Herr König, Sie sind jetzt fast genau 100 Tage als Bürgermeister von Edingen-Neckarhausen im Amt. Kommt es Ihnen schon so lange vor?
Florian König: (lacht) Nee, es ist sehr kurzweilig. Ich denke auch nicht über 100 Tage nach, sondern eher von Woche zu Woche.
Sie haben in den ersten Wochen Ihrer Amtszeit sogar schon ein paar Tage Urlaub machen können. Erlauben Sie eine Frage mit einem Augenzwinkern: Ist die Aufgabe so entspannt?
König: (lacht) Nein, ist sie nicht. Aber sie bedarf viel Entspannung in der Freizeit als Ausgleich. Und um mit einem Augenzwinkern zu antworten: Der Urlaub war lange vor meiner Kandidatur als Bürgermeister geplant. Nur wegen meiner Wahl wollte ich nicht meine Familie vor den Kopf stoßen und den Urlaub absagen. Ganz entspannt war es auch nicht, es waren drei Kinder unter sechs Jahren dabei, da ist man als Onkel auch gefordert.
Aber ganz im Ernst: Sie haben vermutlich weder einen Acht-Stunden-Tag noch eine 40-Stunden-Woche. Wie anstrengend ist das Amt denn tatsächlich?
König: (überlegt) Es wäre falsch, zu sagen, dass es leicht ist. Es ist anspruchsvoll, es ist physisch und psychisch fordernd, aber ich bin in einer sehr guten Verfassung und komme sehr gut zurecht, auch wenn ich deutlich über die 50, 60 Stunden hinauskomme.
Und was sagt Ihre Partnerin dazu?
König: (lacht) Die freut sich, wenn sie mich abends irgendwann sieht, und sie würde sich sicher auch freuen, wenn sie mich ab und zu schon früher sehen würde. Aber sie ist extrem verständnisvoll und weiß, dass der Anfang besonders zeitintensiv ist.
Was hat sich im Rathaus verändert, seit Sie hier der Chef sind?
König: Ich hoffe mal die Stimmung. Teilweise auch das Personal.
Was meinen Sie mit dem Personal?
König: Mein Sekretariat hat sich verändert in der Besetzung. Meine Stabsstelle muss sich ab Ende Juni auch verändern, weil Frau Crebert dann in Mutterschutz geht. Das sind mit die engsten Mitarbeiter, die ich habe. Das ist schon eine sehr große Veränderung für mich persönlich.
Haben Sie organisatorisch in der Verwaltung schon etwas verändert, oder was planen Sie?
König: Umstrukturiert habe ich noch nichts, das wollte ich auch nicht gleich in den ersten drei Monaten machen. Ich wollte mir erst einen eigenen Eindruck verschaffen. Durch die Neubesetzung meiner Stabsstellenchefin wird es eine neue Stelle geben, die „Referentin des Bürgermeisters“ heißt. Damit geht schon eine Umstrukturierung im gesamten Rathaus einher.
Und die Besetzung steht jetzt endgültig fest?
König: Ja, sie steht schon fest, die Stelle ist besetzt. Sie tritt im Sommer ihr Amt an. Den Namen kann ich aber noch nicht nennen, weil es ihr jetziger Arbeitgeber noch nicht weiß.
Was ist mit dem Energiemanager, der am 1. April seinen Dienst antreten sollte?
König: Da haben wir noch Klärungsbedarf, er hat nicht wie geplant begonnen.
Das heißt, Sie müssen sich eventuell einen neuen suchen?
König: Im schlechtesten Fall ja, aber wir sind zuversichtlich, dass es doch noch klappt. Wenn nicht, müssten wir wieder von vorn beginnen.
Klimaschutz ist in aller Munde.Jedes Projekt müsse damit in Einklang gebracht werden, haben Sie vor der Wahl gesagt. Was sagen Sie zu dem von der Offenen Grünen Liste beantragten Klimarat?
