Dauerstreit

„Fauler Pelz“ in Heidelberg bald vor Gericht?

Die Stadt Heidelberg will weiter verhindern, dass das Land im ehemaligen Gefängnis "Fauler Pelz" Maßregelvollzug für suchtkranke Strafgefangene stattfindet. Eine erste gerichtliche Auseinandersetzung droht.

Von 
Bernhard Zinke
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Wie wird der „Faule Pelz“ in Heidelberg künftig genutzt? Die Fronten zwischen Stadt, Land und Regierungspräsidium sind verhärtet. © Philipp Rothe

Heidelberg. Im Streit um die künftige Nutzung des ehemaligen Heidelberger Gefängnisses „Fauler Pelz“ bleiben die Fronten hart. Die Stadt kämpft mit allen juristischen Mitteln gegen einen vom Land avisierten Maßregelvollzug. Nach dem Besuch von Vertretern des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe in der jüngsten Sitzung des Heidelberger Stadtentwicklungs- und Bauausschusses am Dienstagabend ist eine Auseinandersetzung vor Gericht wohl kaum noch zu vermeiden.

Wie in der Ausschusssitzung sehr deutlich wurde, unterstützt das RP die Pläne des Sozialministeriums, wonach suchtkranke Straftäter hier als erste Station in ihrem Maßregelvollzug untergebracht werden sollen. Diese Nutzung des historischen Gebäudekomplexes am Rande der Heidelberger Altstadt soll befristet für maximal drei Jahre stattfinden. Stadt und Universität wollen dagegen Teile der Geisteswissenschaften im „Faulen Pelz“ unterbringen und haben ihre Zweifel daran, dass das Projekt angesichts eines Umbaus für elf Millionen Euro nur auf drei Jahre angelegt sein soll. Beim Ankunftszentrum auf PHV hat die Stadt entsprechende Erfahrungen mit dem Land gemacht. Auch dieses sollte nur temporär errichtet werden, verhindert aber bis heute die Entwicklung des neuen Stadtteils.

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Straftäter vorzeitig entlassen

Nun hat das RP sehr deutlich signalisiert, dass es die Argumente des Sozialministeriums stützt. Es bestehe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, weil es im Land gar nicht genügend Platz gebe, um die suchtkranken Straftäter unterzubringen, erläuterte der Chef des Baureferats im RP, Matthias Burkard, im Ausschuss. Alleine in diesem Jahr hätten 17 Täter wegen Platzmangels vorzeitig entlassen werden müssen. Im Jahr zuvor waren es 30. Es gebe keine Alternativen, man habe intensiv geprüft. In der juristischen Bewertung des RP schlägt also die öffentliche Sicherheit die kommunale Planungshoheit.

Der Gemeinderat hatte in seiner jüngsten Sitzung am 2. Juni beschlossen, den Bauantrag des Sozialministerium zur Herrichtung des „Faulen Pelz“ um ein Jahr zurückzustellen. Gegen diesen Beschluss hatte das Ministerium Widerspruch beim RP als Aufsichtsbehörde eingelegt. Der Gemeinderat hat die Stadtverwaltung damals allerdings schon vorausschauend munitioniert: Sollte das RP der Auffassung des Ministeriums folgen, solle die Verwaltung Rechtsmittel dagegen prüfen und im Zweifel gegen die Entscheidung klagen, so der Auftrag der Kommunalpolitiker an die Stadtverwaltung.

Stadtsprecher Timm Herre macht indessen klar, worum es bei diesem juristischen Streit geht. Prozessgegner ist nicht das Sozialministerium, sondern das Regierungspräsidium. Es gehe nicht um inhaltliche Fragen im Zusammenhang mit der Nutzung des Gefängnisses, sondern zunächst nur um die Verletzung der Planungshoheit der Stadt. „Die inhaltliche Prüfung des Bauantrags bleibt ausdrücklich bei der Stadt Heidelberg“, betont Herre.

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Neuer Vertragsentwurf

Unterdessen hat sich Minister Lucha nochmals schriftlich an Oberbürgermeister Eckart Würzner und die Gemeinderäte gewandt und unterbreitet einen weiteren Vorschlag für einen Vertrag, um die Kuh vom Eis zu bekommen. Eine erste Version hatten die Kommunalpolitiker vor knapp einem Monat entrüstet zurückgewiesen. „Im Blick auf die Wichtigkeit und Bedeutung der Angelegenheit wäre es uns weiterhin wichtig, die Blockade vor Ort aufzulösen und eine einvernehmliche Lösung mit der Stadt Heidelberg zu finden“, schreibt Lucha. Der überarbeitete Vertragsentwurf solle ein klares Signal in Richtung Verständigung sein. In dem Entwurf steht bereits in der Präambel festgeschrieben, dass die Nutzung des „Faulen Pelz“ für den Maßregelvollzug nicht über den 30. Juni 2025 hinaus genutzt werden solle. Außerdem sichert das Land laut diesem Entwurf umfassende und zügige planerische sowie finanzielle Unterstützung beim Umbau des alten Gefängnisses für universitäre Zwecke zu.

Darüber hinaus nimmt sich das Land selbst in die Pflicht und erlegt sich eine Vertragsstrafe auf für den Fall, dass es den Faulen Pelz nicht rechtzeitig räumt. Die Höhe der Strafe steht in dem Entwurf allerdings noch nicht drin. „Darüber sollten wir uns im Verhandlungswege verständigen“, schreibt Lucha.

Der Brief des Ministers ist erst am Montag im Rathaus eingetroffen. „Ob der Vertragsentwurf eine geeignete Grundlage für weitere Verhandlungen mit dem Sozialministerium darstellt und geeignet sein kann, rechtliche Auseinandersetzungen abzuwenden, wird die Verwaltung prüfen und mit dem Gemeinderat besprechen“, hieß es am Mittwoch dazu bei der Stadt.

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