Edingen-Neckarhausen - Nach Markthaus-Schließung kommen viele Neckarhäuser nicht mehr zu Fuß zum Einkaufen

Nahversorgung in Neckarhausen rückt in weite Ferne

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Die Tage der Markthaus-Filiale in Neckarhausen sind gezählt. Bis September schließt der Laden im Ortskern von Neckarhausen. © Marcus Schwetasch

Edingen-Neckarhausen. Mit der Schließung der Markthaus-Filiale in Neckarhausen wird die Nahversorgung des Ortsteils ab September deutlich schlechter. Trotz seiner zentralen Lage brachte der Laden nicht genug Umsatz, um auf Dauer wirtschaftlich arbeiten zu können. Auch ein Zuschuss der Kommune von bis zu 25 000 Euro in den Jahren 2020 und 2021 konnte den Betrieb nicht retten.

Offen ist, wie es nun weitergeht. Das Gebäude befindet sich in Privateigentum, eine weitere Vermietung des Erdgeschosses als Ladenlokal für Einzelhandel mit Lebensmitteln hält Bürgermeister Simon Michler nach Gesprächen mit dem Eigentümer für unwahrscheinlich. Mit einer Fläche von rund 140 Quadratmetern gilt der bestehende Laden als zu klein für einen rentablen Betrieb. Zwischen 300 und 400 Quadratmeter wären notwendig. Zwar gebe es theoretisch auch die Möglichkeit einer Erweiterung auf einer Freifläche Richtung Schloss, doch die befindet sich ebenfalls in privater Hand, und die Gemeinde hat keinen Zugriff. „Das hat mein Vorgänger Roland Marsch schon mehrfach versucht, und ich auch“, erklärt Bürgermeister Simon Michler.

© MM-Grafik

„Dorfladen kaum denkbar“

Ein anderes Modell, das in der Vergangenheit diskutiert wurde, ist eine Art Dorfladen auf Genossenschaftsbasis. Doch da zeigt sich Michler skeptisch: „Das klappt mit Müh’ und Not im tiefsten Odenwald oder im Kraichgau.“ Tatsächlich hat ein solcher Laden im Bensheimer Ortsteil Hochstädten, der auch vom Land Hessen mit 5000 Euro gefördert wurde, Ende 2021 wieder aufgeben müssen. Der Dorfladen mit Vollsortiment habe sich als wirtschaftlich nicht tragbar dargestellt, heißt es. Das Café-Angebot solle aber ausgebaut werden, „um einen lebendigen Treffpunkt für Hochstädten zu erhalten und Wandersleute zu verköstigen“, wie es vom Förderverein heißt. Seit Januar gibt es in dem Café in Hochstädten samstags und sonntags Backwaren, künftig soll ein kleiner Shop mit regionalen Produkten integriert werden.

Im Schriesheimer Stadtteil Altenbach wurde die Idee eines Dorfladens wieder auf Eis gelegt. Auch dort entsteht gerade ein Café als Treffpunkt. Abgesehen von diesen eher negativen Erfahrungen gibt es in Neckarhausen noch ein ganz anderes Problem, wie der Bürgermeister betont: „Wir haben gar kein Grundstück zu bieten, auf dem man eine solche Lösung verwirklichen könnte.“

Die Unabhängige Bürgerliste (UBL-FDP/FWV) hatte bereits im März 2020 nach der Bewilligung von Zuschüssen der Kommune an die Markthaus-Betreiber beantragt, „in einer der Gemeinderatssitzungen im 1. Halbjahr 2020 Betreiber funktionierender Dorfladen-Genossenschaften, ggf. unter Mitwirkung von Experten den Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes, und Vertreter des Landratsamtes zum kreiseigenen Modellprojekt ’Emmas App’ (Spechbach) berichten zu lassen, um mit diesen dabei erhaltenen Informationen auf kurzfristige Veränderungen angemessen, frühzeitig und zielführend reagieren zu können.“ Der Antrag gehöre leider zu jenen, die liegengeblieben seien, schrieb Fraktionssprecher Klaus Merkle am Montag an Bürgermeister Michler und fordert jetzt eine Behandlung im Rat. Michler hingegen verweist darauf, dass der Antrag der UBL einvernehmlich zurückgestellt worden sei, zumal die Gemeinde nicht über eine entsprechende Liegenschaft verfüge.

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Edeka an der Peripherie

Unter Nahversorgung versteht man Einkaufsmöglichkeiten, die im Umkreis von rund 500 Metern liegen und gut zu Fuß gut erreichbar sind. Die Grafik zeigt, dass der Standort des Markthauses nur für einen Teil von Neckarhausen diese Voraussetzungen erfüllt. Gleiches gilt für einen möglichen Edeka-Markt am Nordrand des Ortsteils, gegenüber von Bäko, dessen Verwirklichung noch völlig offen ist. Selbst wenn heute nach einer umfassenden Bürgerbeteiligung ein positiver Beschluss gefasst würde, könnte der Markt nicht vor 2025 öffnen.

Etwas schneller könnte es möglicherweise in dem knapp sechs Hektar großen Neubaugebiet Neckarhausen Nord gehen. Hier erlaubt der Bebauungsplan ausdrücklich die Möglichkeit, kleine Läden zur Nahversorgung einzurichten. Deren Lage wäre aber ebenfalls längst nicht für den gesamten Ortsteil bequem zu Fuß zu erreichen. Noch weiter entfernt liegen die Discounter im Gewerbegebiet an der Speyerer Straße für die meisten Neckarhäuser. Selbst von der Ortsmitte aus sind es mindestens 1000 Meter bis dorthin.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.