Bürstadt. „Ich habe das hier gesehen und nicht mehr locker gelassen“, gesteht Bernd Kalusche grinsend. „Dieser Raum hat die ideale Größe für eine Ausstellung und ist durch seinen eigenen Charme einfach fantastisch.“ Der Bürstädter Künstler präsentiert acht großformatige sowie mehrere mittelgroße Kunstwerke und einige Skulpturen in der Halle von Rüdiger Engert am Bahnhof. Für einen tollen Kontrast sorgt Künstlerin Heike Hensel aus Lampertheim mit ihren kleineren, verspielteren Werken. Am Freitag und Samstag, 24. und 25. September, ist die improvisierte Ausstellung in der Industriestraße zu sehen. Es ist gewissermaßen der Startschuss für Engerts ambitioniertes Projekt „Kultur am Übergang“, kurz KamÜ.
Die geplante Sanierung möchte Engert Anfang des Jahres beginnen. Denn noch gehört ihm das Grundstück nicht. Der Notartermin steht aber schon fest. Danach will der Bürstädter die Nutzungsänderung in Auftrag geben. Mehr braucht er nicht, denn rein äußerlich sollen die Hallen so bleiben. „Dieser Charakter muss unbedingt erhalten bleiben: Nur nicht zu viel renovieren“, bittet Bernd Kalusche. Die Ausstellungsfläche könnte durch zu viel Design oder Firlefanz an Qualität einbüßen. Dann komme die Kunst nicht mehr richtig zur Geltung, findet auch Heike Hensel.
Positive Reaktionen
Ihre Begeisterung teilen offenbar noch mehr Künstler, die Fotos der einst landwirtschaftlich genutzten Halle gesehen haben. Sogar aus Australien hat Kalusche positive Reaktionen bekommen, erzählt er. „Man kann hier auch alles hängen. Die Proportionen stimmen perfekt.“ Durch das Dachgebälk ergeben sich Boxen, in denen sich einzelne Künstler bei einer großen Schau präsentieren könnten, überlegt Kalusche. Ideen hat der Künstler viele.
Dass das keine Luftschlösser sind, sondern realisierbar ist, bestätigen Stefanie und Rüdiger Engert. Sie wollen das Obergeschoss der östlichen Halle tatsächlich als Ausstellungsfläche belassen. Die Sanierung soll daher behutsam erfolgen und sich aufs Nötigste beschränken: Es muss ein neues Dach drauf, Toiletten und eine Heizung sollen installiert werden. Für die zwei Tage der Ausstellung können Gäste die städtische Toilette am Bahnhof nutzen, erzählt Engert dankbar.
Ins rechte Licht wird Tobias Rohatsch die Kunstwerke rücken. Der Bürstädter ist bekannt für seinen künstlerischen Umgang mit Scheinwerfern. Wegen der schwierigen Parksituation in der Industriestraße bitten Engerts darum, dass die Gäste ihr Auto am Bahnhof abstellen, wo abends Platz ist, oder gleich mit Bus, Bahn, zu Fuß oder mit dem Rad kommen. „Wir erwarten viele Kunstinteressierte, aber auch Menschen, die neugierig sind auf diese Halle“, sagt der Gastgeber.
„Es ist keine konventionelle Ausstellung“, macht Kalusche deutlich. Denn die Werke würden nicht beschriftet und mit Preisen gekennzeichnet, und es gebe auch keine Eröffnungsrede. Wem ein Bild oder eine Skulptur gefällt, der könne sich dennoch an die Künstler wenden.
„Raus aus dem Alltag“
Für Rüdiger Engert ist bei der Aktion wichtig, dass die Kunst Aufmerksamkeit erfährt. Heike Hensel ist überzeugt, dass dies den Menschen gut tut: „Raus aus dem Alltag, helle Farben anschauen und sich mit positiven Dingen beschäftigen.“ Die 53-jährige Lampertheimerin möchte mit ihren Arbeiten eine gewisse Leichtigkeit erzielen, erzählt sie. Deshalb passen ihre Werke auch zu gut zu denen Kalusches, denen mehr Ernsthaftigkeit anhafte.
In Zukunft – nach behutsamer Sanierung – soll es in der Halle nicht nur Ausstellungen, sondern auch kreative Angebote wie etwa Malkurse für Kinder geben. „Es gibt sehr viel Potenzial in Bürstadt, nur keiner weiß es“, findet Stefanie Engert. Mit ihrem Mann möchte sie ein Zeichen setzen und Positives bewegen.
Bis Ende kommenden Jahres hoffen die beiden, die Sanierung abschließen zu können. Außer diesem kreativen Raum im Obergeschoss planen sie ebenerdig Büroräume mit vier oder fünf mietbaren Arbeitsplätzen – sogenannte Coworking-Spaces – mit Teeküche. In der zweiten Halle direkt am Bahnübergang wird Stefanie Engert oben ein Yoga-Studio einrichten, während im Erdgeschoss ein großer Besprechungs- und Schulungsraum geplant ist. Dieser Bereich soll hochwertiger ausgestattet werden: mit Holzböden, großen Fenstern und einer Lüftungsanlage. Im Keller stehen Lagerboxen zum Mieten bereit.
Von der Idee, ein kleines Café einzurichten, hat sich das Ehepaar aber verabschiedet – auch weil die Anwohner das keinesfalls wollten.
Geöffnet ist am Freitag, 24. September, von 19 bis 22 Uhr sowie am Samstag, 25. September, zwischen 16 und 20 Uhr. Es gilt die 3 G-Regel.
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