Justiz

Freiheits- und Geldstrafen: Ermittlungen gegen Burschenschaft „Normannia“ abgeschlossen

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red
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Das Haus der Burschenschaft Normannia in Heidelberg. © dpa

Heidelberg. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat ihre in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Straftaten im Zusammenhang mit der Heidelberger Burschenschaft „Normannia“ abgeschlossen.

Das umfangreichste der Ermittlungsverfahren betraf den Verdacht, Mitglieder der Burschenschaft hätten während einer Feierlichkeit in der Nacht vom 28. auf den 29. August 2020 im Verbindungshaus in der Heidelberger Altstadt mit Gästen aus Reihen auswärtiger Studentenverbindungen ein Mitglied einer anderen Heidelberger Studentenverbindung wegen dessen jüdischstämmiger Großmutter verbal und tätlich angegriffen. Zehn Beschuldigte gerieten in Verdacht, den Geschädigten gemeinschaftlich in Weise mit ihren Gürteln geschlagen, mit Worten antisemitisch beleidigt und/oder mit derselben herabwürdigenden Intention mit Münzgeld beworfen zu haben.

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Die Ermittlungen konnten diese Vorwürfe in Bezug auf sechs der zehn Beschuldigten ganz oder teilweise erhärten. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat daher beim Amtsgericht Heidelberg (Jugendrichter) den Erlass von Strafbefehlen wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlicher Beleidigung beantragt. Die beantragten Rechtsfolgen reichen je nach Einzelfall von Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen bis zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten mit Bewährung.

Gegen die übrigen Beschuldigten wurde das Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Verdachts verfolgbarer Straftaten eingestellt, weil insoweit trotz umfangreicher Ermittlungen eine Tatbeteiligung zwar möglich erschien, jedoch nicht im Sinne einer überwiegenden Verurteilungswahrscheinlichkeit nachgewiesen werden konnte.

Ermittlung wegen politisch motivierter Straftaten eingestellt

Daneben führte die Staatsanwaltschaft Heidelberg mehr als zehn weitere Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts politisch motivierter Straftaten von Mitgliedern der Burschenschaft oder dieser nahestehenden Personen. In diesen Verfahren wurde tatsächlichen Anhaltspunkten dafür nachgegangen, dass die jeweiligen Beschuldigten, meist ebenfalls gegenüber Angehörigen der Heidelberger Verbindungszene, insbesondere die Straftatbestände der Volksverhetzung, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und der Beleidigung verwirklicht haben könnten, indem sie den Hitlergruß entboten, weitere Kennzeichen des Nationalsozialismus verwendeten, den Holocaust leugneten und andere Studenten rassistisch, insbesondere antisemitisch, beleidigten.

Diese Verfahren wurden überwiegend entweder deswegen eingestellt, weil der für die Verfolgung des Straftatbestandes der Beleidigung zwingend erforderliche Strafantrag des jeweiligen Geschädigten fehlte oder – bezüglich der Straftatbestände der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – die rechtlich geforderte Öffentlichkeit der entsprechenden Bekundungen beziehungsweise die Äußerung in einer Versammlung nicht festgestellt werden konnte.

Dies betrifft auch das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts, ein Gast einer Verbindungsfeier der „Normannia“ im November 2017 habe bei dieser Gelegenheit in strafbarer Weise den Hitlergruß entboten.

Schließlich leitete die Staatsanwaltschaft Heidelberg ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen ein Mitglied der „Normannia“ wegen des Verdachts ein, dieses habe am 1. Mai 2019 mit einem weiteren, gesondert verfolgten Bundesbruder ein Mitglied der Heidelberger Studentenverbindung „Rupertia“ in deren Verbindungshaus mit Fäusten ins Gesicht geschlagen. Gegen den Mittäter hatte im Juni 2020 bereits eine erstinstanzliche Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Heidelberg stattgefunden. In dieser hatten sich zureichende Anhaltspunkte für die Identität des weiteren Schlägers ergeben, die zum neuen Ermittlungsverfahren führten. In diesem haben die Ermittlungen einen hinreichenden Tatverdacht ergeben. Die Staatsanwaltschaft hat daher eine weitere Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung zum Amtsgericht Heidelberg (Strafrichter) erhoben.

Im erstgenannten Strafverfahren hat das Landgericht Heidelberg die Berufung des Angeklagten, der mit Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 22. Juni 2020 verwarnt und zu 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden war, zwischenzeitlich am 3. Mai 2021 verworfen und damit das amtsgerichtliche Urteil bestätigt.

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