Heidelberg

Die Integrierte Leitstelle in Heidelberg ist in Betrieb

Von 
Filip Bubenheimer
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In der ILS: Landrat Stefan Dallinger (v.l.), OB Eckart Würzner und Geschäftsführerin Stefanie Heck. © Philipp Rothe

Heidelberg. Niemand in Heidelberg bekommt dringendere Anrufe als die Mitarbeiter der Leitstelle in der Hauptfeuerwache: Wer in Heidelberg und im Rhein-Neckar-Kreis die 112 wählt, landet bei ihnen. Doch wer die Räume der Leitstelle betritt, findet einen ruhigen Ort vor. Disponenten stehen an großen Tischen, geschwungene Monitore schirmen sie ab. Einige sprechen in ihre Headsets, mit normaler Stimme, in routiniertem Ton. Die Ampeln an ihren Plätzen stehen auf Rot: Bitte nicht stören. In der Hauptfeuerwache befindet sich seit 4. April einer von zwei Standorten der Integrierten Leitstelle (ILS) für Heidelberg und den Rhein-Neckar-Kreis – der andere ist in Ladenburg.

Integriert heißt: Eine einzige Leitstelle kümmert sich um Notrufe für Feuerwehr und Rettungsdienst. Bisher war die Leitstelle in Heidelberg nur für Einsätze der städtischen Feuerwehr zuständig. Nun wurde sie für 3,8 Millionen Euro neu ausgestattet, um mit dem Ladenburger Standort ein Tandem zu bilden – und zwar vollständig redundant: Fällt einer der Standorte aus, übernimmt der andere. Dafür wird bis Jahresende der Standort Ladenburg renoviert und mit neuer Technik ausgestattet.

Geschichte der Leitstellen in der Region

  • 2014 – 2020: Die Leitstelle in Ladenburg disponiert alle Rettungsdiensteinsätze in Mannheim, Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis, außerdem Feuerwehreinsätze im Rhein-Neckar-Kreis. Die Stadt Mannheim drängt aber auf eine eigene Leitstelle – sie verspricht sich davon schnellere Einsätze, bessere Ortskenntnis und mehr städtische Kontrolle.
  • April 2020: Das Mannheimer Drängen hat Erfolg: Eine eigene Integrierte Leitstelle (ILS) in der Mannheimer Hauptfeuerwache geht in Betrieb – für Feuerwehr und Rettungsdienst in der Stadt.
  • Nach dem Ausscheiden Mannheims machen Heidelberg und der Rhein-Neckar-Kreis alleine weiter und beginnen das Projekt einer ILS an den zwei Standorten in Ladenburg und Heidelberg.

„Für uns ist das ein sehr besonderer Moment“, sagt Stefanie Heck, Geschäftsführerin der Integrierten Leitstelle, beim Termin in der Hauptfeuerwache am Mittwoch. Die Neugestaltung und der Umzug der Leitstelle seien eine große Herausforderung gewesen, nicht zuletzt für die 56 Mitarbeiter – ihnen spricht Heck großen Dank aus.

Keine Kirchturmpolitik

Auch Heidelbergs Oberbürgermeister Eckard Würzner und Stefan Dallinger, der Landrat des Rhein-Neckar-Kreises, sind in die Hauptfeuerwache gekommen. Die Stadt und der Landkreis sind, zusammen mit dem Kreisverband Rhein-Neckar des Roten Kreuzes, die Träger der Integrierten Leitstelle. Würzner und Dallinger loben die Zusammenarbeit – „Kirchturmpolitik“, sagt Würzner, sei hier nicht sinnvoll.

Mit der neuen Technik will Stefanie Heck nun „noch verlässlicher und schneller Hilfe entsenden“. Im vergangenen Jahr hat die ILS in Ladenburg 450 000 Anrufe beantwortet, 108 000 Einsätze des Rettungsdiensts und 4500 Einsätze der Feuerwehr disponiert. Dabei war sie laut Heck „einen Tick“ schneller als der Landesdurchschnitt: Sechs Sekunden dauerte es im Schnitt, bis Mitarbeiter der Leitstelle einen Notruf annahmen; zwei Minuten und sieben Sekunden später alarmierten sie Rettungsdienst oder Feuerwehr.

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Schichtführer in der Leitstelle ist am Mittwochmittag Simon Kurras. Die Ampel an seinem Tisch leuchtet gerade grün – er ist nicht im Gespräch. „Das System ist etwas schneller geworden, und die Monitore sind viel übersichtlicher“, beschreibt er die Vorteile der neuen Technik. Auf seinen vier Bildschirmen sieht er neben einer Landkarte Tabellen mit den verfügbaren Fahrzeugen, außerdem die laufenden und „vorbestellten“ Einsätze. Eine große Videowand zeigt, je nach Bedarf, Live-Bilder von verschiedenen Kameras, zum Beispiel aus Tunneln.

Zwei so dicht miteinander vernetzte, redundante Standorte wie in Ladenburg und Heidelberg gebe es bisher in Baden-Württemberg nicht, sagt Stefanie Heck. „Auch während eines Einsatzes besteht die Möglichkeit, den Standort zu schwenken.“ Dafür wurden die Standorte per Glasfaser verbunden. Man sei so gut vernetzt, als säßen die Ladenburger „im Zimmer nebenan“, drückt es Maximilian Uhlemann von der Heidelberger Feuerwehr aus.

Näher gelegenen Rettungswagen anfordern

Auch mit den Leitstellen der Nachbarregionen steht die Leitstelle Heidelberg/Rhein-Neckar in Verbindung. Disponenten können den Standort von Fahrzeugen in den benachbarten Rettungsdienstbereichen sehen und so zum Beispiel einen näher gelegenen Rettungswagen anfordern – nach Absprache. Aktuell geschieht das noch per Telefon. In Zukunft solle es dafür aber eine Software geben, sagt Dirk Kühnberger, der organisatorische Leiter.

Technisch ist die Leitstelle gerüstet, aber Herausforderungen bleiben. Würzner und Heck kommen auf einen Dauerbrenner zu sprechen: Viele Anrufe sind keine Notfälle. „Bei uns bleibt als Sammelbecken vieles hängen, was in andere Hände gehört“, sagt Heck, „zum Beispiel wegen der schwierigen hausärztlichen Versorgung im ländlichen Raum“. Außerdem würde Heck gerne weitere Mitarbeiter einstellen. „Die größte Herausforderung ist es, Personal zu gewinnen und Personal zu halten“, sagt sie.

Immerhin: Das neue Miteinander von Leitstellen-Mitarbeitern und Feuerwehrleuten unter einem Dach gedeiht offenbar. Laut Heck kochen die Feuerwehrleute bereits für die Disponenten der Leitstelle mit – „wir fühlen uns hier wohl“.

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