Heidelberg. Freitagmittag an der Leimer Straße in Rohrbach: Hinter einem Wohnmobil ist ein langer Anhänger mit einem Boot am Straßenrand abgestellt, dahinter ein weiteres Wohnmobil. Solche Szenen sind zunehmend mehr Bürgern ein Dorn im Auge. Soll es weiter möglich sein, in manchen Stadtteilen kostenlos Fahrzeuge abzustellen, während in anderen Stadtteilen auch von Anwohnern dafür Geld bezahlt werden muss? Am Donnerstagabend hat der Gemeinderat über dieses Thema diskutiert. Eine große Mehrheit hat - gegen die Stimmen etwa der CDU - die Beauftragung einer Analyse auf den Weg gebracht. 80 000 Euro werden dafür veranschlagt.
Von „Abzocke“ die Rede
Neun Gegenstimmen gab es. „Gesamtstädtisches Parkraumbewirtschaftungskonzept“: Der dröge und recht sperrige Begriff löst gerne Emotionen aus, wo er auftaucht. Auch im Heidelberger Gemeinderat, wo „Abzocke“ der Stadt vermutet wurde. Michael Eckert (FDP) vermutete, man wolle die zum Jahresbeginn erhöhten Anwohner-Parkgebühren zum Beispiel in der Weststadt „auch auf andere Stadtteile ausweiten“. Man dürfe „nicht alle Stadtteile über einen Kamm scheren“, kritisierte auch Alexander Föhr (CDU).
„Sobald der heilige Gral Auto angefasst wird, laufen Parteien Sturm, das kennt man ja“, analysierte etwa Sarah Mirow („Die Linke“). Christoph Rothfuß (Grüne) meinte hingegen: „Die Bewirtschaftung des Parkraumes ist ein wichtiger Baustein innerhalb der Mobilitätswende. Dabei muss das Augenmerk auf einheitlichen Kriterien und einer transparenten Umsetzung liegen. Wir finden es richtig, dass eine Arbeitsgruppe nun zunächst einmal die Kriterien erarbeitet und dabei auch soziale Aspekte zugrunde legt“.
Das Konzept
- Ein externes Fachbüro soll in einem ersten Schritt ermitteln, wie viele öffentliche Parkplätze verfügbar sind und wie hoch deren Auslastung in den einzelnen Straßen ist.
- Anhand dieser Daten könnten gezielte Maßnahmen erarbeitet werden. Zudem zeigen die Erhebungen, welche Stadtteile besonders vom Parkdruck betroffen sind. Diese sollen dann bei der Umsetzung priorisiert werden.
- Aufbauend auf den Ergebnissen soll eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern des Gemeinderates sowie der Verwaltung Maßnahmen entwickeln. miro
Der Grünen-Fraktionschef Derek Cofie-Nunoo ergänzte, „die Parkraumbewirtschaftung kann ja ganz vielfältig sein. Sie kann neben Parkgebühren und Anwohnerparken weiteren Vorrang für Menschen mit Behinderungen, Carsharing, Pflegepersonal, Handwerk, E-Mobilität oder auch ein Parkzeitlimit beinhalten“. Sein Fazit: „Nicht überall ist alles sinnvoll, deshalb haben wir der Übertragung einer Konzeptentwicklung an eine Arbeitsgruppe auch zugestimmt.“
Befangenheit vorab klären
Befürworterin war neben den Grünen auch die SPD: Karl Emer signalisierte: „Wir unterstützen diesen Weg.“ Michael Pfeiffer (GAL) versuchte, die Wogen zu glätten und relativierte, es gehe bei dieser Abstimmung erst einmal „nur um ein Konzept, nicht um eine Maßnahme“. „Wir werden uns definitiv dafür stark machen, dass aus diesem Prozess keine Abzocke wird“, kündigte Larissa Winter-Horn (Die Heidelberger) an. Anwohnern solle vielmehr die Situation erleichtert werden. Dass der Ist-Stadt jetzt, heruntergebrochen auf jeden einzelnen Stadtteil, erhoben werden soll, findet sie genauso richtig wie ihre Fraktionskollegin Marliese Heldner.

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Man schaue sich auch gerne schlechte Beispiel an, „um daraus zu lernen“, stellte sich SPD-Fraktionschefin Anke Schuster ebenfalls hinter den städtischen Antrag. Freiburg, hatte Emer erwähnt, habe vorschnell ein neues Parksystem eingeführt und sei damit gescheitert. „Parkende Wohnmobile und parkende Autos sind ein Sicherheitsrisiko, nicht nur für Kinder“, argumentierte Schuster weiter. Und vielleicht entdecke mancher Bürger seine eher als Abstellraum genutzte Garage wieder. „Gut eingesetztes Geld“, findet auch Hilde Stolz (Bunte Linke). Sie bat um eine frühzeitige Einbindung von Bürgern - am besten vor der ersten Arbeitsgruppensitzung“.
Als kurz erwähnt wurde, dass „EasyPark“ möglicherweise den Auftrag bekommen soll, den Ist-Stand zu analysieren, gab es noch einmal laute Kritik. AfD-Rat Sven Geschinski unterstellte dem Unternehmen, das Parkhäuser betreibt, Befangenheit für eine solche Analyse. Die Beauftragung sei noch nicht Gegenstand des nun vorliegenden Antrags, betonte Umweltbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain. Oberbürgermeister Eckart Würzner unterstrich, dass die Stadt selbstverständlich verpflichtet sei, mögliche Befangenheiten vorab zu klären und dies sehr ernst nehme.
Erster Kurzzeitparkbereich 1961
120 Euro pro Jahr kostet das Anwohnerparken ab Januar 2023 bereits in Stadtteilen wie der Weststadt, Neuenheim oder der Altstadt. Bisher waren es drei Euro im Monat gewesen - 36 Euro im Jahr. Parkraumbewirtschaftung, fasst eine städtische Vorlage zusammen, gebe es bereits seit mehr als 60 Jahren: 1961 sei der erste Kurzzeitparkbereich mit Parkscheibe eingerichtet worden. 1974 gab es die erste Parkuhr, 1981 die erste Rechtsverordnung zu Parkgebühren. Ein Jahr später sei das Bewohnerparken in der Altstadt eingeführt worden. 1984 schließlich habe die Stadt den ersten Parkscheinautomaten in Heidelberg installiert.
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