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Das „Gartenbad“ in Neckarhausen feiert sein Fünfzigstes

Im März 1973 wurde das "Gartenbad" in Neckarhausen seiner Bestimmung übergeben, Was die damals noch selbstständige Gemeinde für sechs Millionen D-Mark gebaut hatte, sorgt heute für ein jährliches Defizit von 700.000 Euro.

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Das Freizeitbad in Neckarhausen wird 50 Jahre alt. Die Wassergymnastik unter der Leitung von Christel Engelhart ist ein Erfolgsmodell. © Christoph Blüthner

Neckarhausen. Genau ein halbes Jahrhundert ist es nun her, dass in Neckarhausen das kommunale Hallenbad seinen Betrieb aufgenommen hat. Die damals noch eigenständige Gemeinde Neckarhausen hatte das Bad samt Sporthalle und Caféteria in mehr als zwei Jahren für insgesamt rund sechs Millionen Mark bauen lassen. Die Einweihung erfolgte rechtzeitig zur 1200-Jahrfeier.

In der Ausgabe vom 10./11. März 1973 berichtete der „MM“ über die Eröffnung des kommunalen Freizeitbades in Neckarhausen. © MM-Archiv

Dabei war das Hallenbad anfangs gar nicht in dieser Form geplant. Erst 1969 beschloss der Gemeinderat, den Bau einer Schulturnhalle als Teilausbaustufe der Graf-von-Oberndorff-Schule fallen zu lassen und stattdessen eine größere Schulturnhalle mit Kleinschwimmbad zu erstellen, und zwar im Neckargarten. So hieß der Teil des Schlossparks, der zwischen Hauptstraße und Neckar lag.

Drei Bauphasen

Die Architekten Zinser-Lindemann erstellten im Auftrag der Gemeinde die Pläne, die im Februar 1970 dem Regierungspräsidium vorgelegt wurden. Nur knapp ein halbes Jahr später lag bereits die Baugenehmigung des Landratsamtes vor, ein Tempo, von dem heutige Bauherren – zumal von öffentlichen Vorhaben – nur träumen können.

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Hallenbad in Neckarhausen wird 50

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„Der Rohbau wurde in drei Phasen vorangetrieben“, heißt es im „MM“ vom 7. März 1973: Hallenbad, Turnhalle und Eingangsbereich. Im September 1972 waren alle drei Teile abgeschlossen. Die „Turnhalle mit Gartenhallenbad“ ist laut jenem Artikel auf einem 11 000 Quadratmeter großen Grundstück „im Mittelpunkt der Gemeinde direkt am Neckar“ entstanden. Dabei wurden 1839 Quadratmeter Fläche bebaut, 17 072 Kubikmeter umbaut. Das ist etwa das Dreifache des Volumens der Kita „Neckar-Krotten“ im Gemeindepark in Edingen, die Ende 2021 fertiggestellt wurde und rund 5,5 Millionen Euro kostete. Dies und ein Blick auf die aktuelle Planung des Kombibads in Ilvesheim lässt vermuten, dass ein solches Objekt heute 20 Millionen Euro kosten würde.

Kleiner geplant

Ursprünglich sollte das Hallenbad in Neckarhausen kleiner sein und eine Wasserfläche von nur 200 Quadratmetern haben, 250 wurden es am Ende. So verfügt das Becken über vier Bahnen von je 25 Metern Länge und ist damit auch für Wettkämpfe geeignet. Die äußere Form des Gebäudekomplexes war damals offenbar auch Thema. „Die eigenwillige Architektur fügt sich mit der Staffelung der Baukörper zum Neckarufer hin in die Landschaft ein“, schreibt der Autor und notiert zur Heizung: „Mit Rücksicht auf die Umwelt und Reinhaltung der Luft wird die Anlage mit Gas gefahren.“

2010 zum Freizeitbad ausgebaut

Archivartikel vom 23.6.2010:

Neckarhausen: Freizeitbad seit gestern wieder für Besucher geöffnet / Bürgermeister erläutert bei Rundgang die Arbeiten mit einem Volumen von 700 000 Euro

Eine Million Liter kühles Wasser locken

Von Hannelore Schäfer

„Die Becken wurden mit einer Million Liter Wasser gefüllt und sind betriebsbereit.“ Bürgermeister Roland Marsch hatte das kühle Nass ebenso wie Architekt Don Lindemann am Vortag der Wiedereröffnung spaßeshalber bei einem „Fußbad“ getestet. Die Besucher haben seit gestern wieder Gelegenheit, in die Fluten des Freizeitbades, das sich nach der Sanierung heller und freundlicher präsentiert, einzutauchen.

Den Rundgang mit den Architekten sowie mit Vertretern von Firmen, Verwaltung und Gemeinderat hatte Marsch genutzt, um die Entwicklung vom reinen Zweckbad hin zum Freizeitbad zu schildern. 1973 ist das damalige Hallenbad mit einem Kostenaufwand von 5,5 Millionen Mark entstanden, Ende der 1980er Jahre wurde der nüchterne Zweckbau ebenfalls mit Millionen-Aufwand zum Freizeitbad umgestaltet. Der jetzigen Sanierung sind Anträge beim Bund vorausgegangen, der zur Belebung der Wirtschaft ein Konjunkturpaket geschnürt hatte. Die Anträge wurden unter der Prämisse bewilligt, dass die zugesagten Gelder rasch investiert und umgesetzt werden. So flossen 232 000 Euro in die energetische Sanierung der Graf-von-Oberndorff-Schule und 145 000 Euro konnten als Infrastrukturmaßnahme im Freizeitbad eingesetzt werden, das ebenfalls energetisch saniert wurde.

