Tierschutz

Bark Date in Heidelberg: Speed-Dating zwischen Mensch und Hund

Das erste Beschnuppern zählt – und wenn alles passt, findet vielleicht ein Hund aus dem Tierheim ein neues Zuhause. Ein Besuch beim Bark Date in Heidelberg.

Von 
Joachim Klaehn
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Viel Sympathie für und Interesse an den Hunden, die beim „Bark Date“ vermittelt werden sollen, zeigen die Besucher auf der Wiese in Rohrbach Süd. © Philipp Rothe

Heidelberg. Inka Weinbrenner und Barbara Strate sind zum zweiten Bark-Date-Meeting auf die Hundewiese im Süden von Rohrbach zurückgekehrt. Mit dem eineinhalbjährigen Rüden Tobi an der Leine, der sie bei der Heidelberger Premierenveranstaltung im vergangenen Mai mit seinem Charakter erobert hatte. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, erzählt Rentnerin Barbara Strate, die sich Tobis Betreuung mit ihrer berufstätigen Freundin Inka Weinbrenner in zwei unterschiedlichen Wohnungen teilt. Alle Drei haben viel Freude aneinander, das ist deutlich zu spüren. „Tobi weiß halt, dass er ein hübsches Kerlchen ist“, sagen sie unisono und schmunzeln dabei, „aber er muss auch wissen, wer der Boss ist.“

Erfolgsstory: Inka Weinbrenner (l.) und Barbara Strate aus Schriesheim haben Rüde Tobi beim ersten Bark Date Ende Mai in Heidelberg kennengelernt. Inzwischen ist das Trio ein harmonisches Team. © Joachim Klaehn

Tobi kam aus Rumänien über die Tierschutzorganisation „Paws of love“ zu einer Pflegestelle am Kaiserstuhl, wo er drei Wochen verbrachte. „Wir können Paws of love nur weiterempfehlen“, sagt Inka Weinbrenner, „wir waren positiv überrascht, dass die Vermittlung so gewissenhaft gemacht wird.“

Vom Ausfüllen eines Fragebogens, über Vorgespräch und Hausbesuch in Schriesheim bis hin zu einem Schutzvertrag und der Erhebung einer Schutzgebühr – das Konzept der offenen Plattform Bark Date sowie den jeweils angeschlossenen Tierschutzvereinen hat die zwei Tobi-Besitzerinnen (Eigentümerin bleibt für sechs Monate der Tierschutz) überzeugt. Die Organisation habe nach ihrer Abholung von Tobi in Endingen Mitte Juni den Kontakt gehalten, immer wieder nachgefragt, ob sie klarkämen und signalisiert, dass sie sich jederzeit melden könnten.

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Mischling Tobi – kirgisischer Hütehund, viel Schäferhund und belgisch-französischer Bichon Frisé seien drin – ist zuweilen zu zugewandt, fröhlich und selbstbewusst. Weinbrenner und Strate haben Sorgfalt walten sowie einen DNA-Test machen lassen, ein Antigiftköder-Training absolviert und sind mit der putzmunteren Fellnase in der Hundeschule. Nach vier Monaten Zusammensein mit dem beliebten Familienhund bestimmen Dankbarkeit, Gelassenheit und Humor die Szenerie. „Tobi ist auch sehr lernwillig und echt goldig. Und er passt auf seine beiden Frauchen auf“, sagen die beiden Schriesheimerinnen.

Neben all den Regeln zählt vor allem das Bauchgefühl

Szenenwechsel, Stationswechsel: Turka ist beim Bark Date mit dem typisch-roten Halstuch und der Aufschrift „Adopt me“ dabei. Jessica aus Karlsruhe vom „Tierschutzverein Europa“ hat sie nach Heidelberg begleitet. Turka gehört zur Rasse der „Podenco Andaluz“, ist elf Jahre alt und eine lebenslustige Hündin. Tragisch: Sie hatte ein Zuhause in Spanien, doch ihr Besitzer konnte wegen einer psychischen Erkrankung nicht mehr für sie sorgen. So kam Turka vorübergehend ins Tierheim Villena und von dort ab Juni zur Pflegestelle in die Fächerstadt. „Ich dachte, da findet sich bestimmt niemand. Aber falls sie ein gutes Zuhause finden sollte, dann darf sie gehen“, berichtet Jessica, eine erfahrene Hundehalterin und Tierschützerin, über ihre gedämpfte Erwartungshaltung und ambivalenten Gefühle.

Derweil entwickelt sich eine emotionale Begegnung zwischen Turka und Birgit. Die Mannheimerin erzählt, dass sie schon länger Interesse an einem tierischen Gefährten gehabt habe. „Ich bin absolute Hundeanfängerin“, gibt Birgit zu. Birgit kuschelt mit der unkomplizierten Hündin Turka. Alles gebongt? Eine Direktmitnahme eines Tieres ist bei Bark Date nicht möglich, aber Jessica und Birgit verabreden sich zeitnah in Mannheim.

Dieser Hund hat gleich drei Interessentinnen um sich herum. © Philipp Rothe

Sowohl die temporäre Hundepflegerin als auch die potenzielle Besitzerin eines Tierschutzhundes haben „ein rundum gutes Bauchgefühl“. Wahrscheinlich ist dies neben den Regularien sogar das Allerwichtigste. „Ich habe Bark Date überhaupt nicht gekannt“, sagt Jessica, „doch ich finde das Format prima, weil der mitgebrachte Hund sofort auf den Menschen trifft und dieser Erstkontakt nicht anonym übers Internet erfolgt.“

600 Hunde hat die Initiative bereits vermittelt

Direkte Begegnungen und persönliche Interaktionen entsprechen exakt der propagierten Philosophie: Bark Date ist die Antwort auf unzählige, diffuse Internetportale und auch auf Vorurteile, die gegenüber Tierschutzhunden im Netz existieren. Die Dachorganisation sitzt in Köln, weil Tierärztin und „Erfinderin“ Lisa Williamson nach einem Spaziergang mit Hund samt rotem Erkennungshalstuch prompt vom Erfolg des Konzepts überzeugt war. Seit Dezember 2023 existiert Bark Date, zuerst in Deutschland, dann in Österreich. Insgesamt sind es 25 Standorte. Bis dato wurden bei rund 65 Terminen über 600 Fellnasen von 1.500 präsentierten Hunden vermittelt.

„Wir schaffen mit Bark Date einfach mehr Sichtbarkeit. Im Tierheim geht ja jeder Hund unter“, sagt Paul Kranz vom lokalen Organisationsteam, das neben ihm aus seiner Frau Sabrina (beide Worms), den Zwillingen Vanessa und Karina Walter (Mutterstadt), Jana Maier (Mannheim) und der Tierärztin Viviana Grajales (Leutershausen) besteht. Das zweistündige Speed-Dating läuft durchdacht und reibungslos ab. 200 Besucherinnen und Besucher verschaffen sich ein genaues Bild auf der weitläufigen, 6.000 Quadratmeter großen Hundewiese der Stadt Heidelberg. Plakate mit Spielregeln („How to Bark“), Fotos mit QR-Codes und Informationen über die 25 anwesenden Tierschutzhunde zeugen von hoher Professionalität des ausnahmslos ehrenamtlich tätigen Helferteams.

Diese Hündin kann ihr Halstuch „Adopt Me“ gleich abgenommen bekommen - sie hat schon ein neues Frauchen gefunden. © Philipp Rothe

Keine Frage: Bark Date, aber gerade auch das Ausrichter-Sextett aus der Metropolregion, schaffen einen entspannt-öffentlichen Rahmen und tragen somit signifikant zu einer modernen gesellschaftlichen Wahrnehmung des Tierschutzes bei. Die Dachorganisation in Köln zählt inzwischen knapp 29.000 Follower bei Instagram. Sabrina Kranz pflegt zudem einen eigenen Instagram-Account namens „4glueckspfoten“, den sie mit Herzblut betreibt. Sie schreibt regelmäßig verschiedene Tierschutz-Organisationen an, um sie von der Bark-Date-Mission zu überzeugen. Die Wormser Familie Kranz ist mit zwei Kindern, den aktuellen Pflegenasen Merci und Louise, zwei eigenen Hunden und fünf Katzen ohnehin ein Phänomen. „Wir werden schon gefragt, wie wir das alles machen“, erzählt Paul Kranz grinsend.

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