Interview

Bürgermeister Weitz sieht sich in Heddesheim nah an den Menschen

Seit einem halben Jahr ist Achim Weitz als Bürgermeister von Heddesheim im Amt. Viele Projekte tragen noch die Handschrift seines Vorgängers Michael Kessler, doch auch er selbst hat schon Akzente gesetzt, wie er sagt

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Bürgermeister Achim Weitz stellt sich im Interview den Fragen von „MM“-Redakteur Hans-Jürgen Emmerich. © Marcus Schwetasch

Heddesheim. In seinem Dienstzimmer im Rathaus stellt sich Heddesheims neuer Bürgermeister Achim Weitz den Fragen der Redaktion. Auf sein erstes Halbjahr im Amt blickt er positiv zurück.

Herr Weitz, Sie sind jetzt knapp ein halbes Jahr lang als Bürgermeister im Amt. Sind Sie gut angekommen in Heddesheim?

Achim Weitz: Ich bin sehr gut angekommen, auch sehr schnell. Man merkt halt einfach, dass ich schon 20 Jahre hier im Rathaus gearbeitet hatte. Ich kenne noch viele Kollegen, die Strukturen, die Einrichtungen und die Menschen in Heddesheim. Dadurch war der Einstieg sehr einfach und unkompliziert.

Sie wohnen noch in Neckarhausen und pendeln täglich nach Heddesheim…

Weitz: Die Betonung liegt tatsächlich auf „noch“. Seit Amtsantritt hat sich schon vieles geändert in meinem Leben. Ich arbeite viel mehr. 50 bis 70 Stunden in der Woche sind die Regel. Die Arbeit macht mir unheimlich Spaß, ich bin absolut happy. Ich habe von Anfang an gesagt, ich kann mir vorstellen, in Heddesheim zu wohnen. Und es ist mir tatsächlich gelungen, etwas zu finden. Ich habe eine Doppelhaushälfte in den Gänsgräben ausgeguckt und denke, dass ich da ab Februar oder März zusammen mit meiner Partnerin wohnen werde.

Haben Sie das Haus gekauft oder gemietet?

Weitz: Gekauft. Das Ganze ist auf Dauer angelegt und soll meine Unterkunft für jetzt und später auch für meinen Lebensabend dann sein.

Der Gemeinderat meldet sich unter Ihrer Führung deutlich stärker zu Wort als unter Ihrem Vorgänger. Was machen Sie anders?

Weitz: Ob das so ist, weiß ich nicht. Ich habe dem Gemeinderat aber von Anfang an signalisiert, dass ich Raum für Diskussion lassen will. Eine lebhafte Diskussionskultur gehört einfach dazu in der Demokratie.

Achim Weitz

  • Achim Weitz ist 50 Jahre alt, liiert und hat keine Kinder.
  • Er wohnt in Edingen-Neckarhausen.
  • 15 Jahre lang leitete er das Ordnungs- und Sozialamt in Heddesheim. Von 2018 bis 2022 war er Leiter des Ordnungsamts in Schriesheim.
  • Am 10. April 2022 wurde der Parteilose im zweiten Wahlgang mit 52,2 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister von Heddesheim gewählt. 

Eine erste Klausurtagung mit dem Gemeinderat hat bereits stattgefunden. Was haben Sie mit den Fraktionen vereinbart?

Weitz: Im Grunde dient so eine Klausur vor allem dem internen Austausch. Es sind sehr viele Infos an den Gemeinderat gegangen. Die Verwaltung hat sich Meinungsbilder eingeholt. Konkret wird das alles im nächsten Jahr sichtbar. Themen waren unter anderem die Unterbringung der Flüchtlinge. Das wird 2023 ein großes Thema. Wir haben uns über Freiflächen-Photovoltaik informieren lassen, haben uns zu verschiedenen Bauprojekten ausgetauscht, zum Beispiel den geplanten Abschiednahmeraum auf dem Friedhof. Es ging aber auch um viele Personalthemen sowie um die Schulen und die Kinderbetreuung.

Kommen wir vom Gemeinderat zu den Bürgern. Wann wird die erste Bürgerversammlung stattfinden? Oder bevorzugen Sie einen Bürgertag?

