Luxusgastronomie

Erstes 2-Sterne-Restaurant der Pfalz: Wie Daniel Schimkowitsch das L.A.Jordan prägt

Vor zehn Jahren begann Daniel Schimkowitsch in Deidesheim. Seither ist im Ketschauer Hof nichts mehr wie es war. Das Geheimnis des Mannes, der als einer der begabtesten Köche seiner Generation gefeiert wird

Von 
Stephan Alfter
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„Ich bin kein Künstler, ich bin Handwerker“. Daniel Schimkowitsch hat das LA Jordan in Deidesheim zu einem Ort höchster Genüsse entwickelt. © kirchgasser Photography

Deidesheim. Im Journalismus ist es wie beim Kochen - Mitbewerber zu zitieren ist eher verpönt. Es gibt aber Ausnahmen. An einer Aussage von Daniel Schimkowitsch in einem Interview mit dem Branchen-Magazin „Meiningers Weinwelt“ kommt man jedenfalls nur schwerlich vorbei, wenn man zum Kern eines der begabtesten Köche Deutschlands vorstoßen möchte. Schimkowitsch, der von sich selbst behauptet, ein fauler Schüler gewesen zu sein, wird am 2. Januar 40 Jahre alt. Seit dem vergangenen Jahr ist er der erste und einzige Zwei-Sterne-Koch in der Pfalz.

Schimkowitschs Arbeitsplatz liegt im Herzen der Weinstraße

Sein Arbeitsplatz liegt im pulsierenden Herzen der Weinstraße. In Deidesheim, 31 Kilometer von Mannheim entfernt, wo Winzerstädtchen und Weinmetropole siamesische Zwillinge sind, führt er das Restaurant L.A. Jordan im Ketschauer Hof seit 2014 zu einer Blüte, die das bieder gehaltene Vorgängermodell namens Freundstück wohl nie erreicht hätte. In unserer Region konkurriert Schimkowitsch mit den Zwei-Sterne-Restaurants Opus V in Mannheim und „sein“ in Karlsruhe. 50 Läden dieser Kategorie gibt es in Deutschland heute.

„Modern, jung, lässig“ - so heißt sein Plan, mit dem der bereits 2010 als Newcomer des Jahres ausgezeichnete Koch im Münchner Restaurant Tramin erste Erfahrungen gemacht hat. Die jetzigen Eigentümer des von Ludwig Andreas Jordan im 18. Jahrhundert wieder errichteten Weinguts ließen ihm dabei in den vergangenen Jahre sehr viel Beinfreiheit.

Eine Offerte an das junge Publikum: Der sogenannte Schimkotisch soll junge Menschen für die Sterne-Gastronomie begeistern. © Robert Dieth

Seine Herkunft aus Fürstenfeldbruck kann der Mann mit den leuchtenden roten Adidas-Schuhen noch immer nicht ganz verbergen, wenn er das „R“ am Anfang des Wortes Restaurant sattsam rollt. Fest steht: Der einstige Berserker aus Oberbayern ist demütiger geworden, seit sich im Frühjahr 2023 die Gourmets der Gastro-Bibel Guide Michelin entschieden haben, „einem der größten Talente seiner Generation“, wie Kritiker urteilten, endlich den zweiten Stern zu geben.

Nach Ermessen von Wegbegleitern und anderen Spitzenköchen hatte ihm dieser schon länger zugestanden. Aber womöglich war der Ruf danach zu laut und Schimkowitsch, der diesem Ziel nach eigenen Worten „wie ein kläffender Hund“ hinterher eilte, selbst etwas zu gierig. Schließlich sei ein Stern nie nur eine Auszeichnung für das Essen selbst, sondern viel mehr eine Konsequenz einer Gesamtentwicklung, sagt L.A.-Jordan-Geschäftsführer Ralf Ole Leidner. Geduld war gefragt.

Verlieren die Inhaber womöglich langsam die Geduld mit mir?
Daniel Schimkowitsch Koch

Wir schreiben das Frühjahr 2022, als sich Schimkowitsch selbst schließlich die Frage stellt, ob er noch auf dem richtigen Weg ist. Erneut wird ihm damals der zweite Stern verwehrt. „Verlieren die Inhaber womöglich langsam die Geduld mit mir“, beschreibt er seinen inneren Monolog angesichts des weiterhin fehlenden nächsten Schritts.

