Mutmaßlich antisemitischer Vorfall

"Normannia"-Ermittlungen: Zahl der Beschuldigten steigt auf zehn

Von 
Michaela Roßner
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Das Haus der Burschenschaft Normannia in Heidelberg. © dpa

Die Ermittlungen zu einem mutmaßlich antisemitischen Übergriff im Haus der „Normannia“-Verbindung in Heidelberg stehen offenbar unmittelbar vor dem Abschluss: „Nach derzeitiger Einschätzung dürften die Ermittlungen im Wesentlichen abgeschlossen sein“, erklärt der Erste Staatsanwalt Thomas Bischoff dieser Redaktion. Die Zahl der Beschuldigten habe sich inzwischen auf zehn erhöht. Alle seien Mitglieder von Studentenverbindungen.

„Ob und gegen welche der Beschuldigten der Tatverdacht in einem die Erhebung der öffentlichen Klage ermöglichenden Maße erhärtet ist, wird abschließend noch zu prüfen sein“, fügt Bischoff hinzu: „Wir hoffen, das Ermittlungsverfahren Anfang nächsten Jahres zum Abschluss bringen zu können.“

Wie berichtet, hatte ein 25-jähriger Gast eines Burschenschaftsfestes Anzeige erstattet, weil er in dem Anwesen der Normannia in der Nacht auf den 29. August wegen seiner jüdischen Vorfahren beleidigt, mit Münzen beworfen und mit Gürteln geschlagen worden sein soll. Acht Personen - sieben Männer und eine Frau - rückten zunächst ins Zentrum der Kripo-Ermittlungen - darunter unter anderem fünf Burschenschaftler aus dem Saarland.

Der neue Leitende Oberstaatsanwalt Andreas Herrgen - er übernimmt die Behördenleitung von Romeo Schüssler, der nach Mannheim zurückgegangen ist - sagte in einem Interview der „Rhein-Neckar-Zeitung“, dass ihn die Vorwürfe gegen die „Normannia“ nicht überrascht hätten: „Und schließlich habe ich aus meiner Zeit als Dezernent für politisch motivierte Strafsachen schon in den 1990er-Jahren hier in Heidelberg noch dunkel einen Vorfall in Erinnerung, bei dem beim Maiansingen die erste Strophe des Deutschlandliedes gesungen wurde. Die aktuellen Vorwürfe gegen die ,Normannia’ haben mich also nicht sehr überrascht.“

Wie berichtet, gelangten auch ein Foto aus dem Normannenhaus in die Öffentlichkeit, das drei Männer zeigte, von denen einer einen „Hitlergruß“ zeigte. Herrgen äußerte sich auch zum Straftatbestand „Verwenden von Kennzeichen verfassungswqidriger Organisationen“: Dieser Straftatbestand habe genau definierte Voraussetzungen - beim Zeigen des Hitlergrußes komme eine Strafbarkeit in Betracht, wenn die Handlung in der Öffentlichkeit oder im Rahmen einer Versammlung stattgefunden hat. „Einen Hitlergruß in einem Verbindungshaus zu zeigen, wird im Zweifel erst einmal nicht öffentlich sein. Und dann stellt sich die Frage, ob das Treffen dort eine Versammlung im Sinne des Gesetzes war. Ohne dem Ergebnis unserer Prüfung vorgreifen zu wollen, das noch nicht feststeht: Manchmal müssen wir aus Rechtsgründen Verfahren einstellen, so dass ein Nicht-Jurist vielleicht den Eindruck bekommt, dass wir die Tat nicht verfolgen wollen.“

Dabei gelte ganz generell: „Nicht alles, was abstoßend ist, ist auch strafbar. Bei einem privaten Treffen in kleiner Runde einen Hitlergruß zu entbieten, wird nicht strafbar sein, so abstoßend ich das finde.“

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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