Weitz: Das haben wir noch nicht konkret besprochen. Wichtig war es in 2022, dass Veranstaltungen endlich wieder stattfinden konnten, etwa Neubürgerempfang, Dorfplatzfest, Kerwe, Martinszug und Weihnachtsmarkt. Und nicht zu vergessen die Städtepartnerschaft, ich war ja erstmals mit einer Abordnung in Nogent-le-Roi.

Was bevorzugen Sie, eine Bürgerversammlung oder einen Bürgertag?

Weitz: Da bin ich grundsätzlich nicht festgelegt. Wir werden mit Sicherheit mit beiden Modellen arbeiten. Auf alle Fälle wird am 8. Januar wieder der Neujahrsempfang sein.

Der ebenfalls dem Austausch mit den Bürgern dient…

Weitz: Genau. Aber den Austausch habe ich regelmäßig. Ich empfinde es so, dass ich nah an den Leuten bin und regelmäßig mit ihnen ins Gespräch komme. Ich bekomme viele Rückmeldungen. Das ist wirklich hilfreich für meine Arbeit.

...aber auch Grund zur Freude, wie Bürgermeister Weitz findet. © Marcus Schwetasch

Und was macht die Heddesheim-App?

Weitz: Die läuft und wird auch regelmäßig bedient. Leider ist es so, dass sie in dieser Form die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung nicht zulässt. Deshalb müssen wir sehen, wie wir mittelfristig damit umgehen. Außerdem wollen wir uns im kommenden Jahr im Bereich Social Media besser aufstellen.

Mit mehr Personal?

Weitz: Nein. Wir nutzen vorhandene Ressourcen. Im Bereich der EDV haben wir ohnehin schon eine weitere Stelle geschaffen. Außerdem haben wir gerade das IT-Notfallhandbuch erstellt – in der Hoffnung, dass wir es nie brauchen. Ich kenne das leider aus eigener Erfahrung von dem Hackerangriff auf die Stadt Schriesheim. Da ist es einfach beruhigend, einen Plan in der Schublade zu haben. Wir haben auch in der Prävention einiges getan und dabei auch mit fingierten Phishing-Mails an die Belegschaft gearbeitet. Der Test fiel sehr gut aus, die Mitarbeiter sind sehr sensibilisiert. Aber eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nie.

Die neuen Märkte mitten im Feld haben eröffnet, das Nahwärmenetz im Sportzentrum ist in Betrieb, der Sportkindergarten kommt voraussichtlich im Sommer. Was würden Sie ohne die Vorarbeit von Michael Kessler machen?

Weitz: Sie haben die Heddesheim-Arena vergessen, die wir eingeweiht haben. Ich denke, dass es wichtig war, die begonnenen Projekte fortzuführen und abzuschließen, insbesondere beim Nahwärmenetz. Das freut mich sehr, das ist wichtig für Heddesheim und ein großer Gewinn für die Bürger. Andererseits haben wir schon viele neue Projekte angestoßen: Pumptrack, Mobilitätskonzept, Schulhofneugestaltung. Bald kommt der zweite Bauabschnitt Nahwärmenetz, weitere PV-Anlagen, und und und. Es ist schon wieder sehr viel Neues im Entstehen.

Wo haben Sie bereits Akzente gesetzt?

Weitz: Das Mobilitätskonzept war mir ein ganz wichtiges Anliegen. Es freut mich sehr, dass der Gemeinderat das mit angestoßen hat.

Apropos Mobilität. Was wird aus der Ortskernsanierung?

Weitz: Die Sanierungsziele stehen ja fest. Den eingeschlagenen Weg wollen wir weiter gehen. Die Durchwegung ist weiter ein Thema, im Bereich hinter der Volksbank. Es geht um das Parken auf dem Gelände des ehemaligen Bosch-Hauses und um den Badischen Hof. Da müssen wir uns im nächsten Jahr klar werden, wie wir damit weiter umgehen wollen. Das ist auch finanziell nicht ganz unerheblich.

Was tut sich denn beim Badischen Hof ?

