Neckarhausen. Einkaufen rund um die Uhr, ein Parkplatz vor der Tür und ein Blick aufs Schloss in Neckarhausen. Das alles könnte es geben, wenn der Gemeinderat am Mittwoch einem Vorschlag der Verwaltung folgt und die Ansiedlung eines Teo-Ladens in der Grünanlage am Freizeitbad billigt. Verbunden damit wären für die Gemeinde Kosten von 25 000 Euro für die Herrichtung des Geländes. Der Vertrag mit dem Betreiber wäre zunächst auf die Dauer von fünf Jahren befristet. Innerhalb dieses Zeitraums würden sich die Ausgaben durch Mietzahlungen amortisieren, heißt es.
Bessere Nahversorgung
Der Teo-Laden als Option für die Nahversorgung war im Dezember von Bürgermeister-Stellvertreter Dietrich Herold im Interview dem „MM“ genannt worden, nachdem das Markthaus in der Hauptstraße im Dezember geschlossen hatte. „Ich bin optimistisch, dass wir den Laden Ende dieses Jahres, spätestens aber Anfang nächsten Jahres einweihen können“, erklärte der neue Bürgermeister Florian König (CDU) im April, 100 Tage nach seinem Amtsantritt: „Ich habe mich sehr darum bemüht.“
Die Verwaltung hat nach eigenen Angaben im Vorfeld mehrere Standorte untersucht und auch die Bebaubarkeit mit dem Baurechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises geklärt, wie es in der Vorlage heißt: „Es konnte dabei nur der Standort am westlichen Rand des Freizeitbad-Parkplatzes, eingerückt in die Grünanlage, als kurzfristig zur Verwendung stehende Fläche ausgewählt werden.“ Eine ausreichend große Platzfläche für Veranstaltungen (Kerwe, Jubiläen, Oktoberfest) bleibe dabei aber vorhanden.
Das kritisiert ein betroffener Anwohner am Tennisplätze-Projekt in Edingen
Neuer Bürgerentscheid in Edingen?
Die Edinger Gemeindeverwaltung dürfte schlechte Erinnerungen daran haben:
Seinerzeit wurde der Gemeinderatsbeschluss zur Bebauung des Mittelgewann durch ein Bürgerentscheid nichtig gemacht. Die Einbeziehung von Bürgern in eine maßvolle Planung wurde vergessen.
Inzwischen bahnt sich eine ähnliche Situation an: Die Bebauung der Tennisplätze Edingen.
Ursprünglich hatte man aus den Erfahrungen des Mittelgewann gelernt und sich auf einen Kompromiss geeinigt. Der Park sollte weitgehend erhalten bleiben, und die Anzahl der Wohnungen wurden reduziert. Die Vereinbarung einer beidseitigen Zufahrt gehörte dazu.
Das war nicht schön für die Anwohner, aber immerhin ein Kompromiss, der mitgetragen wurde.
Bei der Umsetzung des Projekts stellte sich dann heraus, dass offensichtlich Denkfehler gemacht worden sind. Lage und Größe des Tennisgeländes waren offensichtlich zu klein, um ein sinnvolles Konzept für Mehrfamilienhäuser zu erstellen.
Alle möglichen Bauträger zogen sich zurück: Sozialverträgliches Bauen, möglichst noch Seniorengerecht und für junge Familien, dass war an dieser Stelle nicht machbar.
Zum Glück für die Gemeindeplaner fand sich dann ein Bauträger, der eine abgewandelte Lösung anbieten konnte. Fa. D&S erhöhte die Anzahl der Wohnungen und verzichtete auf eine 2. Tiefgaragenzufahrt. Der Verkehr solle einseitig erfolgen, ohne Rücksicht auf Anwohnerbelange. Zudem wurde in keiner Weise der innerörtliche Verkehr betrachtet.
Namentlich die Grenzhöfer Str. mit ihrem Bahnübergang ist bereits heute ein Nadelöhr.
Verständlicherweise erregte sich nun der Widerstand bei den Anwohnern: Die Kompromissformel der beidseitigen Zufahrt wurde ignoriert, die fehlende Infrastruktur nicht berücksichtigt.
Über 300 Mitbürger hatten sich im Offenlegungsverfahren im Herbst letzten Jahres gegen dien Entwurf gewandt.
Die Rathausverwaltung nahm sich ein halbes Jahr Zeit, über alles nachzudenken.
Nun steht fest: Berücksichtigung der Einwohnerbelange ? - Leider nein!
