Handel - Suche nach Markthaus-Alternativen

Edingen-Neckarhausen sucht nach Markthaus-Alternativen

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Im September 2015 wurde das neue Markthaus in der Hauptstraße in Neckarhausen eröffnet, Ende September 2022 schließt es für immer.

© Hans-Jürgen Emmerich

Die Schließung der Markthaus-Filiale in Neckarhausen stößt bei den Fraktionen im Gemeinderat auf Bedauern. Wir haben nachgefragt, welche Möglichkeiten sie sehen, um die Nahversorgung des Ortsteils auch in Zukunft sicherzustellen.

Die Unabhängige Bürgerliste (UBL-FDP/FWV) fordert, die Gemeinde müsse „in Gespräche mit Gewerbetreibenden eintreten, die vielleicht Interesse an einer Fortführung haben“. Es müsse in alle Richtungen ausgelotet werden, was möglich sei, schreibt ihr Sprecher Klaus Merkle: „Keinesfalls darf Untätigkeit eintreten.“ Beim Betrieb des Markthauses hatte sich die Gemeinde nach der Ungewissheit vor zwei Jahren zu einer finanziellen Unterstützung bereiterklärt. Wie sich das zukünftig darstelle, werde der Gemeinderat entscheiden müssen.

„Wenn man ehrlich ist, war es auch für uns Kunden kaum zu übersehen, dass die Räumlichkeiten einfach zu klein waren für einen Supermarkt, der wirtschaftlich sein will und muss“, schreiben Lukas Schöfer und Florian König für die CDU-Fraktion. Sie könnten sich gut vorstellen, hierzu einen „Beteiligungs- und Planungsprozess“ zu initiieren, in den Bürger, Gewerbetreibende, Politik und Verwaltung eingebunden werden. Dafür ließen sich auch Fördermittel beantragen, schreibt die CDU und mahnt zur Eile.

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Die Argumentation, das Ladenlokal sei nicht groß genug für ein rentables Geschäft, will Walter Heilmann von der Offenen Grünen Liste (OGL) so nicht stehen lassen. Es gebe „durchaus Geschäftsmodelle, die auch im kleinen Rahmen funktionieren“, schreibt er und verweist auf den Gemüseladen Ayhan im Vogelskorb, der neben den Waren des täglichen Bedarfs sogar eine warme Mahlzeit jeden Tag anbiete. Die OGL sieht die Wirtschaftsförderung in der Pflicht, mögliche Lösungen zu prüfen, darunter einen Weiterbetrieb durch eine Genossenschaft.

Einen anderen Betreiber würde auch die SPD gerne suchen, wie Tobias Hertel schreibt. „So etwas wie das Markthaus wird es aber nicht mehr geben, da die Fläche des Marktes schlicht zu klein ist, um ihn als eine Art Supermarkt wirtschaftlich zu betreiben“, schränkt er ein. Den Neubau eines Edeka-Marktes am nördlichen Ortsrand befürworten die Sozialdemokraten.

Alle Bemühungen, im Ortszentrum von Neckarhausen das Markthaus oder einen vergleichbaren Anbieter zu halten, hätten sich leider als nicht tragfähig erwiesen, bedauert Edgar Wunder (Die Linke). Die beständig auflaufenden Defizite seien aufgrund der recht geringen Verkaufsfläche einfach zu groß. Über die Ansiedlung eines Edeka-Marktes am Ortsausgang von Neckarhausen sollten die Bürger entscheiden.

Nach Ansicht von Gemeinderat Ulf Wacker (parteilos) kann die Gemeinde allenfalls unterstützen. Man müsse abwarten, ob es irgendeine Idee oder Initiative zur Nahversorgung im Ortskern gebe.

Die Stellungnahmen im Wortlaut:

Klaus Merkle, UBL: Zunächst darf ich auf unseren Antrag vom März 2020 verweisen. Wir hatten ihn daher schon frühzeitig gestellt, damit genau der Fall, der jetzt eingetreten ist, vorausschauend bedacht wird und Lösungsmöglichkeiten geprüft werden, was nun unerlässlich ist. Das hätte schon passieren können. Wir erwarten, dass die Verwaltung hier nun tätig wird.

Zur Sicherstellung der ortsnahen Versorgung ist auch in Gespräche mit Gewerbetreibenden einzutreten, die vielleicht Interesse an einer Fortführung haben. Es ist in alle Richtungen auszuloten, was möglich ist. Keinesfalls darf Untätigkeit eintreten. Beim Betrieb des Markthauses hatte sich die Gemeinde nach der Ungewissheit vor 2 Jahren zu einer finanziellen Unterstützung bereiterklärt. Wie sich das zukünftig darstellt wird der Gemeinderat entscheiden müssen.

