Kinderbetreuung

Eltern wollen bei Kita-Gebühren in Bürstadt mitreden

Statt 619 Euro müsste Stefanie Hagemann nach dem neuen Berechnungsmodell 870 Euro für die Betreuung ihrer beiden Kinder in Kita und Krippe zahlen. „Das ist ganz schön viel Geld." Was das Parlament beschlossen hat

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Corinna Busalt
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Die Entscheidung über höhere Kita-Gebühren in Bürstadt ist erst einmal vertagt. Zunächst sollen die Eltern angehört werden, beschließt das Parlament. © dpa

Bürstadt. Statt 619 Euro müsste Stefanie Hagemann nach dem neuen Berechnungsmodell 870 Euro für die Betreuung ihrer beiden Kinder in Kita und Krippe zahlen. „Das ist ganz schön viel Geld“, sagt die Bürstädterin. Dass das Parlament die geplante Erhöhung der Gebühren verschoben hat, erleichtert sie sehr. Zuerst soll es nun eine Informationsveranstaltung für Eltern geben, heißt es in der Stadtverordnetenversammlung am Mittwochabend. Das kommt in der Runde der Eltern am Bürgerhaus gut an. „Wir wollen auch Lösungsansätze erarbeiten“, betont Hagemann mit weiteren Müttern und Vätern.

Hagemann hatte sich bereits in der Vorwoche im Haupt- und Finanzausschuss mit anderen Eltern zu Wort gemeldet und kritische Fragen an die Verwaltung gestellt (wir berichteten). Die Elternbeiräte haben sich inzwischen vernetzt und WhatsApp-Gruppen gegründet, denn die einzelnen Einrichtungen in Bürstadt hatten zuvor keinen Kontakt miteinander. Dass sich das ändern soll, verlangt nicht nur Hagemann zusammen mit weiteren Eltern, sondern auch Uwe Metzner (Grüne). Er fordert die Gründung eines Stadtelternbeirats, der mitredet, wenn es um die Höhe der Gebühren oder um Öffnungszeiten geht.

„Wir hatten alle keine Ahnung und waren überhaupt nicht informiert, was hier geplant ist“, sagt Stefanie Hagemann irritiert. „Die Erhöhung wurde wohl in einem Arbeitskreis beschlossen, in dem Leute sitzen, die keine Kinder haben und nicht betroffen sind“, meint Saskia Rodovsky kopfschüttelnd. „Da müssen doch die Eltern mit rein!“ Hagemann hat sich sogar beim Land erkundigt, wie das Thema Gebühren geregelt ist, und dort erfahren, dass die Kommunen diese festlegen. „Jeder hat ein Anrecht auf einen Betreuungsplatz – aber den Preis dafür legt die Stadt fest.“ Sie schüttelt den Kopf. Saskia Rodovsky ist überzeugt, dass ein Platz nichts nützt, wenn die Kosten zu hoch sind. „Eine Alleinerziehende kann sich nicht leisten, was Bürstadt hier vorsieht.“

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Personal fehlt, Kitas früher zu

Die Eltern werden auch den Eindruck nicht los, dass der Nachmittag so teuer werden soll, weil der Stadt Personal fehlt. Denn das spüren sie schon jetzt: „Bei den Sonnenkäfern kommen nachmittags Erzieher aus anderen Einrichtungen“, sagt Hagemann. „In St. Peter sind die Integrationskräfte für die ganze Gruppe da und nicht nur für ein Kind, wie das vorgesehen ist“, erzählt Saskia Rodovsky. Zwei Erzieher für 65 Kinder – das sei keine Seltenheit. „Wir werden beim Abgeben morgens schon angesprochen, ob wir unser Kind früher holen oder am nächsten Tag ganz daheim lassen können“, erzählt Anna Vent. „Wenn das nicht klappt, wird halt früher geschlossen“, ergänzt Hagemann, „dann müssen wir sehen, wie wir das überbrücken“. Alle nicken – dasselbe Bild in verschiedenen Einrichtungen.

Trotzdem lassen sie auf die Erzieher nichts kommen. „Die machen einen tollen Job!“, heißt es von allen Seiten. „Aber sie sind überfordert“, findet Rodovsky. Angesichts dieser kritischen Ist-Situation finden sie die geplante Erhöhung der Gebühren ungerechtfertigt. Dass es teurer werden wird, ist ihnen klar. So lange das maßvoll passiere, sei das auch in Ordnung – nicht aber der Vorschlag Verwaltung. „Wichtig ist, dass wir jetzt angehört werden und mitdiskutieren können“, sagt Tabea Brauch.

Genau das haben die Kommunalpolitiker verstanden: Einstimmig fällt das Parlament den Beschluss, den Tagesordnungspunkt zu verschieben. Erst soll es eine Informationsveranstaltung geben, sind sich alle einig. „Wir wollen die Eltern mit ins Boot nehmen und einbinden“, sagt auch Ursula Cornelius, Fraktionschefin der CDU. Erst nach einem intensiven Austausch solle die Entscheidung fallen. Doch sie spart nicht mit Vorwürfen: „Sie haben den Unmut nur geschürt. Im Gegensatz zu Ihnen haben wir Vorschläge eingebracht“, sagt sie in Richtung SPD und Freie Wähler, die sich strikt gegen die starke Erhöhung ausgesprochen hatten. Im Haupt- und Finanzausschuss hatte die CDU unter anderem für eine sanftere Erhöhung in zwei Stufen sowie für einen Geschwisterbonus über alle Einrichtungen hinweg geworben.

Debatte nach der Sommerpause

„In Zeiten von Inflation und steigenden Preisen war vollkommen absehbar, dass die Erhöhung zu Unmut bei den Eltern führt“, erklärt Torsten Pfeil (Freie Wähler). Vor allem sei es für Bürstädter nur schwer nachvollziehbar, warum sie hier so viel zahlen sollen, und die Betreuung auf der anderen Rheinseite für Eltern kostenfrei ist. Eindringlich bittet Pfeil darum, dass die Fraktionen sich bei dem Thema jetzt nicht gegenseitig Vorwürfe machen oder mit dem Finger aufeinander zeigen. Denn die Diskussion wird weitergehen nach der Sommerpause.

Redaktion Redakteurin des Südhessen Morgen und zuständig für die Ausgabe Bürstadt/Biblis

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