In der veröffentlichten Entscheidungsvorlage für die Gemeinderatssitzung ist zu lesen: „Die Gemeinde hat sich daher im Rahmen der Abwägung entschlossen, die Erschließung so zu lassen, wie sie zuletzt geplant war“.
Im umfangreichen Gutachten wird fast jedes Detail, jeder anzupflanzende Baum erwähnt. Aber nachvollziehbare Gründe, warum eine zweite Tiefgaragenzufahrt nicht möglich sein soll, werden nicht genannt.
Haben wenigstens die Gemeinderäte gelernt, dass Bürgerbelange zu berücksichtigen sind?
Sie sind schließlich die gewählten Vertreter der Bürger und sollten in deren Sinne entscheiden.
Man darf gespannt sein, ob die Lehren aus der Vergangenheit gezogen worden sind.
Und man darf auch gespannt sein darüber, ob eine erneute Unterschriftenaktion gegen das unsinnige Bauvorhaben auf den Tennisplätzen , diesmal mit breiterer Beteiligung auch der Anwohner des Vogelskorbs, das ganze Vorhaben nicht endgültig kippt.
Michael Krüger, Edingen
Edeka-Ansiedlung weiter offen
Schwieriger gestaltet sich dagegen offenbar die Ansiedlung eines neuen Edeka-Markts am nördlichen Ortsrand. Im Dezember hatte sich Herold noch zuversichtlich gezeigt, dass es im Februar 2023 im Gemeinderat dazu einen positiven Beschluss geben werde. „Wir haben noch keine klare Mehrheit im Gemeinderat für oder gegen das Projekt“, sagte dagegen Florian König im April und ergänzte: „Für so ein Projekt reicht es nicht, nur eine knappe Mehrheit zu haben, das muss von der breiten Masse getragen und gewollt werden.“
Leichter scheint da schon die Entscheidung für den Teo-Laden. Der erste Markt dieser Art ist im November 2020 in Fulda an den Start gegangen, wo der Betreiber, das Unternehmen Tegut, seinen Hauptsitz hat. Das markante Gebäude sieht aus wie ein langes, liegendes Fass, hat eine Fassade aus Holz und ein begrüntes Dach. So wie hier sind alle „Teos“ gebaut. Die meisten befinden sich im Großraum Fulda und im Main-Kinzig-Kreis, aber auch im Rhein-Neckar-Kreis gibt es bereits Läden, unter anderem in Malsch.
Die Miniläden sind rund um die Uhr mit einer Geldkarte zugänglich und kommen ganz ohne Personal aus. Kunden öffnen die Tür mit ihrer Girokarte. Im Innern erwartet sie ein gekühlter Bereich für Frischeprodukte und ein größerer für ungekühlte. Das Angebot beschränkt sich dabei keineswegs auf Lebensmittel. Rund 950 Artikel bis hin zu Salaten und Snacks sowie Tabakwaren und alkoholische Getränke sind hier erhältlich, ebenso Drogerie- und Hygieneartikel. Der Laden ist rund 60 Quadratmeter groß. Zum Vergleich: Das Markthaus hatte 140 Quadratmeter.
Umstrittene Wohnbebauung
Weiteres Thema der Sitzung am Mittwoch ist der Neubau von drei Mehrfamilienhäusern auf den ehemaligen Tennisplätzen in Edingen Südwest. Das Projekt hat eine längere Vorgeschichte. Ursprünglich war im Jahr 2017 die Bebauung mit 36 Einzelhäusern geplant. Im Laufe der Diskussion wurde das Projekt allerdings immer mehr
Das sagt Bürgermeister Florian König zu den Plänen in Edingen
An der geplanten Bebauung der ehemaligen Tennisplätze gibt es Kritik von betroffenen Anwohnern. Bürgermeister Florian König hat dazu auf Nachfrage des "MM" ausführlich Stellung genommen:
- Es sind rund 250 Stellungnahme aus der Öffentlichkeit eingegangen. Alle Stellungnahmen haben den exakt selben Wortlaut. Es handelt sich nämlich um ein vorgefertigtes Schreiben, das der jeweilige Absender nur noch mit Name, Anschrift und Unterschrift ergänzen musste. Darin wird u.a. auf die zusätzliche Verkehrsbelastung usw. verwiesen. Die Hemmschwelle einer solchen Unterschriften-Aktion ist daher eher niedrig und findet wohl schnell Zuspruch. DieStellungnahmen wurden je Haushalt u.a. mehrfach eingereicht. Die Anzahl der abgegebenen Stellungnahmen ist daher ungleich zur Anzahl der stellungnehmenden Haushalte.