Außerdem stellte sich die Decke des Bades als sanierungsbedürftig heraus. „Als finanziell dicker Brocken hat sich auch der Austausch der umfangreichen Fensterfront herausgestellt, deren Verglasung jetzt größer und auch heller ist“, stellte Marsch fest. Durch zusätzliche Fliesenarbeiten sei die Wiedereröffnung verzögert worden, so dass man anstatt am 1. Juni erst Ende Juni den Badebetrieb wieder aufnehmen konnte. Die Gesamtkosten der Sanierung mit zunächst geschätzten 675 000 Euro würden nun bei knapp 700 000 Euro abgeschlossen, wobei für die Mehrkosten auch ein Gegenwert erbracht worden sei.

Allerdings hat es auch bei den Eintrittspreisen eine Anpassung nach oben gegeben. Selbst wenn man die Erhöhung der Eintrittsgelder ins Kalkül einbeziehe, so Marsch, werde das Freizeitbad jährlich mit einer dreiviertel Million „aus unserer aller Steuermittel“ bezuschusst, und er fügte an: „Wir haben das Freizeitbad jetzt zwar energetisch saniert und baulich einiges getan, aber das ist keine Komplettsanierung, mit der Zeit wird Weiteres anfallen.“ Auf der anderen Seite stelle das Bad mit seiner Premium-Lage direkt am Neckar und mit jährlich bis zu 100 000 Besuchern eine Attraktion dar. Außerdem bedeute es ein Stück Lebensqualität für die Einwohner sowie für die Vereine und Schulen, die es nutzten.

„Wir haben die alten braunen Sachen raus getan und durch weiße helle ersetzt“, zeigte sich Architekt Don Lindemann zufrieden mit dem Ergebnis. Dass die Decke so toll geworden ist und man jetzt bei den Fenstern den vollen Durchblick hat, freute ihn besonders. Von der neuen Beschallungsanlage profitieren insbesondere die Leiterinnen der Wassergymnastik. „Die Mehrzahl unserer Teilnehmer kommt von außerhalb, und die wissen vielleicht noch gar nicht, dass das Freizeitbad wieder offen ist“, hofft Christel Engelhart auf „Mundpropaganda.“

Bei der Einweihung der Freizeiteinrichtung am 7. März 1973 übergab der Mannheimer Architekt Don Lindemann den Schlüssel an den damaligen Bürgermeister Eduard Schläfer, dessen Namen heute die Sporthalle trägt. Es sei „ein stolzes und freudiges Ereignis“, sagte er damals und sprach von der „Inbetriebnahme des größten Bauvorhabens der Gemeinde“.

„Gemeindliche Großtat“

„Mehrere Sprecher stellten die neue großartige Anlage direkt am Neckar als eine gemeindliche Großtat heraus“, heißt es im Artikel über die Eröffnung. Die selbstständige 5000-Einwohner-Gemeinde habe damit ein Beispiel ihrer Leistungskraft gegeben. Einmalig war das allerdings nicht. Der Amtsverweser des Rhein-Neckar-Kreises, Georg Steinbrenner, wird mit der Aussage zitiert, dies sei das 15. Hallenbad im Landkreis. Während das Bad in Neckarhausen schon eröffnet wurde, begann in Heddesheim und in Ilvesheim der Bau erst.

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50 Jahre Freizeitbad, wie die Einrichtung heute genannt wird, sind ein Grund zum Feiern, und das soll am Sonntag, 16. Juli, im Rahmen der 1250-Jahrfeier passieren. „Das Freizeitbad ist uns natürlich wichtig und macht unsere Gemeinde unglaublich attraktiv“, formuliert Bürgermeister Florian König, legt aber auch den Finger in die Wunde: „Die andere Seite der Medaille sind die Kosten, die wir nicht aus den Augen verlieren dürfen.“ Gleichwohl betont er: „Wir sind froh, dass wir das Bad haben und es uns momentan noch leisten können.“ Wie das in Zukunft aussehe und ob man irgendwann das 100. Jubiläum feiern könne, wage er nicht zu prognostizieren.

Hohes Defizit

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Diese Aussage kommt nicht von ungefähr. Denn das Bad zählt – anders als beispielsweise Schulen und Kindergärten – zu den freiwilligen Leistungen der Gemeinde. Diese müssen auf den Prüfstand, wenn es darum geht, die kommunalen Finanzen zu konsolidieren. Das Defizit, das das Freizeitbad Jahr für Jahr einfährt, liegt immerhin bei 700 000 Euro – und das trotz einer Erhöhung der Eintrittspreise für Erwachsene auf 6,50 Euro. Pro Badegast legt die Gemeinde rund zehn Euro drauf. In Heddesheim liegt das jährliche Minus bei knapp einer Million Euro, die Zahl der Badegäste bei 80 000, die hier aber nur vier Euro zahlen.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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