Die Anfrage der Firma Edeka zur Errichtung eines Marktes in Neckarhausen hat mit der Frage der Nahversorgung des Ortsteils Neckarhauen wenig zu tun, da dieser Markt an der Peripherie das dringend notwendige Erfordernis des Einkaufens im Ortskern nicht lösen würde. Wir benötigen in der Ortsmitte eine Einkaufmöglichkeit. An der Peripherie gibt es schon zahlreiche Versorger.

Lukas Schöfer und Florian König, CDU:  Eine traurige Nachricht erreichte uns vergangene Woche, als die Markthaus Mannheim GmbH via Pressemitteilung meldete, dass das Markthaus in der Hauptstraße in Neckarhausen am 30.09.2022 schließen wird. Sowohl Verwaltung als auch Gemeinderat hatten sich dafür eingesetzt, dass der kleine und im Ortsteil Neckarhausen zentral gelegene Einkaufsmarkt bestehen konnte. Selbst eine Subvention von bis zu 25.000 Euro pro Jahr beschloss der Gemeinderat für den Erhalt des Marktes, doch auch dies war vergebens. Und wenn man ehrlich ist, war es auch für uns Kunden kaum zu übersehen, dass die Räumlichkeiten einfach zu klein waren für einen Supermarkt, der wirtschaftlich sein will und muss.

Doch wie geht es nun weiter? Wir könnten uns aufgrund der Wichtigkeit des Themas, speziell für Neckarhausen gut vorstellen, hierzu einen Beteiligungs- und Planungsprozess, bestehend aus Bürgern, Gewerbetreibenden, Politik und Verwaltung zu initiieren. Bund und Land stellen unterstützend für die Kommunen Förderprogramme zur Verfügung, die gerade auf solche strukturellen Veränderungen abzielen. Hierzu zählen auch Beratungsleistungen, die ebenfalls förderfähig sind mit dem Ziel tragfähige Konzepte unter Einbeziehung aller relevanten Akteure zu erstellen. Das Thema ist sehr wichtig und zu drängend wir sollten hier keine weitere kostbare Zeit verstreichen lassen.

Walter Heilmann, OGL: Wir bedauern sehr, dass alle unsere Bemühungen für den Erhalt desMarkhauses in Neckarhausen offenbar umsonst waren. Der Gemeinderathatte einem finanziellen Stützungsbeitrag zugestimmt, im Aprilletzten Jahres auch im Bebauungsplan „Hauptstraße II im OrtsteilNeckarhausen – Teiländerungsplan VIII“ eine bauliche Erweiterungermöglicht und doch reichte das nicht, eine Schließung EndeSeptember 2022 zu verhindern.

Das Markthaus ist für viele EinwohnerInnen eine sehr wichtigeEinkaufsmöglichkeit für Artikel des täglichen Bedarfs,insbesondere für ältere Menschen ohne Auto, die vorwiegend zu Fußunterwegs sind. Mitten im Neckarhauser Ortszentrum gelegen passteeszur Idealvorstellung einer Gemeinde, in der alle wichtigenEinrichtungen in 15 Minuten zu Fuß erreichbar sind.

Auch der jetzt vorgesehene EDEKA-Markt am Ortsende vonNeckarhausenwird, wenn er denn kommt, das Problem nicht lösen, denn er ist vomOrtszentrum weiter entfernt als die Geschäfte von Lidl und Aldi imEdinger Gewerbegebiet.

Die Argumentation, dass das Ladenlokal nicht groß genug sei füreinrentables Geschäft, mag aus Sicht des bisherigen Betreiberseinleuchtend sein, aber es gibt durchaus Geschäftsmodelle, dieauchim kleinen Rahmen funktionieren, wie zum Beispiel der GemüseladenAyhan im Vogelskorb, der neben den Waren des täglichen Bedarfssogarnoch eine warme Mahlzeit jeden Tag anbietet.

Wir sehen es als Aufgabe der Abteilung Wirtschaftsförderung in derGemeindeverwaltung, mögliche Lösungen zu prüfen: Finden einesPächters, der den Betrieb in geeigneter Form weiterführt, odereinen Weiterbetrieb durch eine kleine Genossenschaft mitEhrenamtlichen und mit Förderung durch die Gemeinde.