König: Grundsätzlich sehe ich das positiv, wenn man ein Gremium installiert, das uns in Ökologiefragen berät und voranbringt. Ob sich der Antrag so etabliert, dass es am Ende etwas positives wird, ist momentan noch schwer zu beurteilen. Damit muss sich der Gemeinderat auseinandersetzen, wenn es im April auf der Tagesordnung steht. Ich habe vor der Wahl ja auch gesagt, dass Ökologie und Ökonomie Hand in Hand gehen müssen.
Sie haben auch Mängel Nachholbedarf im ÖPNV angesprochen und ökologische E-Busse vorgeschlagen. Sind Sie da schon weiter?
König: Das ist richtig. Ich versuche es momentan, auf den Weg zu bringen. Ich bin optimistisch, dass es klappt. Es gibt dazu eine Arbeitsgruppe, die im Mai zum ersten Mal tagt. Umsetzen lässt sich das vielleicht in der ersten Hälfte meiner Amtszeit. Das ist mir ein wichtiges Thema, weil ich weiß, dass der ÖPNV gerade in Neckarhausen nicht optimal ist.
Apropos Mobilität: Die Gemeinde Heddesheim erstellt gerade ein Mobilitätskonzept und wird von ihren Bürgern mit Vorschlägen nur so überschüttet. Sehen Sie das auch für Edingen-Neckarhausen als sinnvoll an?
König: Ein Konzept an sich selbstverständlich. Wir alle wollen ja die Verkehrswende. Wie man das umsetzt, und wie die Bürgerbeteiligung stattfindet, da warten wir mal die Ergebnisse in Heddesheim ab. Edingen-Neckarhausen muss sicher das Rad nicht neu erfinden.
„Der nichtmotorisierte Individualverkehr ist die ökologischste Art der Fortbewegung“, haben Sie in unserem Wahlcheck geschrieben. Was wollen Sie machen, um die Gemeinde fahrradfreundlicher zu machen?
König: Zunächst ist es ganz wichtig, dass wir den ÖPNV stärken, um die Verkehrswende zu schaffen und damit weniger Autos und mehr Platz für Fahrräder auf den Straßen. Dass wir jetzt bauliche Maßnahmen treffen für Fahrradfahrer, ist schwer möglich. Wir schauen auch ganz gespannt darauf, wie es mit dem Radschnellweg weitergeht.
Mitglied in der AGFK ist Edingen-Neckarhausen längst. Aber mit einer Mitgliedschaft alleine ist es ja nicht getan...
König: Wir stellen gerade auf den Prüfstand, ob es Sinn macht, überall einfach nur Mitglied zu sein. Das allein bringt uns nicht weiter. Wir müssen substanziell etwas verbessern. Aktuell sind wir dabei, die Markierung „Rücksicht macht Wege breiter“ auf den Feldwegen zu erneuern. Nur durch gegenseitige Rücksichtnahme kann es funktionieren.
Das Thema Finanzen haben Sie im Gemeinderat anschaulich dargestellt, aber die Diskussion über den Haushalt fand hinter verschlossenen Türen statt. Werden Sie auf die Kritik der Fraktionen reagieren und die Beratung bei Ihrem ersten eigenen Haushalt wieder öffentlich machen?
König: (überlegt) Grundsätzlich wollen wir so transparent wie möglich mit dem Haushalt umgehen. Dass manches hinter verschlossenen Türen bleibt, dient dem Allgemeinwohl. Nichtsdestotrotz ist eine Beratung in der Öffentlichkeit absolut erstrebenswert.
Aber in einem Rutsch den Haushalt vorzustellen und zu verabschieden, nimmt den Bürgern die Möglichkeit, sich einzubringen.
König: Das sehe ich etwas anders. Die Bürger können das ganze Jahr über auf die Verwaltung oder die Fraktionen zugehen. Dass Bürger sagen, dass sie eine Haushaltsstelle gestrichen und eine andere eingesetzt haben wollen, halte ich für unrealistisch. Der Bürger äußert Wünsche, und die Verwaltung versucht, das einzuarbeiten.
Was macht die Nahversorgung in Neckarhausen? Haben Sie den „Teo“-Laden am Freizeitbad schon eingetütet?