Weitz: Wir hatten Gespräche mit Planern und der Denkmalbehörde und sind noch in der Abstimmung. Danach müssen wir sehen, wie wir weitermachen. Da ist auch die Denkmalschutzbehörde beteiligt.

Was es sicher nicht einfacher macht...

Weitz: Genau.

Lassen Sie uns den Blick in die Zukunft richten. Wie sieht Ihr erster Haushalt aus?

Weitz: Der Haushalt 2023 wird nach meiner jetzigen Einschätzung noch sehr gut ausfallen. Der finanzielle Spielraum wird zwar enger, aber immer noch gut sein. Man merkt man natürlich die schlechter werdenden Rahmenbedingungen. Die Energiekrise macht auch vor Heddesheim nicht halt. Es wird schwieriger werden. Für 2024 ist zu befürchten, dass es noch enger wird. Umso verantwortlicher müssen wir mit den Ressourcen umgehen. Ich hoffe nur, dass die Leute erkennen, dass die schwierigen Zeiten vor allem mit den Krisen der Welt zusammenhängen und nicht mit dem neuen Bürgermeister.

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Müssen Sie neue Schulden machen?

Weitz: Davon gehe ich derzeit nicht aus.

Und Sie werden den Haushalt, anders als bisher in Heddesheim üblich, öffentlich beraten?

Weitz: Ja, wir machen eine öffentliche Sitzung dazu, eventuell auch eine Sondersitzung des Gemeinderates. So war es auch in der Klausurtagung besprochen.

Was wird der Schwerpunkt bei den Investitionen in 2023 sein?

Weitz: Es gibt da mehrere. Wir führen begonnene Maßnahmen weiter, den Sportkindergarten, die Abschiedshalle auf dem Friedhof, die Planung des Schulhofs. Dafür haben wir übrigens auch den Zuschlag bei der Sparda-Bank bekommen, danke an alle Teilnehmer an der Abstimmung. Die Erweiterung des Gewerbegebiets hat ebenfalls begonnen, das wird auch wichtig für 2023. Außerdem steht eine große Investition mit dem ersten Abschnitt der Erneuerung von Trinkwasserleitung und des Straßenaufbaus in der Westendstraße an.

Was macht das soziale Wohnbauprojekt mitten im Feld?

Weitz: Das läuft. Wir sind froh, dass mit dem Bau trotz der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen im Jahr 2023 begonnen werden soll. Mit der BPD Immobilienentwicklung und dem späteren Eigentümer- dem Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg - konnten gute und verlässliche Partner gefunden werden. 72 neue preisgebundene Wohnungen werden im Neubaugebiet entstehen. Der Mietpreis aller Wohnungen wird für die Dauer von min. 30 Jahren um rund 1/3 unter dem ortsüblichen Mietpreisniveau liegen. Somit können wir in Heddesheim auch bezahlbaren Wohnraum bereitstellen. Dieses ist in der heutigen Zeit, die durch Wohnraumknappheit und steigende Lebenshaltungskosten gekennzeichnet ist, ein wichtiger Beitrag.

Was wollen Sie sonst noch tun, um bezahlbaren Wohnraum in Heddesheim zu schaffen?

Weitz: Ich habe im Wahlkampf immer schon gesagt, dass ich das Thema „Raumteiler“ gerne auch in Heddesheim umsetzen würde. Da haben wir uns mit dem Gemeinderat darauf verständigt, dass die personelle Ausstattung entsprechend verbessert wird. Es geht darum, Wohnraum, den es schon gibt, wieder dem Markt zuzuführen. Das werden wir 2023 angehen. Auch Wohnraum für Flüchtlinge wird eine Riesenherausforderung.

Wie gehen Sie da heran?

Weitz: Ich kann nur an die Bevölkerung appellieren: Wer Wohnraum hat, soll sich bitte melden. Wir wollen als Gemeinde so viel wie möglich anmieten, eventuell vereinzelt auch ankaufen, wo es Sinn macht. Sollte das alles nicht ausreichen, muss man mit Sicherheit auch über Containerlösungen nachdenken. Nur im allergrößten Notfall geht es an die Sporthallen, aber das will ich auf jeden Fall vermeiden. Das wäre für die Stimmung in der Gesellschaft nicht sehr gut. Wir müssen uns als Gemeinde dieser Herausforderung stellen und Lösungen finden.

