Klimaschutz

Heidelberger Verein kauft Grundstücke und verwandelt sie in Urwälder

Flächen nicht nutzen, sondern einfach in Ruhe lassen: Der Verein Green Forest Fund aus Heidelberg pflanzt Bäume und lässt sie verwildern. Wie das Gründerpaar auf die Idee kam.

Von 
Alena Kuhn
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Der Heidelberger Thorsten Walter hat mit seiner Frau Susanna die Organisation Green Forest Fund gegründet. © GFF

Heidelberg. Die großen Bäume sind 400 Jahre alt. Die Äste wachsen kreuz und quer, die breiten Wurzeln dringen tief in den Boden. Füchse und Rehe springen durch das dichte Gras, Vögel bauen ihre Nester in den verzweigten Baumkronen. Ein Urwald von morgen – völlig ohne menschliche Einflussnahme: Das ist der Wunsch von Susanna Sielicki-Walter und Thorsten Walter aus Heidelberg.

Das Ehepaar hat die gemeinnützige Organisation Green Forest Fund (GFF) gegründet. Der Verein kauft Grundstücke in Deutschland, überführt sie in die Gemeinnützigkeit und pflanzt darauf Bäume, die ungestört wachsen dürfen. Damit wollen Sielicki-Walter und Walter Tieren eine Heimat bieten, die Luft verbessern und gegen den Klimawandel ankämpfen.

Susanna Sielicki-Walter und Thorsten Walter aus Heidelberg wollen mit Green Forest Fund gegen den Klimawandel ankämpfen. Familienhund Eddie war dabei, als ihnen die Idee zum Verein kam. © GFF

Vor zehn Jahren ist die Idee entstanden. Damals war Walter länger krankgeschrieben. Weil der Familienhund Eddie so gerne im Wald war, ist er oft dort spazieren gegangen. Mindestens einmal die Woche kam der heute 45-Jährige an einer großen, alten Douglasie auf dem Heidelberger Königstuhl vorbei. Er habe eine Verbindung zu diesem Baum aufgebaut, erzählt Walter beim Gespräch im angemieteten Büroraum in der Bahnstadt. „Und irgendwann, als ich vorbeikam, war nur noch ein Stumpf da“, sagt er. Das habe seine Frau und ihn traurig gemacht und sie haben begonnen, nachzudenken.

Walter berichtet: „Ich hatte das naive Bild: Der Wald ist Natur.“ „Und allen geht es gut“, fügt Sielicki-Walter hinzu. Dann haben sie erkannt: Auch im Wald wird gearbeitet, die Bäumen werden abgeholzt und weiterverarbeitet. Walter recherchiert und befragt einen befreundeten Forstbezirksleiter. Die Erkenntnis: „Es gibt viel zu wenige unberührte Lebensräume in Deutschland.“

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Laut dem Bundesamt für Naturschutz machen Wildnisgebiete aktuell nur etwa 0,6 Prozent der Landfläche aus. Denn fast alle Wälder werden wirtschaftlich genutzt. „Wir brauchen die Bäume für die CO₂-Bindung und dann werden sie einfach abgeholzt“, sagt die 43-jährige Sielicki-Walter. Deshalb gründete das Ehepaar Ende 2016 den Verein.

Grundstücke für den Klimaschutz kaufen: Es gibt auch kritische Stimmen aus der Landwirtschaft

Das erste Grundstück hat ihnen der befreundete Forstbezirksleiter vermittelt. Es liegt in Binau bei Mosbach im Neckar-Odenwald-Kreis. Heute hat der Green Forest Fund auch Flächen in Unterdielbach bei Eberbach, in Hardheim im Neckar-Odenwald-Kreis und in Brandenburg. Das waren zuvor alles Wiesen, Wald oder Acker. Die Grundstücke bekommen Sielicki-Walter und Walter von privaten Besitzern, die die Flächen zum Beispiel geerbt haben, oder über bestimmte Maklerinnen und Makler.

Ist das Areal erst gekauft, müssen die Genehmigungen eingeholt werden. „Da waren wir etwas naiv. Wir dachten, es geht einfacher“, gibt Walter zu. Um Acker zu Wald zu machen, brauche man die Zustimmung des jeweiligen Gemeinderats und die Genehmigungen vom Landwirtschaftsamt, der Unteren Naturschutzbehörde und der Forstbehörde. Das könne allein zwei Jahre dauern.

Die Setzlinge wurden in Binau gepflanzt. Die Netzhüllen sollen die ersten Jahre verhindern, dass Rehe den Baumstamm anfressen. © GFF

Auch weil Interessensgruppen und Landwirte, deren Pachtverträge aufgelöst werden, oft nicht mit der Entscheidung einverstanden sind, berichtet Walter, der selbst BWL studiert hat. „Das kriegt man im Studium nicht vermittelt, etwas zu kaufen und keinen monetären Output zu haben, sondern der Output ist die Liebe zur Natur“, sagt der Heidelberger.

Die etwa drei Jahre alten Bäume holen Sielicki-Walter und Walter von einer Bio-Baumschule. Diese pflanzen sie dann etwa einmal im Jahr mit der Hilfe von Schulklassen oder Forstunternehmen. Aber auch das muss in Deutschland mit System passieren. Nur heimische Bäume dürfen gepflanzt werden: Welche das sind, unterscheidet sich je nach Grundstücksart und Gemeinde, auf deren Gemarkung die Fläche liegt. Und auch die Abstände zu benachbarten Grundstücken müssen die Heidelberger akribisch einhalten.

Auch Bienenweiden und Sumpfgebiete schützt der Heidelberger Verein Green Forest Fund

Generell achten sie bei den zukünftigen Urwäldern darauf, dass sie die Baumarten durchmischen und genügend Abstand zwischen den einzelnen Pflanzen lassen. Sie sollen außerdem krankheits- und klimaresistent sein, also tiefe Wurzeln haben, um das Grundwasser erreichen zu können. Nach diesen Prinzipien gestalten Sielicki-Walter und Walter auch bestehende Wälder um.

Aber auch Bienenweiden legt der Verein an, wenn die Behörden der Aufforstung nicht zustimmen. Zudem kauft Green Forest Fund Sumpfgebiete, um sie wieder zu vernässen. Um diese Aktionen umsetzen zu können, sind Sielicki-Walter und Walter auf Spenden von Unternehmen und Privatpersonen angewiesen.

So sollen die Urwälder ausschauen: Bäume, die kreuz und quer wachsen. © GFF

Der Verein lässt die Bäume in Ruhe wachsen. Durch die gekaufte Fläche soll das auch für immer so bleiben. Inzwischen habe seine Organisation fast eine Million Quadratmeter Land erworben, berichtet Walter stolz. Sielicki-Walter und Walter sind beide angestellt. Andere Aufgaben übernehmen Freelancer.

Bis aus den gepflanzten Setzlingen ein Urwald entsteht, wird es mehrere hundert Jahre dauern. „Wir machen uns natürlich Gedanken, was für eine Welt wir unseren Kindern hinterlassen wollen. Wir wollen eine schöne, eine wilde Welt hinterlassen“, betont die Gründerin. „Wenn jeder ein bisschen Einsatz in die Richtung zeigen würde, dann wäre es eine andere Welt“, ergänzt ihr Mann.

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