König: (lacht) Ich bin optimistisch, dass wir den Ende diesen Jahres, spätestens aber Anfang nächsten Jahres einweihen können.
Das klingt jetzt aber schon sehr weit fortgeschritten…
König: Da habe ich mich auch sehr bemüht drum. Wir steigen schon in die konkreten Planungen ein. Da müssen noch übergeordnete Behörden zustimmen und natürlich auch der Gemeinderat, aber da sehe ich keine Ablehnung.
Und wie kommt die Edeka-Ansiedlung in Neckarhausen Nord voran?
König: Momentan gar nicht.
Wo hängt es?
König: Zum einen haben wir noch keine klare Mehrheit im Gemeinderat für oder gegen das Projekt, zum anderen ist die Fläche im Flächennutzungsplan dafür nicht entsprechend gewidmet.
Halten Sie es für möglich, dass die Ansiedlung am Gemeinderat scheitert?
König: Für so ein Projekt reicht es nicht, nur eine knappe Mehrheit zu haben, das muss von der breiten Masse getragen und gewollt werden.
Auch die Wohnungsnot wollen Sie angehen. Aber im Amselweg in Edingen und in Neckarhausen-Nord sind aktuell keine Fortschritte zu sehen. Woran liegt es?
König: Zum einen ist die momentane Lage für Bauträger alles andere als lukrativ. Wir sind aber dran, in der Aprilsitzung voranzukommen. Der Gemeinderat wird sich im April damit befassen, wie es im Amselweg weitergeht. Da stellt die Stiftung Schönau neue Pläne vor.
In Neckarhausen liegt inzwischen Glasfaser für schnelles Internet, wann kommt das in Edingen?
König: Auch hier laufen Gespräche, und ich bin zuversichtlich, dass wir im nächsten Jahr das Problem lösen können. Mit welchem Anbieter, das ist noch offen.
Kommen wir zum ewigen Thema Hilfeleistungszentrum. Die neue Unterkunft der Feuerwehr müsse schnellstmöglich gebaut werden, haben Sie vor der Wahl gesagt. Bislang ist aber noch nicht einmal entschieden, wer baut. Die Gemeinde oder ein Investor. Wann beschließt der Gemeinderat endlich darüber?
König: Ich würde sagen, so schnell wie möglich. Das Problem ist nicht, ob wir es wollen, sondern ob wir es finanzieren können. Nur weil es nicht öffentlich behandelt wird, heißt es nicht, dass sich die Verwaltung nicht damit beschäftigt.
Das Investorenmodell ist also noch nicht gesetzt?
König: Beides ist möglich. Auch eine Investorenlösung kostet uns viel Geld, nur nicht so viel auf einmal, wie wenn wir es selbst bauen. Wir haben einen defizitären Haushalt, und auch Mieten müssen erst einmal finanziert werden.
Auch die Digitalisierung steht auf Ihrer Agenda ganz oben. Wann kommt die Bürger-App?
König: Digitalisierung hat für mich nicht zwangsläufig mit der App zu tun. Sicher werden wir die App irgendwann haben. Aber unter Digitalisierung verstehe ich in erster Linie die Erleichterung für die Verwaltung und für die Bürger bei der Bearbeitung von Daten.
Können Sie ein Beispiel nennen?
König: Behördengänge sollen erleichtert werden und im besten Fall wegfallen, damit ich nur dann ins Rathaus gehe, wenn ich es will, und nicht, weil ich es muss.
Die ersten 100 Tage sind vorüber. Was wollen Sie auf jeden Fall erledigt haben, wenn wir uns Ende des Jahres zum Interview treffen?
König: Ist das schon terminiert? (lacht) Mir wäre es wichtig, dass wir ein schönes Jubiläumsjahr haben. Das nimmt im Moment unglaublich viel Zeit und Kraft in Anspruch von vielen Rathausmitarbeitern. Ich würde mich freuen, wenn wir am Ende des Jahres darauf anstoßen können, dass wir ein hervorragendes Gemeindejubiläum hatten.
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