Neu-Edingen. Es ist Montagvormittag, 10 Uhr. Antonio Brito öffnet das Vorhängeschloss am Bauzaun des Autofriedhofs in Neu-Edingen. Bei einer Versteigerung vor wenigen Wochen hatte er die Autos als Meistbietender erworben. Am Samstag brachte er ein Spezialfahrzeug an den Ort. Heute ist er da, um die schrottreifen Autos abzuholen. Wenige Momente später wird er aber merken: Aus dem Vorhaben wird nichts - zumindest nicht an diesem Tag.
In drei Reifen des Hebefahrzeugs, auch „Manitou“ genannt, ist keine Luft mehr. An einem der Reifen ist eine Einstichstelle zu erkennen. Damit nicht genug. Eine Leitung an der Rückseite ist undicht, Hydraulik-Öl tropft heraus. „Am Samstag war das Fahrzeug noch in einwandfreiem Zustand“, betont Brito. Er habe vor wenigen Tagen sogar probeweise drei Autos verladen.
„Eine Schande“
Neben Brito ist an diesem Vormittag Heinrich Niemöller nach Neu-Edingen gekommen. Der Unternehmer ist seit 2020 als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Wenn es nach ihm ginge, wären die Autos schon lange weg. Dass sie es immer noch nicht sind, erzürnt ihn. „Was hier passiert, ist eine Schande“, sagt er.
Der Autofriedhof in Neu-Edingen hat eine lange Vorgeschichte. Bisher war es dem Vor-Eigentümer der Fläche immer gelungen, eine Räumung des Grundstücks und somit den Abtransport der Autos juristisch zu verhindern. Niemöller nahm sich einen neuen Anwalt, dieser setzte eine Frist, bis zu der die Eigentümer ihre Fahrzeuge vom Autofriedhof in Neu-Edingen abholen sollten. Diese verstrich, es kam zu einer Versteigerung, bei der Brito am meisten bot.
Der Vollzug, also die Abholung, wird sich aber nun weiter verzögern. „Ich bekomme das Spezialfahrzeug nicht bewegt“, erklärt Brito. Eines ist für ihn klar: „Noch einmal lasse ich den ,Manitou‘ hier nicht über Nacht stehen.“ Wann die Räumung fortgesetzt werden kann, ist am Montag noch nicht klar.
Polizei nimmt Anzeige auf
Die Polizei kommt und nimmt eine Anzeige auf. Zum einen wegen Hausfriedensbruch (jemand muss sich in der Zeit zwischen Samstag und Montag Zutritt zum Gelände verschafft haben), zum anderen wegen Sachbeschädigung. Brito und Niemöller schätzen, dass die kaputten Reifen Kosten in Höhe von 1200 bis 1500 Euro verursachen werden.
Die Pressestelle der Polizei in Mannheim bestätigt die Anzeige am Montagmittag noch nicht, da sie voraussichtlich noch nicht im System erfasst worden ist. Aus diesem Grund kann der Sprecher auch noch nicht sagen, wie die Ermittlungen weiter laufen werden.
Doch zurück nach Neu-Edingen: Niemöllers Frust ist riesengroß. „Hier ist viel zu lang nichts passiert, und es geht einfach so weiter“, sagt er. Schon seit mehreren Jahrzehnten verkomme die Fläche an der Berliner Straße. „Die Berliner Mauer stand im Gegensatz dazu ,nur‘ 28 Jahre“, kommentiert er bissig.
Und sollten die Autos in näherer Zukunft doch vom Autofriedhof weggeschafft werden können, ist die Arbeit für Niemöller noch lange nicht beendet. Auf dem Gelände liegen noch Tausende Reifen, Elektrogeräte und anderer Schrott. „Diese sollen in einem zweiten Schritt entfernt werden.“ Voraussichtlich wird es auch hier eine Versteigerung geben, den Zuschlag soll jener erhalten, der den günstigsten Preis zur Entsorgung aufruft.
Bürgermeister Florian König (CDU) äußert sich am Montagnachmittag. „Generell wird Vandalismus in jeder Hinsicht seitens der Gemeinde massiv verurteilt“, antwortet er auf Anfrage des „MM“. Von der Kommune würden „derartige Vorfälle im öffentlichen Bereich zur Anzeige gebracht und strafrechtlich verfolgt“. König betont zum aktuellen Vorfall: „Der (...) Sachverhalt sollte ebenso, wie in diesem privatrechtlichen Fall, verfolgt werden.“ Man wünsche sich, dass die Angelegenheit für den Eigentümer positiv aufgeklärt werden könne.
Eigentümer fassungslos
König hofft, dass der neue Eigentümer das Grundstück für sein Vorhaben schnellstmöglich nutzen kann. Wann dieses aber möglich ist, ist ungewiss. Bisher war Niemöllers Plan, auf dem Gelände eine Servicestätte für Oldtimer aufzubauen. Der neueste Vorfall hat den Unternehmer aber sichtlich mitgenommen.
Es hat zu regnen begonnen, der Wind pfeift über das Gelände. Und während Antonio Brito einen letzten glücklosen Versuch startet, sein Spezialfahrzeug selbst aus dem Schlamm zu befreien, steht Niemöller am Bauzaun und schüttelt den Kopf. Was das alles für seine Pläne bedeutet, darüber will er an diesem Tag nichts sagen: „Sonst sage ich aus der Emotion heraus noch was, was ich später bereue.“
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