- Es fanden zahlreiche Phasen der Bürgerbeteiligung statt. Sowohl von der Kommune organisiert als auch von den Fraktionen, beispielsweise als Schirmgespräche.
- Das Ergebnis der einseitigen Erschließung ist die stetige Reduzierung der Bebauung; die zurückliegende Entwicklung des Bebauungsplans lässt sich sehr deutlich in der Begründung des Bebauungsplans erkennen (siehe Seite 18 ff.). Die Unterschreitung einer maßvollen Größe der Bebauung, hat schließlich auch eine unverhältnismäßige Erschließung von zwei Seiten mit sich gebracht.
- Die Zufahrt zur Wohnanlage ist weiterhin oberirdisch beidseitig gegeben. Von Norden, also aus dem Starenweg anfahrend, sind ebenso drei Besucher- und drei Anwohnerparkplätze vorgesehen.
- Lediglich die Tiefgaragen-Zufahrt ist einseitig erschlossen, nämlich über die Straße Hundert Morgen.
- Um einen Ausgleich zu schaffen und auch den Besucherverkehr zum künftigen Wohnquartier zu steuern, lässt die Gemeinde den ehemaligen Parkplatz der Tennisanlage - auch nördlich über den Starenweganfahrbar - für rund 50.000 Euro ertüchtigen und überarbeiten. Auch hierdurch soll ein Ausgleich geschaffen werden, da Besucher- und Anlieferverkehr nicht ausschließlich über Hundert Morgen erfolgt (wenngleich das Verkehrsgutachten bewusst von dieser ungünstigenLage ausgeht).
- Was einen Bürgerentscheid betrifft, so ist hier §21 Abs. 6 GemO einschlägig (in der aktuell gültigen Fassung vom 11.02.2023). Ein Bürgerentscheid kann nur über den verfahrenseinleitenden Beschluss - also den Aufstellungsbeschluss - stattfinden. Dieser wurde bereits am 26.01.2022 beschlossen und am 03.02.2022 öffentlich bekannt gemacht.
- Richtet sich ein Bürgerentscheid gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von drei Monaten nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein um einen Bürgerentscheid zu erreichen.Das wäre somit bis zum 02.05.2022 erforderlich gewesen.
- Aufgrund der beiden vorgenannten Punkte ist nicht davon auszugehen, dass ein Bürgerentscheid Aussicht auf Erfolg hat.
- Die vorgenannte Argumentation lässt sich zurückblickend auf das Verfahren beim Mittelgewann subsumieren: Unterschriftensammlung innerhalb von drei Monaten nach dem Aufstellungsbeschluss. Und dieFrage des Bürgerentscheids befasste sich mit der Aufhebung des vom Gemeinderat gefassten Aufstellungsbeschlusses.
- Gleichwohl rechnet die Gemeinde mit einer möglichen Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan, wenn dieser rechtskräftig ist. Dies ist der Grund für die anwaltliche Begleitung, auch in der Sitzung des Gemeinderates am 24. Mai.
abgespeckt, auch wegen der Anwohner, die sich gegen eine aus ihrer Sicht zu massive Bebauung wehrten. Sechs Mehrfamilienhäuser und eine Reihenhauszeile mit 40 Wohneinheiten waren ihnen zu viel. Ihre Proteste blieben nicht ungehört. Im Dezember 2018 beschloss der Gemeinderat eine deutlich abgespeckte Variante mit vier Häusern und 24 Wohnungen. Einedoppelte Zufahrt zur Tiefgarage, die Teil eines Kompromisses mit den Anwohnern war, wurde unter Hinweis auf ein Verkehrsgutachten Ende 2022 wieder gekippt.
Mehr als 200 Einsprüche
Dagegen gibt es erneut Protest. Mehr als 200 Betroffene haben während der Offenlage der Pläne im Herbst in gleichlautenden Stellungnahmen ihre Bedenken eingereicht. Deshalb stellt sich die Verwaltung laut Bürgermeister Florian König auch auf eine Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan ein und holt sich
anwaltlichen Beistand. Ein Bürgerentscheid wie 2017 gegen das Mittelgewann sei aber nicht möglich, weil die Drei-Monats-Frist dafür nach dem Aufstellungsbeschluss vom Januar 2022 verstrichen sei. Ein solcher Bürgerentscheid hatte im März 2017 die Pläne für den Bebauungsplan des Mittelgewanns in Edingen zu Fall gebracht.
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