Koch Daniel Schimkowischs Schreie konnte man bis zum Deidesheimer Marktplatz hören

Der damals 37-Jährige, der Single und kinderlos ist, bleibt dran und macht heute kein Geheimnis mehr daraus, dass man ihn früher bis zum Deidesheimer Marktplatz schreien hören konnte, wenn er unzufrieden mit seinen Leuten war. Dieser ungesunde Anflug von Cholerik ist einer Ruhe gewichen, die ihm mancher nicht zugetraut hätte, der ihn von früher kennt.

„In meiner Küche kann man heute eine Nadel fallen hören“, sagt Schimkowitsch über Schimkowitsch. Der ehrgeizige Stürmer und Dränger ist zu einem reflektierten Handwerker gereift, der in den kommenden Jahren mit Kontinuität sogar einem dritten Stern entgegenstreben möchte.

In meiner Küche kann man heute eine Nadel fallen hören
Daniel Schimkowitsch Koch

Die Rotzigkeit von damals - und damit wären wir beim eingangs versprochenen Zitat - ist aber dennoch nicht ganz verloren, wenn er auf die Frage nach vegetarischen und vegangenen Gerichten aus seiner Küche noch immer antwortet: „Vegetarisch und vegan machen wir nicht. Ich bin ein Koch und kein Krankenhaus“. Ist da also doch noch der „tätowierte Asi“, als den ihn einst ein Journalist in „Die Welt“ in der Anfangszeit im L.A. Jordan beschreibt?

Nicht wirklich - allein die Brille, die er jetzt trägt,verleiht diesem Berserker eine neue Reife. Mit seiner Aussage über vegetarisches und veganes Essen schärft er vielmehr das Profil seiner Küche. Und das liegt nunmal zum großen Teil in der perfekten Verarbeitung von Fisch, Fleisch und Krustentieren begründet. Unvergessen unter Kritikern und Konsumenten sind die Langustinen, die er lebend von den Faröer Inseln in seine Küche nach Deidesheim bringen lässt und daraus ein wahres Spektakel macht.

Deidesheim: Schimkowitschs Fanatismus bei der Auswahl der Produkte

Ja, ein wenig Spektakel und möglichst viele Überraschungsmomente will Schimkowitsch seinen Gästen bescheren. Christian Jürgens, einer seiner Lehrmeister, gibt ihm mit auf den Weg, dass er einen eigenen Stil prägen muss, wenn er die höchsten Weihen der Szene erreichen möchte. Was Schimkowitsch also auszeichnet, ist sein veritabler Fanatismus bei der Auswahl der Produkte, die es in dieser Form in Deutschland nur selten gibt.

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Der asiatische Einschlag ist auch in seinem aktuellen Sieben-Gänge-Menü nicht zu übersehen. Für Laien sind es mitunter exotische Begriffe, wenn von Karottenkoshu und Sauce Roiyaru die Rede ist. Für Schimkowitsch ist es die gelungene Verbindung zwischen seiner Art der Zubereitung und den damit einhergehenden sensorischen Wow-Erlebnissen. „Ich möchte etwas erleben, was ich so jetzt nicht erwartet hätte“, sagt er über den eigenen Anspruch bei einem Besuch in einem Restaurant dieser Klasse. So holt er sich Inspirationen unter anderem bei einem Kollegen in New York - ohne ihn zu kopieren.

Dass sich die Klientel, die sich das L.A. Jordan regelmäßig leistet, bei ausbleibendem Wirtschaftswachstum nicht von selbst vermehrt, ist auch Schimkowitsch und Geschäftsführer Leidner nicht entgangen. Immerhin 275 Euro kostet das Sieben-Gänge-Menü inzwischen. Insofern bemüht man sich hier wie andernorts um eine Erweiterung der Zielgruppe. Auserkoren hat man die Hedonisten unter 30.

Mit dem nach dem Koch benannten „Schimkotisch“ macht man ihnen in der Lounge preislich ein Einsteiger-Angebot in die Sterneküche. So kommt es, dass neben dem Koch immer öfter auch Gäste tätowiert sind. „Casual fine Dining“ nennt sich das. Und das hat Schimkowitsch schon damals in München groß gemacht.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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