Alle reden vom Klimaschutz, Heddesheim tut hier auch viel. Geht da noch mehr?

Weitz: Es geht weiter. Ob das mehr oder weniger ist, weiß ich nicht. Ich halte auch nichts von vollmundigen Ankündigungen, klimaneutral bis zum Zeitpunkt x zu sein. Ich halte mehr davon, einfach zu machen. Ich denke da an den Ausbau der Nahwärmeversorgung, Photovoltaik, das Umweltförderprogramm der Gemeinde und noch einiges mehr. Zum Beispiel wollen wir 2023 auch das Carsharing umsetzen. Und es gibt das Thema Mikrolandwirtschaft.

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Nach dem Vorbild der Freizeitfarmer?

Weitz: Ja, so in dieser Art. Fairtrade ist ja bereits angelaufen. Da hatten wir eine tolle Resonanz. Den Weg gehen wir weiter. Sie sehen ja, es steht auch fair gehandelter Kaffee und Zucker auf dem Tisch.

Die Gemeinde leistet sich eine energiefressende Eisbahn. Wäre es nicht an der Zeit, eine synthetische Lösung ohne Strombedarf zu prüfen?

Weitz: Wetter ist. Es war richtig, die Bahn wie geplant zu eröffnen, insbesondere nach den Einschränkungen durch Corona. Der große Andrang auf der Bahn gibt uns da Recht. Die Eisbahn hat in Heddesheim eine lange Tradition, und zwar als echte Kunsteisbahn. Das ist einfach sehr viel attraktiver als Kunststoff. Ich denke eher, man muss den Energieverbrauch der Eisbahn etwa durch

Photovoltaik reduzieren. Letztlich geht es darum, was wirtschaftlich vernünftig und umweltgerecht ist. Da muss man einen angemessenen Spagat hinbekommen. Die große Mehrheit der Heddesheimer sieht das ganz genauso.

Anfang 2023 soll die Vermarktung der Glasfaseranschlüsse durch NetCom BW beginnen. Sind Sie zuversichtlich, dass die erforderliche Quote erreicht wird?

Weitz: Ich hoffe es. Wie es tatsächlich ausgeht, ist schwer vorherzusehen. Für Heddesheim wäre es gut, die Quote zu erreichen, denn ein Netzausbau zum Nulltarif für die Gemeinde ist eine große Zukunftschance, die nur gelingen kann, wenn die Bevölkerung mitmacht. Ich kann nur an die Heddesheimer appellieren, sich intensiv damit zu befassen. Wir werden in der Zukunft einfach mehr Leistung beim Internet brauchen.

Und was ist, wenn die Quote nicht erreicht wird?

Weitz: Das müssten wir dann besprechen, aber darüber will ich mir noch keine Gedanken machen. Ich bin optimistisch und hoffe, dass ein Ausbau im ganzen Ort gelingen wird. Ich selbst werde mich auch anschließen.

Wo sehen Sie die größte Herausforderung für Heddesheim im kommenden Jahr?

Weitz: Das Thema Flüchtlingsunterbringung ist wie gesagt eine Riesenherausforderung, das wird uns intensiv fordern. Der verantwortliche Umgang mit den finanziellen Mitteln wird bei schwieriger werdenden Rahmenbedingungen umso wichtiger. Da muss man die Ausgaben auf den Prüfstand stellen. Gutes Personal zu finden, wird immer schwieriger. Da wird es auf die weichen Faktoren ankommen. Umwelt und Klima werden uns natürlich weiter begleiten. Auch das Thema Verkehr spielt eine große Rolle.

Was wünschen Sie der Gemeinde Heddesheim fürs neue Jahr?

Weitz: Ich wünsche der Gemeinde, dass sie so positiv bleibt, wie sie ist. Dass die Menschen weiterhin so gerne hier wohnen, dass sie sich weiter einbringen und engagieren in der Gemeinde. Genau das ist es, was Heddesheim ausmacht. Hier gibt es ein tolles Miteinander, und das wünsche ich mir auch für 2023.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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