Mannheim. Bislang stehen die – zum Teil sehr hochwertigen – Räder zu Hunderten noch bei Wind und Wetter in Reihen an Metallbügel gekettet ringsum auf dem Bahnhofsvorplatz. Doch nun soll der Bau des geschätzt 9,4 Millionen Euro teuren Fahrradparkhauses auf der nördlichen Seite der Bahngleise vor dem Heidelberger Hauptbahnhof vorangetrieben werden. Der Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung des Jahres am Donnerstagabend bei einer Gegenstimme grünes Licht für die Vergabe der Architektenleistung gegeben. Auf der südlichen Seite der Gleise, unter dem Europaplatz im Stadtteil Bahnstadt, ist ein zweites Fahrradparkhaus bereits fast fertig. Es soll mehr als die doppelte Menge Räder aufnehmen können.
Sicheres Abstellen
- Ein Fahrradparkhaus ist ein Gebäude oder eine Tiefgarage, in der Radabstellanlagen zur Verfügung gestellt werden.
- Es soll schnelles und sicheres Abstellen von Rädern erlauben.
- An Bahnhöfen oder Schulen bieten sich solche Fahrradparkhäuser besonders an.
- Im holländischen Utrecht öffnete 2019 das damals größte Radparkhaus der Welt. 12 500 Räder können hier eingestellt werden.
- Am Heidelberger Hauptbahnhof sollen zwei Radparkgaragen mit jeweils 1600 und 750 Plätzen entstehen.
Platz für 725 Fahrräder
Im neuen Radparkhaus wird Platz für 725 Fahrräder sein – bei einem Radabstand von 50 Zentimetern. Bei den Kosten baut die Stadt auf 7,4 Millionen Zuschüsse vom Land und hofft auf weitere Mittel vom Bund. „Der zentrale Bahnhofsvorplatz wird durch eine Vielzahl von Fahrrädern geprägt, die den Zugang zur Empfangshalle beeinträchtigen. Zudem musste im Zuge der geplanten Erweiterung des Bahnhofsgebäudes und des Hotelneubaus die überdachte Fahrradabstellanlage am Willy-Brandt-Platz Nordwest weichen“, begründete die Verwaltung die Notwendigkeit des Projekts. Im Zusammenhang mit dem Umbau der Straßenbahnhaltestelle hatte die Stadt bereits 2015 eine Machbarkeitsstudie zur Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes in Auftrag gegeben, bei der das Thema Rad-Abstellmöglichkeiten mitgedacht war.
Die Jury prämierte den Entwurf des Landschaftsarchitekturbüros Bierbaum Aichele. Der sah zwei Fahrradparkhäuser vor, ein über der Erde liegendes Parkhaus auf dem zentralen Bahnhofsvorplatz (Entwurf Architekten Syra Schoyerer) und ein in das Gelände eingepasstes Parkhaus am Gleis 1 zwischen Hauptbahnhof und Hotel, unterhalb eines Stadtbalkons. Der Gemeinderat entschied sich dafür, die Frage der Rad-Abstellmöglichkeiten noch einmal intensiv angehen zu lassen. Der „Stadtbalkon“ – der Platz über dem Fahrradparkhaus – soll später nach den Plänen des Landschaftsarchitekten Bierbaum Aichele umgesetzt werden.
In der Kommune hatte sich auch Widerstand gegen das Projekt geregt. „Solange es Schulen gibt, in die es hineinregnet, brauchen wir kein millionenschweres Fahrradparkhaus“, formulierte etwa Larissa Winter-Horn bei der Einbringung der Änderungseinträge zum Doppelhaushalt im Mai 2021.
Doch nun unterstützte die große Mehrheit das Projekt. Am 15. November unterstrich der Stadtentwicklungs- und Bauausschuss das mit zehn Ja- bei einer Nein-Stimme. Und der Haupt- und Finanzausschuss am 23. November sprach sich sogar einstimmig für den Bau aus. Um das unterirdische Fahrradparkhaus bauen zu können, musste die Stadt indes einen Teil des Geländes im Bahnhofsbereich ankaufen: Etwa 1550 Quadratmeter des Grundstücks mit der Flurstück Nummer 6617 und der Adresse Willy-Brandt-Platz 5 werden benötigt als Voraussetzung, um das Projekt Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof realisieren zu können.
Planung für benachbartes Hotel
Für 280 000 Euro bekommen nach dem Gemeinderatsbeschluss nun die „raumwerk Architekten“ (Gesellschaft für Architektur und Stadtplanung mbH) aus Frankfurt den Auftrag über die Architektenleistungen. Dieses Büro plant auch die Neubauten westlich des Fahrradparkhauses: Vis-à-vis des Hauptbahnhofs entstehen gerade ein Hotel und ein Boardinghaus.
Der 1955 errichtete Heidelberger Hauptbahnhof gehört mit täglich rund 50 000 Reisenden zu den größten in Baden-Württemberg. Seit 1972 steht er als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz. Er ist von Helmuth Conradi entworfen worden. Der 1972 verstorbene Architekt und Bundesbahnbaudirektor war auch Wiederaufbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs nach dem Zweiten Weltkrieg und beim Bau des Pforzheimer Bahnhofs verantwortlich. Das Empfangsgebäude in Heidelberg ist sanierungsbedürftig. Aktuell laufe die Entwurfsplanung. Voraussichtlich 2025 sollen die Vorarbeiten beginnen. Das Empfangsgebäude könnte dann ab 2026 umgebaut werden. Gerechnet wird mit Bauarbeiten von 36 Monaten Dauer.
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