Gastro-Ära endet

Heidelberger Restaurant Piccolo Mondo soll nach 46 Jahren verkauft werden

Die Prominenz kam gerne und oft! 1977 übernahmen Angelo Pizzulli und Franco Libertini das Lokal Piccolo Mondo in Heidelberg und machten es zu einem der besten in Süddeutschland. Diese Ära endet bald

Von 
Julian Eistetter
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Das Piccolo Mondo in der Klingenteichstraße schließt wohl in absehbarer Zeit. Franco Libertini (l.) und Kaleb Pizzulli suchen einen Käufer für das Restaurant. © Philipp Rothe

Heidelberg. Was haben Königin Silvia von Schweden, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, Moderator Thomas Gottschalk, Sänger Udo Jürgens und US-Musiker Frank Zappa gemeinsam? Sie alle waren schon im Heidelberger Spitzenrestaurant Piccolo Mondo zu Gast. Das italienische Lokal in der Klingenteichstraße am Rande der Altstadt bietet unter der Leitung von Angelo Pizzulli und Franco Libertini seit mittlerweile rund 46 Jahren seine Spezialitäten an. Doch damit ist bald Schluss, denn das Gourmetrestaurant, das 2011 im Guide Michelin gelistet wurde und in dieser Zeit als eines der besten in ganz Süddeutschland galt, soll verkauft werden.

Das liegt nicht etwa daran, dass das Lokal nicht mehr laufen würde. „Im Gegenteil, wir sind sehr erfolgreich“, sagt Küchenchef Franco Libertini im Gespräch mit dieser Redaktion. 1977 hat er das Lokal mit Pizzulli übernommen, gemeinsam verwirklichten die beiden Männer ihren Traum.

Kein Angebot hat bisher gepasst

Nach fast 50 Jahren in der Gastronomie sei es nun allmählich an der Zeit, sich zurückzuziehen, erklärt der 68-Jährige, der eigentlich schon in Rente sein könnte. Hinzu komme, dass Angelo Pizzulli, 75 Jahre alt, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit anpacken könne. Inzwischen übernimmt dessen Sohn Kaleb Pizzulli die Organisation des Service im Lokal.

Einen großen zeitlichen Druck, schnell verkaufen zu müssen, verspürt Franco Libertini deshalb nicht. „Es gab bislang auch noch kein Angebot, das am Ende gepasst hat“, berichtet er. Einige Besichtigungstermine habe es aber inzwischen schon gegeben. „Es ist aber nicht so einfach, jemanden zu finden“, sagt der 68-Jährige.

Ohnehin ist es nicht einfach für ihn, das gemeinsame Vermächtnis von Pizzulli und ihm aufzugeben. „Das fällt mir schon sehr schwer“, räumt er ein. Denn wenn er an seinem Arbeitsplatz sei, die Speisen zubereite, dann fühle er immer noch die gleiche Leidenschaft wie früher.

Mehr Zeit für die Familie

Dennoch will Libertini künftig mehr Zeit seiner Familie widmen können. „Ich habe inzwischen vier Enkelkinder, da gibt es jede Menge zu tun“, sagt er und lacht. Fast seine gesamte Familie lebt in Deutschland, es ist seine Heimat geworden, weshalb er auch im Ruhestand auf jeden Fall hierbleiben wird.

Das Restaurant befindet sich in historischen, denkmalgeschützten Gemäuern am Gaisberghang. Erbaut wurde das Haus im Jahr 1863 von der Heidelberger Malerdynastie Schmitt. Der wohl bekannteste Künstler aus der Familie ist Guido Philipp Schmitt, am 23. Februar 1834 geboren.

Bereits dessen Vater Georg Philipp Schmitt war Maler und unterrichtete ihn früh. Seine realitätsorientierten Porträtbilder ermöglichten Guido Schmitt eine Künstlerkarriere in England. Dort stieg er zu einem gefragten Porträtmaler der Londoner Hocharistokratie auf. Fast 30 Jahre lebte er auf der Insel, ehe er 1885 in das Elternhaus in der Klingenteichstraße 6 zurückkehrte.

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Direkt über dem Eingang ziert ein Fliesenbild die Fassade des Hauses. Die „Allegorie der Kunst“ stammt eben von Guido Schmitt. Auch nach dessen Tod im Jahr 1922 lebte eine bedeutende Person in dem Haus - der Schriftsteller und Dichter Alfred Mombert, der wegen seiner jüdischen Abstammung zum Verfolgten des NS-Regimes wurde. Er starb im Jahr 1942 an den Folgen der Unterbringung im französischen Internierungslager Gurs.

Die Gemäuer in der Klingenteichstraße 6 haben also eine reiche Geschichte vorzuweisen, von der Pizzulli und Libertini nun 46 Jahre lang ein Teil waren. Wie ihre persönliche Geschichte fortgeführt wird, entscheidet sich nach dem Verkauf. Vermarktet wird das Lokal, das sich im Erdgeschossbereich des Hauses unter Wohnungen befindet, vom Immobilienbüro Weber & Bletzer über das Portal immobilienscout24. Es besteht aus zwei Tonnengewölben und bietet Platz für rund 60 Personen. Die beiden Säle können für Hochzeiten und Familienfeste gemietet werden. Außenbestuhlung ist vor dem Eingang möglich.

Komplettes Inventar inbegriffen

Das gesamte Inventar ist im aufgerufenen Kaufpreis von 350 000 Euro inbegriffen. Möbel, Tischdecken, Geschirr und die Profi-Küche samt Ausstattung seien in einwandfreiem Zustand, berichtet Makler Thomas Metzke. „Wir halten die 350 000 Euro deshalb für einen wirklich sehr fairen Preis.“ Das Interesse sei auch durchaus groß. „Allein diese Woche kamen wieder vier oder fünf Anfragen.“

Ein Abschluss sei bislang vor allem noch nicht zustande gekommen, weil die Lage etwas abseits der Fußgängerzone für viele nicht attraktiv genug ist. „Wir halten die Lage aber nicht für schlecht, denn hier führt ja auch der Weg zum Schloss hoch“, sagt Metzke. In erster Linie lebe das Piccolo Mondo, zu Deutsch: kleine Welt, aber von Stammkundschaft. „Der Standort hat großes Potenzial“, ist der Makler überzeugt. Das würden wohl auch Königin Silvia, Joachim Gauck oder Thomas Gottschalk bestätigen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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