Heidelberg. Bei Quidditch denken viele zunächst an Teilnehmer, die beim Wettkampf durch die Lüfte fliegen. Schließlich hat die Sportart ihre Wurzeln in der Buchserie „Harry Potter“. Doch der Zauberlehrling aus Hogwarts ist mit den Jahren immer mehr in den Hintergrund gerückt und Quidditch hat sich zu einer eigenständigem Vollkontaktsportart weiterentwickelt.
Beim European Quidditch Cup kämpfen 32 Teams aus sieben Ländern um den Sieg. Ausrichter und erstmalig Teilnehmer sind die Heidelberger Hellhounds mit Unterstützung des Hockey-Vereins Heidelberg sowie den Rugby-Vereinen HRK und RGH aber auch der Stadt, so erster Vereinsvorsitzender Pierre Allard.
Auf dem Fritz-Grunebaum-Sportpark am Harbigweg geht es am Samstag und Sonntag heiß her. Weder Regen, noch Wind oder stechende Sonne können die internationalen Sportler davon abhalten, auf dem Spielfeld alles zu geben. Geflogen wird hier natürlich nicht, dafür sprinten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem Besenstil zwischen den Beinen über das Feld. Und auch wenn es zahlreiche Regeln gibt, die auf den ersten Blick verwirrend erscheinen, wird schnell klar: Hier steht sportlicher Wettkampf, aber auch Kameradschaft im Vordergrund.
Internationale Teams in Heidelberg
Nachdem die Gastgeber die Velociraptors aus England geschlagen haben, kämpfen sie nun gegen die Paris Titans, einen der Favoriten des Turniers. „Auf geht’s Hundis, auf geht’s“, rufen die Fans am Spielfeldrand und feuern ihre Mannschaft an. Wer wissen möchte, auf welcher Position die einzelnen Spieler im Einsatz sind, müsse nur einen Blick auf die Farbe der Stirnbänder werfen, sagt Luca Blicker, der bis zu seinem Umzug selbst bei den Heidelberger Hellhounds gespielt hatte und an diesem Wochenende als Zuschauer dabei ist.
Seeker erkenne man am gelben Headband während Keeper ein grünes Tragen. Zudem mischen auch Chaser, Beater und Bludger das Match auf. Jäger und Hüter werfen Tore mit der Quaffel, einem Volleyball, während Bludger-Bälle zum Werfen von Toren genutzt werden.
Eine besondere Aufgabe hat der Schnatz, der in der 17. Minute als gelbgekleidete Person das Spielfeld betritt. Die Seeker müssen versuchen, an seine Schnatz-Socke zu kommen und ihm den darin enthaltenen Tennisball zu entwenden. Blicker lobt unter anderem, dass die Teams gemischt sind und auch non-binäre Personen ausdrücklich ihren Platz haben, Quidditch also eine integrative Komponente hat. In den USA wurde der Name inzwischen zu Quadball geändert. Das liegt einerseits an den transfeindlichen Aussagen von „Harry Potter“-Autorin J.K. Rowling, von denen man sich distanzieren möchte, andererseits am Copyright, erklärt Blicker. In Europa wird der Begriff Quidditch aktuell noch genutzt.
Untereinander befreundet
Philipp und Maxime sind zum ersten Mal als Zuschauer dabei. „Es ist total spannend“, lobt der Heidelberger. Bastien und Antoine verfolgen das Match ebenfalls mit. Während Antoine dieses Mal aufgrund einer Verletzung lediglich als Unterstützer seines Teams, den Paris Frog Quiddditch dabei ist, geht Bastien als Beater aufs Feld.
Die beiden Franzosen schätzen am Quidditch neben der sportlichen Note auch den Teamgeist innerhalb der Gruppe und dass die Community gut miteinander befreundet ist. Das zeigt sich auch durch den Umgang zwischen den Heidelberger Hellhounds und den Paris Titans nachdem die Franzosen als Sieger vom Feld gehen. Die Kontrahenten scherzen und plaudern gut gelaunt miteinander, obwohl sie vor kurzem noch gegeneinander um Ruhm und Ehre gekämpft haben.
Unter Zuschauern entstehen Freundschaften
„Wir sind zufrieden mit unserer Leistung“, sagt Allard, bevor sich die Mannschaft mental und körperlich für die nächste Begegnung fit macht. „Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren und zu Kräften kommen.“ Traubenzucker helfe dabei, verrät er und lächelt.
Auch Marco Ziegaus, der als Keeper angetreten ist, strahlt viel Ruhe aus. Der 29-Jährige ist als Student vor siebeneinhalb Jahren zu seinem Sport gekommen, als er für einen Beitrag des SWR im Fokus stand. Die Redakteurin wollte für ihren Beitrag über den Unialltag auch Quidditch thematisieren und so probierte der ehemalige Fußballer den Sport aus – und blieb hängen. Seit Sommer 2021 trainiert er auch die Quidditch-Nationalmannschaft. Die Hellhounds hoffen, sich für die Upper Bracket zu qualifizieren, bei der es in der K.O.-Runde die Chance gibt, an die Tabellenspitze zu kommen.
Fran, Abbie und Duarte sind aus dem englischen Leeds angereist, um die Olympians zu unterstützen. Sie finden es toll, dass unter den Zuschauern aus aller Welt viele Freundschaften entstehen. Julie und Tobias aus Norwegen warten auf ihren Einsatz. „Ich habe mit Quidditch angefangen, weil das Spiel so kurios und seltsam ist“, sagt er. Seine Teamkollegin mag, dass das gute Verhältnis unter den Sportlerinnen und Sportlern. Antonio ist Beater bei der Mannschaft DNA aus Modena und Turin. Bei dem 24-jährigen Italiener läuft es gut. „Wir haben bis jetzt zwei Partien gespielt und beide gewonnen.“ Er schätzt nicht zuletzt die einzigartigen Regeln und die Vielfalt von Quidditch.
Sieger kommen aus Belgien
Annelies, Emile, Lotte und Birgen gehören der zweiten Mannschaft der Ghent Gargoyles aus. Die Belgier loben die Leistung ihrer Teamkollegen auf dem Spielfeld. „Sie haben gut gespielt“, sagt Annelies. „Die Abwehr war super.“ Und auch die Heidelberger Hellhounds feiern alles in allem eine rundum gelungene Premiere.
Den ersten Platz hat schließlich Antwerpen erreicht, zweite sind Werewovels of London geworden während Phoenix den dritten Rang belegt. „Wir habenes letztendlich auf Platz 12 geschafft, das ist für uns eine Wahnsinnsleistung“, sagt Allard. „Unser Ziel war die obere Tabellenhäfte und diesen Ziel haben wir jetzt nochmal übertrumpft, das ist einfach wunderschön und ich bin als Spieler, Trainer und Hundieinfach stolz auf unsere Leistung."
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