Lampertheim. Das Ringen um Unterkünfte für geflüchtete Menschen hält die Stadtverwaltung seit Monaten in Atem. Umso größer war zunächst die Erleichterung, als Erster Stadtrat Marius Schmidt (SPD) im Dezember mitteilte, man plane im neuen Jahr zwei weitere Unterkünfte für Geflüchtete einzurichten - zum einen in der Gaußstraße im Gewerbegebiet und zum anderen in der Hofheimer Kirchstraße.
Im Fall der zweiten Adresse ist die Stadt nun aber zurückgerudert. Wie Schmidt sagt, kann der zweite Standort in der Hofheimer Friedensstraße nicht mehr genutzt werden, da der Eigentümer notwendige Auflagen - unter anderem zum Brandschutz und zu Stellplätzen - nicht umgesetzt habe. „Das hat die Nutzung des Gebäudes unmöglich gemacht“, fügte er auf Anfrage hinzu.
Unterkunft für Geflüchtete in Lampertheim: CDU Hofheim kritisiert die Stadtverwaltung mit scharfen Worten
Eine Unterbringung der Menschen sei nur dann möglich, wenn alle Auflagen erfüllt sind. Beide Immobilien sind in Privatbesitz und wurden der Stadt von den Eigentümern angeboten, wie Schmidt bei einer früheren Gelegenheit berichtet hatte. Indes plane man weiter mit der Gaußstraße, in der etwa 80 bleibeberechtigte Menschen unterkommen sollen.
Indes kritisiert die CDU Hofheim die Stadtverwaltung mit scharfen Worten. Hintergrund ist eine Anwohnerversammlung, die am heutigen Tag in Hofheim hätte stattfinden sollen und wegen des Kurswechsels kurzfristig abgesagt wurde. „Das Vorgehen der Stadtverwaltung und des zuständigen Ersten Stadtrates Marius Schmidt ist nicht akzeptabel und erweckt den Eindruck, dass er mit seiner Aufgabe schlichtweg überfordert ist“, heißt es vom Vorsitzenden der Hofheimer Christdemokraten, Bernhard Hossner, in einer Mitteilung vom Montag.
Doch habe die Stadtverwaltung mit Blick auf das Gebäude in der Friedensstraße Warnungen aus der Kommunalpolitik ignoriert. Hinweise habe es bereits seit mehr als zwei Jahren gegeben. „Daher ist es umso unverständlicher, dass diese Hinweise schlichtweg ignoriert wurden und durch eine unzureichende Vorbereitung sowie Kommunikation, kurz vor Weihnachten und dem Jahreswechsel, unnötige Unruhe in der Bevölkerung geschaffen wurde“, heißt es von der CDU. In der Tat kursierten nach Informationen dieser Redaktion in Hofheim bereits Unterschriftenlisten, mit deren Hilfe der Einzug Geflüchteter hätte verhindert werden sollen. Gerade bei dem sensiblen Thema der Flüchtlingsunterbringung sei eine vernünftige Vorbereitung und eine gute Kommunikation unerlässlich, mahnen die Hofheimer Christdemokraten. Nach ihrer Ansicht ist ein „übergeordnetes Gesamtkonzept“ erforderlich.
Ein solches Konzept fordern auch die Grünen. Zudem stimmt Fraktionschef Stefan Nickel in die Kritik ein und teilt auf Anfrage mit, die Entwicklung in Hofheim sei „nicht ganz so kurzfristig und unvorhergesehen aufgetreten“, wie das die Stadt beteuere. „Die Kritik sollte man aber nicht nur am federführenden Ersten Stadtrat Marius Schmidt festmachen. Die Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung betrifft dezernatsübergreifend mehrere Fachbereiche der Verwaltung.“ Insofern sei neben Schmidt auch Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) gefordert.
Gernot Diehlmann von der FDP geht davon aus, dass die Verwaltung das Gebäude in der Friedensstraße zwar baurechtlich prüfen ließ. Doch auch wenn eine erforderliche Genehmigungen vorliege, hätte man sich vor Ort überzeugen müssen, ob Vorgaben tatsächlich umgesetzt wurden, bevor man eine Anwohnerversammlung einberuft, kritisiert der FDP-Fraktionschef.
„Stadt handelt nicht unbedacht“
Sozialdezernent Schmidt demonstriert indes Gelassenheit. „Es ist mitnichten so, dass es uns bekannt war, dass die Unterkunft per se nicht geeignet ist“, heißt es in einer Mitteilung aus dem Rathaus. Darin bezieht er sich auf die Baugenehmigung für das Gebäude. Diese sei jedoch, wie bei einer Nachprüfung festgestellt wurde, nicht so wie auferlegt umgesetzt worden. Den Vorwurf, die Stadt agiere leichtfertig, will Schmidt nicht stehenlassen: „Unbedacht wäre gewesen, wenn wir unter diesen Umständen die Anwohnerversammlung - auf Unklarheiten aufbauend - einfach hätten stattfinden lassen.“ Man nehme die Kritik aber an, habe die bisherige Arbeitsweise „nochmals hinterfragt, konkretisiert und verbessert“.
„Wir sind jedoch irritiert darüber, dass man diesen Vorgang so hoch ansiedelt“, heißt es von Schmidt. Dennoch sah er sich am Montag genötigt, die schwierigen Bedingungen für die Stadt hervorzuheben. So arbeite man in Bezug auf die Unterbringung Geflüchteter wie auch andere Kommunen unter großem zeitlichen Druck. „Dass in solch einem eng getakteten Ablauf Fehler passieren können, dürfte jedem einleuchten.“ Im Rückblick habe man die Anwohner womöglich zu früh eingeladen. Dass der Eigentümer die entsprechenden Auflagen, etwa zum Brandschutz, zuletzt nicht erfüllt habe, sei indes vor zwei Jahren - wie es etwa die CDU behauptet - nicht absehbar gewesen.
Info: Quartiere
- Im Dezember wurde bekannt, dass in der Lampertheimer Gaußstraße etwa 80 Menschen einquartiert werden, in die Hofheimer Friedensstraße sollten eigentlich 30 Personen ziehen.
- In die Unterkünfte sollten Personen ziehen, die aktuell noch in der Unterkunft des Kreises in der Chemiestraße oder in der Florianstraße leben. Sie seien bereits längere Zeit in Lampertheim, als Flüchtlinge anerkannt und hätten Bleiberecht.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Unterbringung von Flüchtlingen ist eine Pflichtaufgabe