen Rückschritt bedeuten.
„Einzig unsere Hühner gehen nachts in den Stall, um vor dem Fuchs sicher zu sein. Selbst das schützt sie nicht komplett.“ Zudem sind Gehege, die auch von Besuchern betreten werden können, wie der Streichelzoo, allein aufgrund dieser Tatsache nicht fuchssicher zu gestalten. Kleine Ziegen gehörten ebenfalls zu den möglichen Beutetieren.
Am Dienstagnachmittag gab der Zoo bekannt, „nochmals alle zur Verfügung stehenden Optionen prüfen“ zu wollen – und die Einsätze des Jägers abgesagt zu haben. „Die Termine für die auf dem Gelände des Tiergarten Heidelbergs vorgesehene Bejagung der Fuchspopulation mit der Schusswaffe wurden abgesagt. Der Zoo informiert auf seiner Webseite über die weitere Entwicklung, sobald es neue Erkenntnisse gibt.“ Mit dem Thema Fuchsbejagung wolle man indes auch in Zukunft „offen und transparent“ umgehen, versichert Wünnemann.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg_artikel,-heidelberg-heidelberger-zoo-blaest-fuchsjagd-vorerst-ab-_arid,2008494.html