Kultur

Heidelberger Schlossgarten per App: Fast schöner als in echt

Eine App macht den Heidelberger Schlossgarten jetzt neu erfahrbar. „Monumente 3D“ zeigt den „Hortus Palatinus“ und bietet Audio Guides und viele weitere Inhalte. Ein Besuch in der Ich-Perspektive ist auch möglich

Von 
Filip Bubenheimer
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In der App lässt sich zwischen einem aktuellen Modell und einem Modell des Gartens, wie er einst angelegt werden sollte, wechseln. © Julian Hanschke

Heidelberg. Ein Besuch auf dem Heidelberger Schloss bietet die Gelegenheit, in längst vergangene Zeiten einzutauchen. Smartphones sind dabei eher hinderlich: Ständig lenken sie die Aufmerksamkeit auf WhatsApp-Nachrichten, ungelesene E-Mails und andere Kleinigkeiten – und damit zurück in die Gegenwart und den Alltag. Doch nun könnte die App „Monumente 3D“ zeigen, dass der Blick auf das Smartphone die Erfahrung des Schlossbesuchs nicht schmälern, sondern bereichern kann. Seit Donnerstag sind in der kostenlosen App ein 3D-Modell des „Hortus Palatinus“, also eines wesentlichen Teils des Schlossgartens, Audio-Guides und viele weitere Inhalte zum Schlossgarten verfügbar. Zur Vorstellung des Modells im Schlossgarten kam auch Gisela Splett (Grüne), Staatssekretärin im Stuttgarter Finanzministerium.

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Das Heidelberger Schloss ist zwar von allen durch die „Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg“ (SSG) verwalteten Monumenten die am meisten besuchte Attraktion. „Aber das heißt nicht, dass wir uns ausruhen können“, sagte SSG-Geschäftsführerin Patricia Alberth. Man müsse „am Puls der Zeit bleiben“. Deswegen haben die SSG für ihre App „Monumente 3D“ ein Modell des im 17. Jahrhundert angelegten „Hortus Palatinus“ erstellt. Staatssekretärin Splett bezeichnete das Vorhaben als „Leuchtturmprojekt“. Es diene dazu, „das kulturelle Erbe einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen“. In Spletts Ressort fällt die Verwaltung der landeseigenen Monumente durch die SSG.

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Projektleiter Frithjof Schwartz erinnerte sich daran, dass er schon als Kind den Schlossgarten besuchte, sich aber nicht dafür begeistern konnte. „Ich habe keine Punkte gefunden, wo man andocken konnte.“ Mit dem 3D-Modell in der App soll das nun leichter werden. Zumindest wer gerne Videospiele spielt, findet in ihr vielleicht einen Anknüpfungspunkt, der Interesse an der Beschäftigung mit dem „Hortus Palatinus“ weckt. Denn das Modell lässt sich nicht nur aus der Vogelperspektive erkunden, sondern auch aus der aus Videospielen bekannten „Ego-Perspektive“: Das Smartphone zeigt dann eine Ansicht des Modells, die der Perspektive des Besuchers an seinem Standpunkt im Schlossgarten entspricht. Spaziert der Besucher weiter, bewegt er sich dank GPS auch im Modell.

Eine unvollendete Anlage

Könnte man auf dem Smartphone nur ein Modell dessen sehen, was man ohnehin schon vor Augen hat, wäre dies mäßig spannend. In der App lässt sich aber wechseln: Zwischen einem aktuellen Modell und einem Modell des Gartens, wie er einst angelegt wurde – oder zumindest angelegt werden sollte. Denn der Baumeister des Gartens, Salomon de Caus, konnte viele Gebäude und Gartenelemente wegen des 30-jährigen Krieges nicht mehr verwirklichen. Es sei eine der wesentlichen Eigenschaften des „Hortus Palatinus“, so Projektleiter Schwartz, „dass er eine unvollendete Anlage geblieben ist“. Auf der Grundlage von Entwürfen de Caus’ haben Projektmitarbeiter auch nie verwirklichte Elemente modelliert, zum Beispiel ein reich verziertes Pomeranzenhaus mit gewundenen Steinsäulen. In der App lässt es sich bestaunen, in Wirklichkeit entstand für die Überwinterung der Bitterorangen nur ein schnöder Zweckbau aus Holz.

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Neben dem 3D-Modell wartet die App mit einer Fülle weiterer Funktionen und Inhalte auf. Wer mag, kann neben den Bauwerken auch Flora und Fauna des Schlossgartens erkunden – von der kaukasischen Flügelnuss über den Bergmolch bis hin zu den längst auch im Schlossgarten heimisch gewordenen Halsbandsittichen. Ein zeitgenössisches Gemälde des Schlossgartens wurde als eine Art Hörspiel umgesetzt, das die Menschen im Gemälde zum Leben erweckt: Da ächzt etwa ein Mann, der zusammen mit einem Kumpan schwere Säcke zum Schloss hinaufschleppt: „Gleich haben wir es geschafft, und die Plackerei findet für heute ein Ende.“

Spezielle Inhalte für Schüler

Für die Entwickler der App geht ihre bislang zwei Jahre währende Arbeit weiter. In Entwicklung sind aktuell interaktive Inhalte speziell für Schulklassen, etwa Quizze. Auch weitere Teile der Schlossanlage sollen noch modelliert werden. Bis heute hat das Projekt rund 480 000 Euro gekostet. Ein vergleichbares Modell hatten die SSG vorher nur für die Festung Hohentwiel entwickelt.

Wer die App „Monumente 3D“ beim nächsten Schlossbesuch auf dem Smartphone oder dem Tablet nutzen will, findet sie im „Play Store“ von Google und in Apples „App Store“. An der Schlosskasse ist zum Download kostenloses W-LAN verfügbar. Aber auch zuhause lässt sich die App herunterladen und großteils auch nutzen.

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