Tobias Hertel, SPD:   Mit großem Bedauern mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass das Markthaus zum 4. Quartal in Neckarhausen schließen wird. Leider liegt dies nicht in der Macht der Gemeinde, da es sich um eine Mannheimer Firma handelt. Auch der Vermieter trägt daran keine Schuld, da die Betreibergesellschaft den Markt schlicht aus wirtschaftlichen Gründen abstößt, obwohl die Gemeinde sogar einen Verlustausgleich mit jährlich bis zu 25.000 Euro bezuschusst hat. Diese wurden nach Aussage des Bürgermeisters sogar nie vollständig abgerufen – der Markt trägt sich also so zumindest auf Null und es wäre so ein Nahversorger mitten im Ort erhalten geblieben. Abgesehen von einem neuen Markt gegenüber der BÄKO wird die SPD einen Prüfauftrag an die Gemeindeverwaltung stellen, indem beauftragt wird zu prüfen, ob es möglich ist einen anderen Betreiber für den kleinen Markt zu finden. So etwas wie das Markthaus wird es aber nicht mehr geben, da die Fläche des Marktes schlicht zu klein ist um ihn als eine Art Supermarkt wirtschaftlich zu betreiben und es auch nicht auf Dauer sein kann, dass Verluste aus der Gemeindekasse bezahlt werden. In Ladenburg hat kürzlich ein sogenannter „Unverpackt“-Laden geöffnet. Wie eine Art „Tante Emma“-Laden gibt es hier ein reduziertes Angebot, dies jedoch unverpackt, somit verpackungsmüllfrei - eine mögliche und auch nachhaltige Lösung. Ebenfalls gibt es solch ein Konzept auch anderen Orts. Des weiteren kann geprüft werden, ob es möglich wäre dies von einem Verein zu leisten, der den Markt übernimmt und sich ähnlich wie jetzt von REWE beliefern lässt. Auch soll geprüft werden, ob die Gemeinde eine Möglichkeit hat den Markt zu betreiben. Fakt ist, gerade die Älteren oder weniger mobilen Menschen brauchen einen Nahversorger im Ortskern. Fakt ist auch, dass es wegen der Zeitung, der Butter, etwas Mehl, usw. nicht nachhaltig ist, in die großen Märkte Kaufland, Lidl oder Aldi mit dem Auto fahren zu müssen. Es müssen nun verschiedene Ansätze verfolgt werden, handeln ist gefragt!

Die SPD musste viel Schelte einstecken, weil man wollte, dass weiterhin ein Nahversorger in Neckarhausen bleibt und man einen EDEKA gegenüber der BÄKO befürwortet hat. Damals wurde gesagt, es gäbe das Markthaus und man wolle keine Konkurrenz zu den heimischen Bäckern und Metzger. Es bleibt abzuwarten, ob diese Stimmung bleibt, wenn zunächst die beiden einheimischen Bäcker in den nächsten Jahren in Rente gehen und schließen. Dann wird das Geschrei nach einer Einkaufsmöglichkeit wieder groß werden und dann wird es Jahre dauern, bis dies wieder kompensiert ist. Dies ist jedoch ein anderes Thema. Die SPD würde es begrüßen, wenn zunächst mit dem Inhaber des Edeka Marktes in Edingen gesprochen wird, ob dieser zusätzlich einen Markt in Neckarhausen eröffnen möchte, bevor es EDEKA direkt macht. Laut der Marktevaluierung gäbe es genügend Nachfrage nach einem zweiten EDEKA. Was wir nicht wollen, ist, dass einheimische übergangen werden. Wenn Herr Völkle keinen zusätzlichen Markt eröffnen möchte, spricht nichts dagegen, wenn dies EDEKA direkt macht. Aber dies gilt es auf jeden Fall durch die Verwaltung im Vorhinein abzuklären.

Edgar Wunder, Die Linke: Alle Bemühungen, im Ortszentrum von Neckarhausen das Markthaus oder einen vergleichbaren Anbieter zu halten, haben sich leider als nicht tragfähig erwiesen. Die beständig auflaufenden Defizite sind aufgrund der recht geringen Verkaufsfläche einfach zu groß. Das muss man als Realist zu Kenntnis nehmen und daran kein leider auch der Gemeinderat nichts mehr ändern.

Zur Frage eines neuen großen Edeka-Marktes am Ortsausgang von Neckarhausen Richtung Seckenheim gibt es sowohl gute Pro- als auch gute Contra-Argumente. Ein ideales Thema für einen Bürgerentscheid. Die Linke behandelt dieses Thema ergebnisoffen, ist nicht dogmatisch auf eine bestimmte Position festgelegt, sondern drängt darauf, dass bei einer solchen Frage der noch zu ergründende mehrheitliche Willen der Bürgerschaft beachtet wird. Allerdings muss ehrlich zugegeben wird: Der jetzt nicht mehr abwendbare Ausfall des Markthauses spricht als Argument eher für den Bau eines neuen Edeka-Marktes als dagegen.

Ulf Wacker, fraktionslos: Die Gemeinde kann allenfalls unterstützen. Daher müssen wir abwarten, ob es irgendeine Idee oder Initiative zur Nahversorgung im Kern von Neckarhausen gibt und dann prüfen, was wir tun können. Ein Edeka-Markt am Nordrand von Neckarhausen würde das Problem wohl für einige Anwohnende in den Wingertsäckern und in Neckarhausen Nord lösen. Einer Versorgung im Ortskern aber würde er einen Teil des Wassers abgraben. Wenn es nur um die einfache Alternative ginge, Ortskern oder nicht, dann wäre ich absolut für Ortskern. Aber so einfach ist es leider nicht. 

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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