Nahverkehr

Busse und Bahnen in Heidelberg: Drei Euro fürs Monatsticket

Stellt der Heidelberger Gemeinderat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause die Weichen für ein neues ÖPNV-Ticket, das Jugendlichen, Senioren und Haushalten mit wenig Geld den Einstieg in Bus und Bahn günstiger macht?

Von 
Michaela Roßner
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Die Diskussion um einen Gratis-ÖPNV geht in Heidelberg weiter. Jugendliche, Senioren und Geringverdienende sollen profitieren. © Philipp Rothe

Heidelberg. Stellt der Heidelberger Gemeinderat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause die Weichen für ein neues ÖPNV-Ticket, das besonders Jugendlichen, Senioren und Haushalten mit wenig Geld den Einstieg in Bus und Bahn günstiger macht? Für Tagesordnungspunkt 16 gibt es einen gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, Die Heidelberger, FDP, Linke, Einzel-Stadtrat Waseem Butt sowie Bündnis 90/Grünen. Er sieht vor, dass Schüler bis zu 21 Jahren für ein Monatsticket nur noch drei Euro zahlen müssen. Alle über 60-Jährigen sowie Familien mit geringerem Einkommen (Inhaber Heidelberg Pass) sollen ebenfalls deutlich günstiger zum Abonnement kommen als bisher.
Das Neun-Euro-Monatsticket für den ÖPNV wird bundesweit als Erfolg gefeiert: Seit Juni und noch bis Ende August kann man damit ohne Limit in ganz Deutschland im Nahverkehr unterwegs sein. Heidelberg geht seit Jahresbeginn einen eigenen Weg, um mehr Menschen zum Umsteigen auf Bus und Bahn im Stadtgebiet zu bewegen. Nach einem Pilotversuch im Frühjahr einigten sich die Gemeinderatsfraktionen auf Initiative der Sozialdemokraten für den von Oberbürgermeister Eckart Würzner eingeschlagenen Weg zu einer stufenweisen Ausweitung von Vergünstigungen.

Gratis-ÖPNV-Test

Der Heidelberger Gemeinderat hatte im Februar 2022 für einen kostenlosen ÖPNV an vier Test-Samstagen im Frühjahr gestimmt.
Stadt und Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) zogen danach eine positive Bilanz: Durchschnittlich 15 Prozent mehr Fahrgäste waren in Bus und Bahn eingestiegen.
Während an den vier Samstagen davor durchschnittlich 67 000 Menschen in Heidelberg mit Bus und Bahn unterwegs gewesen waren, waren es an den vier Gratis-Samstagen 78 000 gewesen. miro


Die Signale stehen auf Grün: In der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gab es eine breite Mehrheit. Die Vergünstigungen sollen ab Herbst greifen: Schüler bis 21 Jahren sollen für ihr Monatsticket nur noch drei Euro zahlen, Senioren für die Karte „60 plus“ 200 Euro weniger (bisher 656,20 Euro).
Zuvor hatte der Klima-Ausschuss des Heidelberger Gemeinderats noch kostenlose Fahrten für Kinder und Jugendliche sowie eine deutliche Reduzierung des Ticketpreises für Senioren abgelehnt. Stadtchef Eckart Würzner wollte das Thema dennoch weiterverfolgen: „Das dient sowohl dem Klimaschutz als auch der sozialen Gerechtigkeit“, betonte er. Vorbild für den stufenweise eingeführten kostenlosen ÖPNV in Heidelberg waren die Erfahrungen, die die Partnerstadt Montpellier in Südfrankreich damit gemacht hat. Dort haben Jugendliche unter 18 Jahre und Senioren bereits freie Fahrt durch die Stadt.
Mehr Zulauf in der Innenstadt

Durchschnittlich 15 Prozent mehr Fahrgäste waren an vier Test-Samstagen mit Gratis-ÖPNV in Heidelberg im Frühjahr in Bus und Bahn eingestiegen. Während an vier Samstagen davor im Schnitt 67 000 Menschen mit Bus und Bahn unterwegs waren, waren es nun 78 000 gewesen, wie die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) mit Fahrgastzählern und Hochrechnungen ermittelt hat. Im Rest des Verkehrsgebiets hatte es einen solchen Anstieg nicht gegeben.
Das Gratis-Ticket brachte der Innenstadt mehr Zulauf: Am Eingang der Heidelberger Hauptstraße waren durchschnittlich 6,5 Prozent mehr Passanten gezählt worden, teilte die Stadtverwaltung mit.

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In einem nächsten Schritt sollte nun Menschen bis 18 Jahren ein kostenloses Ticket angeboten werden. Doch dieses Konzept hatte vor allem die Grünen-Fraktion bislang nicht überzeugt. „Verkehrspolitisch und aus Klimaschutzgründen reicht es nicht aus, lediglich die Tarifstruktur zu verändern, und dies auch nur für einen Teil der Bevölkerung, um sie für den Umstieg auf den ÖPNV zu begeistern“, hieß es in einer Pressemitteilung.
Dennoch beteiligt sich die Grünen-Fraktion nun an dem parteiübergreifenden Antrag für ein Entlastungspaket, um mehr Menschen zur Nutzung des ÖPNV zu bewegen: „Die Fraktion hat sich zu diesem Schritt entschlossen, um in einem großen, parteiübergreifenden Konsens neue Wege der Mobilitätswende für Heidelberg auszuloten“, hieß es Anfang Juli.
Heidelberg geht eigenen Weg

Steigende Inflation, höhere Lebenshaltungs- und Energiekosten: „Vor dem Hintergrund war für die SPD-Fraktion klar, mit spürbaren Vergünstigung des ÖPNV können wir als Stadt einen Beitrag leisten. Außerdem sollte ein möglichst großer Nutzeranteil, der es dringend notwendig hat, erreicht werden. Das sind die Kinder, Jugendlichen und Schülerinnen, Seniorinnen sowie Berechtigte für den Heidelberg-Pass und Heidelberg-Pass+. Der Vorschlag der Verwaltung sah hier zu viele Einschränkungen vor“, begründet SPD-Fraktionschefin Anke Schuster.
Deshalb habe die SPD-Fraktion den Nutzerkreis von unter 18-Jährigen auf bis zu 21-Jährige erweitert und alle Berechtigten des Heidelberg-Passes (plus) eingeschlossen. „Die angesprochene Entlastung für Familien wird durch ein Jahresticket für Kinder und Jugendliche und für Schülerinnen und Schüler erreicht. Der Betrag von drei Euro im Monat ist eine erhebliche Vergünstigung, gleichzeitig ermöglicht dieser ,Solidarbeitrag’, dass ein weiterer Kreis berücksichtigt wird – und dass eine haarscharfe Abrechnung mit dem VRN möglich ist“, erklären Schuster und die Fraktionsvorsitzende der Heidelberger, Larissa Winter-Horn.
Mit dem Drei-Euro-Ticket ginge Heidelberg einen eigenen Weg. Bundesweit wird gerade über ein Nahverkehrsticket für 69 Euro diskutiert.
 

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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