Kommunalpolitik

Scheitert Pferdepension mit Solaranlage in Edingen am Verkehr?

Landwirt Holger Koch will in seinen Betrieb in Edingen investieren und etwas für den Klimaschutz tun. Strom für mehr als 300 Haushalte könnte die Solaranlage auf seinem neuen Pferdestall liefern, doch es gibt Bedenken

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Ein Smartphone mit einem Programm, das die Fütterungsanlage für jedes Pferd individuell steuern kann. © Sina Schuldt/dpa

Edingen-Neckarhausen. Seine Schweine und Hühner leben im Freien, jetzt sollen auch Pferde dazukommen: Landwirt Holger Koch aus Edingen will seinen Betrieb fit für die Zukunft machen und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wie er auf Nachfrage der Redaktion erklärt. Mit einer entsprechenden Bauvoranfrage befasst sich der Gemeinderat Edingen-Neckarhausen in seiner nächsten Sitzung am Mittwoch, 18. Oktober.

Strom für 320 Haushalte

Konkret plant Koch den Bau einer Reitanlage und eines Stalls für 30 Pensionspferde, und zwar auf dem Gelände seines bestehenden Betriebs in der verlängerten Bahnhofstraße. Die Dachflächen sollen mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet werden, die 0,8 Megawatt Leistung hat. Das entspricht in etwa dem, was 320 Haushalte an Strom verbrauchen (ursprünglich war an dieser Stelle irrtümlich die zahl von 3200 Haushalten genannt). „Ein Beitrag zum Klimaschutz“, findet der Landwirt, zumal die Gemeinde bekanntlich bis 2035 klimaneutral sein will, indem sie den Ausstoß von Kohlendioxid auf null reduziert. Eine Zusage des Energieversorgers für die Einspeisung ins Netz habe er auch schon, versichert Koch. Zudem nutzten die Pferde gerade jene Flächen, die aus Gründen des Naturschutzes extensiviert worden seien: „Pferde fressen altes Gras.“

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Ursprünglich hatte der Landwirt Ställe für 56 Pferde geplant. Bei einem in Baden-Württemberg angebotenen Betriebsscheck für Landwirte sei dann die Idee entstanden, einen Aktiv-Stall zu bauen, eine Art Kindergartengruppe für Pferde, wie Koch erläutert. Hier hätten die Tiere viel Platz (jeweils 100 Quadratmeter), und dank moderner Technik müssten auch die Einsteller nicht jeden Tag zum Füttern und Ausmisten kommen. Die Pferde tragen einen Chip um den Hals, mit dem die Futtermenge je nach Bedarf ganz individuell reguliert werden kann. Heu können die Tiere fressen, so viel sie wollen. Und die Pferdeäpfel werden maschinell abgetragen.

Investition von 700 000 Euro

Wer in seiner Freizeit gerne reitet und sich ein Pferd hält, hat also weniger Arbeit damit. Das zahlt sich auch für den Landwirt aus, wie Koch gesteht. Denn das, was sonst zwei Vollzeitkräfte erledigen müssen, geschieht hier fast wie von selbst. So könne er jährlich bis zu 90 000 Euro sparen. In elf Jahren wäre das also rund eine Million. Allerdings muss er dafür erst einmal investieren. Auf rund 700 000 Euro schätzt Koch die Kosten der geplanten Anlage.

Fachbehörden sind einverstanden

Ob er seine Pläne umsetzen kann, hängt nun vom weiteren Verfahren ab. Im Vorfeld der Beratung hat die Gemeinde alle beteiligten Fachbehörden angehört. Ergebnis: Fast niemand hat etwas dagegen. Das Landwirtschaftsamt hat keinerlei agrarstrukturellen Bedenken und stimmt dem Vorhaben zu. Das Gesundheitsamt hat keine Einwände, das Amt für Gewerbeaufsicht und Umweltschutz hat keine Bedenken, das Veterinäramt und Amt für Verbraucherschutz ebenso wenig. Lediglich das Straßenverkehrsamt verweist nach Angaben der Verwaltung auf eine frühere Stellungnahme und die Tatsache, „dass eine Beurteilung der verkehrlichen Erschließung noch nicht abschließend erfolgen kann“.

Rathaus sieht Verkehrsprobleme

Nach Auffassung der Verwaltung kann am beantragten Standort eine Reitanlage nur dann betrieben werden, „wenn die straßenmäßige Erschließung den Anforderungen an die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs angepasst wird“. Die „Vielzahl der zusätzlich zu erwartenden Fahrzeugbewegungen“ beeinträchtige den Erholungswert der Landschaft für die Bevölkerung. „Gerade in der Feldgemarkung muss ein Spaziergänger nicht damit rechnen, dass ihm Kfz begegnen, denen er ausweichen muss, bei der derzeitigen Wegbreite eventuell sogar in den angrenzenden Acker“, heißt es in der Vorlage zur Sitzung.

Störung des Landschaftsbilds?

Gleiches ließe sich freilich auch bei dem umstrittenen Wiesenkindergarten einwenden, der sich nur wenige Meter entfernt befindet und von Landwirt Koch erfolglos beklagt wurde. Die Gemeinde argumentiert jedoch, die Einsteller der Pensionspferde pflegten ihr Hobby überwiegend in der Freizeit, also am Abend und am Wochenende: „Freizeitaktivitäten der Naherholungssuchenden und der zusätzliche Verkehr verlaufen im selben Zeitraum und bringen ein zusätzliches Konfliktpotenzial mit sich.“

Zudem heißt es in der Vorlage: „Die Auswirkungen der fahrenden und geparkten Autos auf das Landschaftsbild sind als störend einzustufen.“ Einen positiven oder negativen Beschlussvorschlag enthält die Vorlage allerdings nicht. Sie soll erst während der Sitzung vorgetragen werden. Der Gemeinderat tagt ab 18 Uhr im Bürgersaal des Rathauses in Edingen.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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