Hintergrund

Wegen Dinner mit der AfD: 29-jähriger Speyerer räumt Sitz in der CDU-Ratsfraktion

War das die Brandmauer? In der Domstadt legt der CDU-Kreisverband einem 29-jährigen Juristen den Austritt aus der Fraktion nahe. Dieser gibt sich einsichtig, versteht aber nicht, warum ein Selfie mit AfD-Politikern komisch ist

Von 
Stephan Alfter
Lesedauer: 
Abendessen mit der AfD: CDU-Fraktionsmitglied Michael Spirk traf sich jüngst mit der Bundestagsabgeordneten Nicole Höchst und Stadtrat Benjamin Haupt. © WhatsApp/Spirk

Wie groß ist die Nähe von CDU-Politikern zur AfD, nachdem bereits im vergangenen Sommer viel von Brandmauern die Rede war? Eine noch höhere Brisanz hat diese Frage nach den Veröffentlichungen von „Correctiv“ gewonnen. Die Recherchen von Journalisten haben letztlich dazu geführt, dass in ganz Deutschland Demos von Bündnissen für Vielfalt und Zivilcourage organisiert wurden und werden - mit Hunderttausenden Teilnehmern.

Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp



Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt

Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen

Als sich in Speyer der CDU-Kreisverband am vergangenen Freitag bei den Demonstranten vor dem Dom unterhakte, da kursierte unter einigen Teilnehmern schon länger das Gerücht, dass sich das jüngste Fraktionsmitglied der Christdemokraten im Rat der Domstadt jüngst der AfD angenähert habe. Das Treffen des 29-jährigen Juristen Michael Spirk mit der AfD wäre unter normalen Umständen wohl kaum eine Nachricht gewesen, die es über die Stadtgrenzen Speyers hinaus geschafft hätte. Aber: In diesem Fall fand das Treffen im Haus der Bundestagsabgeordneten Nicole Höchst (AfD) statt. Und Spirk fertigte davon ein Selfie an, das er in seinem Whatsapp-Status teilte. So konnte es sich verbreiten. Viele sahen: Man isst gemeinsam zu Abend. Es gibt Raclette und Rotwein. Es wird gelächelt.

Nicole Höchst, die Gastgeberin an jenem Abend, ist eine Frau, die im Stile ihrer Parteikollegen Alice Weidel und Björn Höcke seit Jahren keine Gelegenheit auslässt, einen Keil in die Gesellschaft zu treiben, indem sie sich beispielsweise über queere Menschen öffentlich lustig macht, Ausländer pauschal kriminalisiert und in ihrer sprachlichen Diktion stets den Untergang der Republik beschwört.

Nicole Höchsts Tochter sorgte bei Poetry Slam in Speyer für Eklat

Ihre damals 14-jährige Tochter sorgte im Jahr 2018 in einem Speyerer Einkaufszentrum für einen Eklat, als sie rassistische Gedichte bei einem Poetry Slam vortrug. Bundesweit wurde seinerzeit darüber berichtet. In einer ihrer jüngsten Reden im Bundestag sagte Höchst, die Asylpolitik der Ampel mache „Frauen in Deutschland zu Freiwild“ - gerade so, als würden sie überfallen, sobald sie das Haus verlassen.

Mehr zum Thema

Kirche

Bistum Speyer bezieht unmissverständlich Position gegen die AfD

Veröffentlicht
Von
Bernhard Zinke
Mehr erfahren
Kommunalpolitik

Mannheimer Liste äußert sich zur Demo gegen rechts und zum Umgang mit der AfD

Veröffentlicht
Von
Florian Karlein , Sebastian Koch und Timo Schmidhuber
Mehr erfahren

Unter einem Dach lebt Höchst mit dem Vorsitzenden des AfD-Kreisverbandes Speyer, Benjamin Haupt, zu dessen Tätigkeiten es seit Jahren gehört, ironisch gegen „Goldstücke“ (Asylbewerber) zu hetzen und Menschen wegen ihres Einsatzes für Vielfalt und Toleranz verbal anzugreifen, wie Blicke auf sein Verhalten in sozialen Netzwerken, aber auch im Speyerer Stadtrat beweisen. Beide - sowohl Höchst als auch Haupt - haben sich einer Politik der konsequenten Abgrenzung gegen Fremde und Minderheiten verschrieben. Was sich Michael Spirk davon versprach, ein Bild von dem Abend zu verbreiten, kann er selbst nicht mehr so genau sagen. Fast wirkt es etwas naiv, wenn der Jurist ausdrückt, das Treffen sei rein privat gewesen und habe in keinem Kontext mit Politik gestanden. Als wolle er sagen: Ich kenne die Debatte um die AfD gar nicht. Per Whatsapp schreibt er dem Verfasser dieses Textes: „Ich erkläre mich ganz ausdrücklich gegen jede Form der Ausgrenzung, Hass oder Menschenfeindlichkeit - und erhebe weiter meine Stimme dagegen.“

Die CDU-Fraktion im Speyerer Stadtrat und der Kreisverband haben das Treffen eingeordnet und Spirk einen Austritt aus der Fraktion nahegelegt - auch wenn das niemand so formuliert. Spirk behauptet, aus Zeitgründen aufzuhören. Man begrüße es, „dass sich Herr Spirk klar von der AfD distanziert“, hieß es am Dienstag, nachdem dieser seinen Sitz zurückgegeben hatte. CDU-Mitglied will er weiter sein.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke