Rhein-Neckar. Dieses Thema wird die Metropolregion noch Jahre beschäftigen und immer wieder für Protest sorgen. Die Suche nach einer zweigleisigen Bahnstrecke, auf der zwischen Mannheim und Karlsruhe riesige Mengen an Industriegütern transportiert werden können, geht in die Endphase.
Links und rechts des Rheins wappnen sich Städte und Gemeinden, sie engagieren Anwälte sowie Verkehrsexperten und geben Gutachten in Auftrag, um zu verhindern, dass ihnen die in enger Taktung fahrenden Züge auf neu zu verlegenden Gleisen zu sehr auf die Pelle rücken. Prognosen gehen von bis zu 350 Zügen pro Tag aus.
15 Kilometer langer Tunnel unter Rhein und Neckar?
Die Deutsche Bahn lässt sich bisher kaum in die Karten schauen, welche Präferenzen sie beim Neu- und Ausbau der Schienenverbindung hat. Aber fest steht schon jetzt: Ohne Eingriffe in bestehende Landschaften, ohne Versiegelung, ohne Lärm und ohne einige weitere Belastungen für Tier und Mensch ist eine solche Trassenplanung in der Rheinebene nicht möglich. Es geht auch um die Verlagerung von Warentransporten von der Straße auf die Schiene - ein Ziel, das in den vergangenen Jahren in Klimaschutzdebatten immer wieder konkret formuliert wurde. Nur will kaum jemand die Schienen direkt vor seiner Haustüre.
Die Bahn stellt in öffentlichen Auftritten zu dieser Problematik immer voran, dass die Verbindung zwischen Karlsruhe und Mannheim zu den wichtigsten in Europa gehöre. Der sogenannte Mittelrhein-Korridor sei der Lückenschluss zwischen den Regionen und den Hochseehäfen Rotterdam und Genua. Von den Transporten profitierten Menschen überall auf der Welt, aber auch die Wirtschaftsstandorte im Raum Mannheim, Ludwigshafen und Karlsruhe.
Wie groß der Bedarf für die neue Strecke zu sein scheint, wird spätestens dann deutlich, wenn man sieht, dass für eine linksrheinisch verlaufende Trasse sogar der Bau eines 15 Kilometer langen Tunnels erwogen wird, der von Mannheim-Waldhof aus unter Rhein und Neckar hindurch führt und erst im Ludwigshafener Süden wieder an die Oberfläche tritt.
Um in der Folge dann gleich mehrere Naturschutz- und FFH-Gebiete zu „zerschneiden“, wie Gegner es formulieren. Ein weiterer Aspekt, der diese Route teuer macht: In Römerberg, weniger Kilometer südliche von Speyer, müsste ein weiterer fünf Kilometer langer Tunnel unter dem Rhein hindurch entstehen, um die Trasse dann ab Philippsburg und Huttenheim wieder rechtsrheinisch Richtung Karlsruhe zu führen.
Bürgerinitiative formiert sich
In der Pfalz herrscht gerade etwas Hektik. Eine Bürgerinitiative aus Limburgerhof (BI David) ist die Eizelle einer sich nun formierenden Bewegung, die sich in den vergangenen drei Wochen nach Speyer und Römerberg fortgepflanzt hat. Als Sprecher fungiert Volker Ziesling, der schon aus anderen Bürgerinitiativen in der Domstadt bekannt ist. Das Ziel heißt hier: „Keine Schwerlasttrasse durch die Vorderpfalz.“ Darauf schwor man sich in den vergangenen Tagen bei einem Treffen in Speyer mit rund 50 Anwesenden ein.
Waren es anfangs Dutzende Linienvarianten, die in den vergangenen knapp vier Jahren im „Katalog“ der Deutschen Bahn denkbar schienen, so sind es nach Zieslings Ansicht aktuell nur noch drei - objektiv gesehen aber noch acht. Weil es sechs theoretische Optionen rechtsrheinisch gibt. Dass zwei von acht direkt am apostrophierten Gemüsegarten Deutschlands und an Naherholungsgebieten vorbeiführen, lässt Ziesling von einem „Schildbürgerstreich“ sprechen.
Auf Anfrage bei den Verwaltungsspitzen von Limburgerhof, Otterstadt, Waldsee, Speyer und Römerberg ist der Ton etwas gemäßigter, aber nicht weniger eindeutig. Es gebe mehrere Faktoren, die enorme Zweifel an der Sinnhaftigkeit aufwerfen, sagt etwa Andreas Poignée, Bürgermeister in Limburgerhof. Dort würden die Bahnen dann quasi wieder oberirdisch fahren.
Aus Sicht der Gemeinde sei der Bau eines Troges, also einer Bahntrasse, die aussieht wie ein Tunnel, aber oben offen ist, wenig sinnvoll. Poignée sagt: „Die Linienvarianten zerschneiden Hochwasserschutzmaßnahmen.“ Man arbeite eng mit der Bürgerinitiative David zusammen, lässt Poignée wissen.
„Bahn hat eingeschränkte Sicht“
Seine Amtskollegen in den südlicheren Gemeinden und Städten sehen das sehr ähnlich. Unterstützung gibt es auch vom Ludwigshafener SPD-Bundestagsabgeordneten Christian Schreider. Er ist Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestages und sagte am Freitag, dass er eine linksrheinische Trassenvariante für nicht zielführend halte. Es gebe nämlich in der derzeitigen Neubauplanung keine direkte Anbindung an den Güterbahnhof Mannheim, einen der wichtigsten im südwestdeutschen Raum.
Was erhebliche Einschränkungen in der betrieblichen Flexibilität mit sich bringe. Mit Blick auf einen Tunnelbau ergänzt er, dass der wirtschaftliche Aufwand schon von vorneherein gigantisch wäre - und das Geld dann woanders fehle.

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Schon länger als in der Vorderpfalz hat man das herannahende Problem auf der rechten Rheinseite erkannt. Die Bürgerinitiative Plankstadt und angrenzende Gemeinden hat sich im Februar 2022 gegründet und Fachleute wie etwa den Eisenbahnwissenschaftler Eberhard Hohnecker engagiert. Grundsätzlich erkennt man dort die Notwendigkeit des Ausbaus des Schienennetzes an. Laut Sprecher Jörg Rauch setzt sich die Initiative aber für eine ganzheitliche Betrachtung des Güterverkehrs ein. Es gab Stellungnahmen an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und an den Bahnvorstand. Die Bahn habe eine sehr eingeschränkte Sichtweise.
In den nächsten Monaten könnte es konkreter werden
Wesentlicher Kritikpunkt: Von Beginn an habe der Konzern die Meinung vertreten, die erforderlichen Güterzugkapazitäten könnten nur durch eine Neubaustrecke erreicht werden. Hohnecker habe im Auftrag der Bürgerinitiative eine Alternative erarbeitet, bei der eben keine völlig neue Trasse erforderlich sei. Bestandsstrecken könnten wirtschaftlicher, ressourcenschonender, umwelt- und menschenverträglicher sowie nachhaltiger genutzt werden. Das wäre nach Ansicht der BI möglich, indem die neuen Gleise östlich des Güterbahnhofs Mannheim in einem Bogen nach Süden schwenken und dann westlich von Schwetzingen entlang der vorhandenen Strecke mitgeführt werden. Dabei müsse Lärmschutz dort gebaut werden, wo er dringend benötigt werde.
Von nachhaltigem Erfolg dieser Vorschläge und der Arbeit Hohneckers ist allerdings in diesen Tagen nicht auszugehen. Das sieht auch BI-Sprecher Rauch so. Die Deutsche Bahn habe die „Hohnecker Trasse“ beim Dialogforum zurückgestellt, teilte Rauch auf Anfrage mit. Aus diesem Grund hätten die Experten im Mai einen umfangreichen Fragenkatalog an die Deutsche Bahn geschickt, bis heute aber keine Antwort erhalten.
Mit dem nächsten Schritt ist nach Einschätzung der Stadt Heidelberg und des Rhein-Neckar-Kreises in den kommenden Monaten zu rechnen. Im Oktober soll es demnach eine weitere Konkretisierung der Planung der Deutschen Bahn geben.
Die BI Plankstadt und die angrenzenden Kommunen hofft, dass dann die Linienvariante aufgegeben wird. Der Rhein-Neckar-Kreis rechnet indes mit dem beginnenden Raumordnungsverfahren im ersten Quartal 2024. Dann werde sich zeigen, welche Vorzugsvariante die Bahn favorisiert.
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