Erdbebenhilfe

Heidelberger Ärzte packen im Erdbebengebiet mit an

Nach dem verheerenden Erdbeben im Grenzgebiet zwischen dem Südosten der Türkei und Syrien sind Helfer aus rund 40 Ländern im Einsatz. Darunter sind auch die beiden Heidelberger Mediziner Wolfgang Heide und Oliver Emmler

Von 
Heike Dürr
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Der Heidelberger Arzt Wolfgang Heide im Einsatzgebiet in der Türkei. © Humedia

Nach dem verheerenden Erdbeben im Grenzgebiet zwischen dem Südosten der Türkei und Syrien sind Helfer aus rund 40 Ländern im Einsatz. Darunter sind auch die beiden Heidelberger Mediziner Wolfgang Heide und Oliver Emmler. Sie sind Teil eines dreiköpfigen sogenannten Assessment-Teams von Humedica, einer Hilfsorganisation aus dem bayerischen Kaufbeuren, die seit mehr als 40 Jahren ehrenamtliche medizinische Einsatzteams in Katastrophengebiete weltweit entsendet.

Heide und seine Kollegen machten sich am Mittwoch auf den Weg, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen und zu ermitteln, wo am besten geholfen werden kann. Denn die Lage vor Ort ist unübersichtlich, die Infrastruktur in den betroffenen Gebieten in weiten Teilen zerstört. Die Rettungsarbeiten werden darüber hinaus durch winterliche Wetterverhältnisse behindert.

Wo wird was gebraucht?

„Das Team sollte sich ein Bild darüber machen, was wo gebraucht wird und wie notwendiges Material geliefert werden kann“, so Humedica-Sprecher Sebastian Zausch. Dabei geht es sowohl um medizinische Ausrüstung als auch um Decken oder Zelte sowie um den Einsatz von medizinischem Personal. Es galt herauszufinden, wer für die Gesundheitsversorgung vor Ort verantwortlich ist und wie dort am besten unterstützt werden kann. Aber auch Einsatzorte zu finden, wo bisher kaum oder gar keine Hilfe ankam - mit Erfolg: „Es ist uns gelungen, mitten im Geschehen ein Gebiet ausfindig zu machen, wo Hilfe dringend benötigt wird“, berichtet Heide direkt aus dem Epizentrum des Bebens in der Südtürkei.

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Schwierige Suche nach einer Unterkunft

Während die beiden Ärzte die medizinische Lage einschätzten, stand Koordinator Uwe Grunert aus Frankfurt während des Einsatzes in ständigem Austausch mit der Einsatzzentrale in Kaufbeuren, dokumentierte und knüpfte notwendige Kontakte zu örtlichen Behörden oder Hilfsorganisationen, um deren Rettungs- und Hilfsmaßnahmen bestmöglich zu unterstützen. Dabei griff das Team auf ein Partnernetzwerk zurück, dass durch das langjährige Engagement von Humedica und gemeinsame Projekte in Katastrophensituationen entstanden ist.

Aber auch die Frage der Unterkunft für sich selbst und zukünftige Einsatzteams galt es zu lösen, denn aufgrund von weiteren möglichen Nachbeben ist es gefährlich, sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten. Gefunden haben sie ein kleines Hotel, das allerdings rund 50 Kilometer von der zukünftigen Einsatzstelle entfernt liegt. Der zeitliche Aufwand für die Fahrten zum Einsatzort ist immens, denn die Straßen sind in einem schlechten Zustand und von Hilfskonvois verstopft. Da nur tagsüber gefahren werden kann, sind die Zeitfenster eng.

Team kehr am Montag zurück

Heide und seine Kollegen lassen sich von persönlichen Einschränkungen jedoch nicht von ihrem Einsatz abhalten, alle drei haben Erfahrung mit Hilfseinsätzen nicht nur in Erdbebengebieten in Haiti oder dem Iran. Dass er auch hier helfen wollte, war für Heide erneut keine Frage, er meldete sich sofort einsatzbereit, als er von dem Erdbeben hörte. Auch wenn sein humanitäres Engagement für den Gynäkologen mit eigener Praxis in Heidelberg jedes Mal eine logistische Herausforderung ist. Das hinderte ihn nicht an seiner sofortigen Abreise. In einem früheren Interview mit dieser Redaktion hatte er dazu gesagt: „Es gibt immer einen Grund, es nicht zu machen.“

An diesem Montag kehrt das Team zurück nach Deutschland, im Kopf haben sie Bilder, die sie nur schwer loslassen werden. „Wir haben starke Zerstörungen vorgefunden und wirklich schlimme Bilder gesehen von Menschen, die vor den Ruinen ihrer Häuser sitzen“, so Heide, der bei jedem Einsatz versucht, sich in die Betroffenen hineinzuversetzen. „Das hinterlässt schon Spuren, wenn man sieht, wie Menschen vor Trümmerbergen darauf warten, dass ihre Angehörige oder Freunde meist tot geborgen werden.“

Freundlichkeit beeindruckt

Der Einsatz hat für ihn und seine Kollegen dennoch auch positive Seiten: „Dieses Team war wirklich gut und erfolgreich. Beeindruckt hat uns auch die Freundlichkeit der Menschen trotz ihres Schicksals.“ Sie alle seien glücklich darüber, ein bisher von Hilfsorganisationen kaum betreutes Gebiet gefunden zu haben, in dem Hilfe dringend gebraucht wird.

Abgelöst werden die drei dort nun von einem Einsatzteam, das völlig erschöpfte lokale Ärzte unterstützen wird und in der Lage ist, rund 3000 Menschen in einer Notunterkunft medizinisch zu betreuen. Wie Heide und sein Team ermittelt haben, erwarten die Kollegen dort unter anderem Riss- und Quetschwunden, Infektionen und Erkrankungen aufgrund der schwierigen hygienischen Bedingungen. Daher haben sie auch Wasserfilter im Gepäck.

Freie Autorin Schwerpunkt: Portraits

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