Kinderbetreuung

Kita-Gebühren: Eltern aus Bürstadt wehren sich gegen die Pläne

„Nicht mit uns!“: An Nachmittagen sollen Familien in Bürstadt deutlich mehr für Kita und Krippe zahlen. Das empfinden viele als ungerechnet - und können sich das kaum mehr leisten

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Sandra Bollmann
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Die Betreuung ihrer Kleinsten ist vielen Eltern lieb und teuer. Nun plant die Stadt eine massive Erhöhung der Betreuungsgebühr am Nachmittag. © dpa

Bürstadt. Eltern der Bürstädter Kitas und Krippen gehen auf die Barrikaden. Mehrere Protestbriefe sind bei der Stadtverwaltung eingegangen, bereits über 500 Menschen haben die Online-Petition „Nicht mit uns!“ unterschrieben. Sie alle wehren sich gegen den Vorschlag zur Erhöhung der Kita-Gebühren, der an diesem Mittwochabend im Haupt- und Finanzausschuss auf dem Tisch liegt. Danach steigen die Kosten für den Vormittag moderat, für den Nachmittag allerdings massiv an.

So bezahlen Familien für drei Stunden am Nachmittag bislang 73,92 Euro für ihr Kita-Kind. Nach dem neuen Vorschlag wären es für die gleiche Dauer 145 Euro. Bei den Krippen ist die Erhöhung ebenfalls deutlich: Statt bisher 120 Euro will das Rathaus künftig 180 Euro verlangen. Für die sechs Stunden am Vormittag und Mittag sieht der Vorschlag eine Erhöhung von rund 30 Euro vor. Da diese Kosten ohnehin das Land Hessen bezahlt, ändert sich hier für die Eltern nichts.

Steigende Personal- und Sachkosten lassen den Zuschussbedarf für Kindertages-stätten steigen. Auch die Elternbeiträge klettern sukzessive in die Höhe. © dpa

Als sie bei einem Info-Abend der SPD von den Plänen gehört hätten, seien viele Eltern schockiert gewesen, berichtet die Bürstädterin Ana Liebig unserer Redaktion. Zusammen mit anderen Vätern und Müttern hat sie nun einen mehrseitigen Brief aufgesetzt, den sie nicht nur an die Stadtverwaltung, sondern auch an den „Südhessen Morgen“ geschickt haben. Um bis zu 88 Prozent würden sich einzelne Module am Nachmittag verteuern, führen sie in dem Schreiben an. Die jüngsten Tarifverhandlungen hätten allerdings lediglich eine Lohnsteigerung von neun bis 13 Prozent ergeben. Diese Tatsache finde in dem Vorschlag aber keinerlei Beachtung.

Den Tränen nahe

Einige Eltern, mit denen sie in den vergangenen Tagen gesprochen hatten, seien „den Tränen nah“ gewesen, weil sie nicht wissen, wie sie die Mehrkosten stemmen sollen, berichten die Verfasser des Schreibens. Und nennen einige Beispiele: So zahlt eine junge Familie, beide berufstätig, zurzeit monatlich 445 Euro für ihr Krippenkind. Nach neuer Berechnung würden die Kosten auf 545 Euro steigen. Wenn auch das kleinere Kind in der Einrichtung betreut wird, kämen danach 860 Euro zusammen.

Ein weiteres Beispiel: Eine alleinerziehende Mutter, die Kinder sind zwei bis vier Jahre alt, arbeitet in Vollzeit und hat deshalb Ganztagsplätze gebucht. Mit den neuen Gebühren müsste sie 790 statt wie bisher 619 Euro bezahlen.

Die Vorwürfe der Eltern, die der Brief zusammenfasst, sind mehr als deutlich: Ob die „untragbare“ Preisgestaltung ein Versuch sei, „die Buchungszeiten der Eltern massiv zu verkürzen?“, schreiben sie. Und dann weiter, in fetten Lettern: „Wir als Eltern sind auf unsere Arbeit angewiesen!“ Und: „Wir haben Existenzängste! Wir können Betreuungszeiten nicht einfach kürzen, weil Sie die Preise anheben.“

Mütterdie Leidtragenden

Letztendlich seien zum großen Teil die Mütter die Leidtragenden, weil meist sie es seien, die unbezahlt zu Hause bleiben. „Frauen, die also eh schon weniger verdienen, weniger Rentenpunkte sammeln, werden auch hier wieder benachteiligt.“

Eine Stellungnahme zu dem Schreiben, um die unsere Redaktion die Stadtverwaltung gebeten hatte, ist bei uns am Dienstag zwar nicht mehr eingegangen. In einem Schreiben an die Eltern vom 19. Juni begründet das Rathaus die geplante Erhöhung der Gebühren allerdings ausführlich. So solle das Angebot „qualitativ und quantitativ“ unverändert bestehen bleiben. „Dennoch ist auch dem Personal eine Fürsorge zu gewähren und entsprechende Steuerung vorzunehmen“, hießt es. Die Belastung werde immer höher, und auch der Personalbedarf steige. Die langen Betreuungszeiten am Nachmittag bis 17 Uhr, aber auch wachsende Anforderungen wie Sprachförderung und die Betreuung von Integrationskindern mit körperlichen und geistigen Behinderungen führt die Stadt dabei an. Das alles könne ohne Anpassung der Gebühren nicht gewährleistet werden.

Die Entscheidungsvorlage sei von allen Parteien und auch den Vertretern der kirchlichen Betreuungseinrichtungen erarbeitet worden. Der Arbeitskreis Kindergartengebühren habe zwei Mal über den Vorschlag beraten, der Kinderbetreuungsbeirat dann ebenfalls zugestimmt.

Haupt- und Finanzausschuss tagt

Im Sozialausschuss erhielt das Thema bereits grünes Licht - allerdings stimmten SPD und Freie Wähler gegen den Vorschlag. An diesem Mittwoch steht das Votum im Haupt- und Finanzausschuss an. Das letzte Wort hat am 12. Juli die Stadtverordnetenversammlung.

Die verärgerten Eltern werden die Beratungen auf jeden Fall genau beobachten, wie Ana Liebig ankündigt: „Es werden sehr viele Eltern zur Sitzung kommen.“

Vorschlag der Verwaltung

Die Stadt rechnet die Betreuung der Kita- und Krippenkinder in Modulen ab, die einzeln gebucht werden können.

Nach dem aktuellen Vorschlag der Verwaltung sind das in den Kitas für das Modul 1 (7 bis 13 Uhr) 180 Euro, die allerdings das Land übernimmt. Bei den Krippenkindern zahlen die Familien für das Modul 1 (7.30 bis 12.30 Uhr) 220 Euro.

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Wer sein Kind bis 16 Uhr in der Kita lässt, zahlt 145 Euro dazu, bis 17 Uhr sind es 200 Euro. Bei den Krippenkindern sind es von 12.30 bis 16.30 Uhr 240 Euro.

Der Vorschlag zu den neuen Gebühren ist auf der Homepage der Stadt Bürstadt unter buerstadt.de im Ratsinformationssystem hinterlegt: Auf die Sitzung des Sozialausschusses am 13. Juni klicken und dann beim Punkt Kindergartengebühren auf die Büroklammer.

Redaktion Redakteurin "Südhessen Morgen", Schwerpunkt Bürstadt

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