Künstlerbund

Stipendiatin Laura Buckle aus Chichester arbeitet in Speyer mit Textilien

Laura Buckle ist eine englische Künstlerin, die im Künstlerbund in Speyer arbeitet und sich auf die Verwendung von gebrauchten Textilien und natürlichen Materialien spezialisiert hat, um das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Recycling zu fördern.

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Matthias Nowack
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Laura Buckle im Atelier des Künstlerhauses in der Sämergasse. Die Nähmaschine ist ihr künstlerisches Werkzeug. © Matthias Nowack

Speyer. Die aktuelle Stipendiatin des Künstlerbundes kommt aus Chichester, der englischen Partnerstadt von Speyer, und heißt Laura Buckle. Seit Anfang Juli und noch bis 6. September wohnt und arbeitet sie im Haus des Künstlerbundes in der Sämergasse. Sie liebt natürliche Materialien und sammelt leidenschaftlich Textilien, die nicht mehr gebraucht werden. Darauf verweist schon ihr Künstlername „Flora Bucket“, wobei „Flora“ für die Natur und die Nachhaltigkeit stehen kann, während „Bucket“ im Englischen traditionell einen Eimer bezeichnet, in dem man Dinge einsammelt.

Was man normalerweise als Textilabfälle bezeichnen würde, sackt die englische Künstlerin gerne ein und verwandelt es in „Soft Sculptures“ (wörtlich übersetzt: „Weiche Skulpturen“). Es sind kleine und große Installationen aus gebrauchten Textilien und natürlichen Materialien, die sie in Speyer und Umgebung gefunden hat. Eine umfangreiche Kollektion an Altkleidern und gebrauchten Stoffen haben ihr die Mitglieder des Künstlerbundes für die Verarbeitung zur Verfügung gestellt.

Hintergrund

  • Weiche Skulpturen (Soft Sculptures) bestehen aus einer Art dreidimensionalen Form, die Materialien wie Stoff, Fell, Schaumgummi, Kunststoff, Papier, Fasern oder ähnliche geschmeidige und nicht starre Materialien enthält.
  • Ihr Werke können gestopft, genäht, drapiert, geheftet, geklebt, aufgehängt oder gewebt werden. Quelle: Englische Ausgabe der Wikipedia

Auf Streifzügen durch die Wälder und die Fluss- und Seenlandschaft rund um Speyer ist sie auf Wildblumen, Samen und Blütenrispen von Kastanienbäumen und auf andere natürliche Materialien gestoßen, die sie in ihren Installationen und Objekten verarbeitet. Im textilen Schaffensprozess bedient sie sich einer Nähmaschine und nutzt verschiedene Webtechniken, die in der Regel händisch umgesetzt werden.

Binsfeld-Kissen – so nennt Laura Buckle diese Soft Skulptur am Strand. Bilder: Nowack/Künstlerbund © Matthias Nowack

Recycling und Nachhaltigkeit im Fokus

Ausgangspunkt ihrer Überlegungen zum textilen Thema sind die komplexen Produktions- und Verarbeitungsschritte einer auf Modetrends und schnellen Profit ausgerichteten Industrie. Hinzu kommt die Tatsache, dass Textilien in den westlichen Gesellschaften aufgrund ihrer komplexen Zusammensetzung nicht angemessen recycelt werden, wie das mittlerweile bei Glas, Papier oder Plastik der Fall ist. Alttextilien landen oft im Container, werden verbrannt, in ärmere Länder entsorgt oder als Füllmaterial beim Bauen verwendet.

Hier zeigt sie uns eine Installation aus getrockneten Blüten-rispen von Kastanienbäumen. © Matthias Nowack

Buckle sieht in den kurzen Lebenszyklen dieser Produkte eine Katastrophe für das Klima und die Nachhaltigkeit. Dagegen setzt sie eine neue „Second-Hand-Kultur“ für gebrauchte Textilien, wirbt für qualitativ hochwertige Materialien beim Kauf neuer Kleidung und fordert mehr Informationen über die Arbeits- und Produktionsbedingungen dieser Industrie in fernen Ländern wie Indien oder Pakistan. Werden diese Kleider aus organischen Materialien hergestellt? Wie giftig und umweltschädlich sind die synthetischen Anteile an diesen Produkten? Wie kann man solche Stoffe recyceln? Erhalten die Arbeiter und Angestellten in den Fabriken und in den Kleiderläden faire Löhne?

Fragen zur Textilindustrie und Nachhaltigkeit

Mit solchen Fragen hat sich Buckle schon während ihres Studiums an der Goldsmiths Universität in London beschäftigt. Dabei geht es ihr nicht nur um Kleider, sondern um Textilien aller Art, zum Beispiel auch Taschen, Bettwäsche oder die Innenausstattung von Automobilen. Sie setzt auf neue, bewusst handelnde Konsumenten, die sich mit ihrem Kauf für qualitativ hochwertige, langlebige und umweltschonend hergestellte Produkte entscheiden. Gleichzeitig sieht sie Verantwortung bei den herstellenden Firmen, die nachhaltigere Produktionsmethoden entwickeln müssen, um einer globalen Herausforderung gerecht zu werden. Natürlich geht es auch um die Änderung lieb gewonnener Gewohnheiten beim Einkaufen, sagt Laura Buckle.

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Workshops und gemeinschaftliche Kunstprojekte

Ausgangspunkt ihrer künstlerischen Arbeit ist ihr Umgang mit den selbst genutzten Textilien und die Auswahl der Materialien für ihre Installationen und Objekte. Diese kommen aus der Natur und aus Textilabfällen. Hinzu kommt ein kommunikativer oder auch ein sanfter pädagogischer Anspruch, indem sie ihr Wissen und ihre Erfahrung um dieses Thema mit möglichst vielen Menschen teilen will. In Chichester organisiert sie regelmäßig Workshops für Schüler, Studenten oder andere Gruppen, die sich mit Nachhaltigkeitsthemen und deren künstlerischen Verarbeitung auseinandersetzen.

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Matthias Nowack
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In der Domstadt hat sie an zwei Tagen im August die Türen des Künstlerhauses geöffnet, um die Speyerer zur gemeinsamen Fertigung einer großen handgewebten Wandinstallation einzuladen. Dabei hat sie alte Textilien, die sonst auf der Mülldeponie gelandet wären, recycelt und diese mit Besuchern ihres offenen Ateliers zu einem Kunstwerk verarbeitet. Buckle sagt, es sei ihr bei diesem Projekt trotz Sprachbarriere darum gegangen, viele Menschen vor Ort einzubeziehen und sich beim Weben mit ihnen über einzelne Aspekte des Textilthemas auszutauschen. Entstanden ist ein bunter und von vielen Händen gewebter Wandteppich, der noch bis zum Ende ihres Aufenthaltes in Speyer im Hof des Künstlerhauses zu sehen ist.

„Who cares“ heißt diese Soft Skulptur aus herausgetrennten Textiletiketten von Kleidungsstücken. © Matthias Nowack

In diesem Sinne ist Laura Buckle auch Aktivistin für Nachhaltigkeit, für ein besseres Klima und eine gerechtere Gesellschaft. Sie nutzt ihre künstlerische Arbeit, um ökologische und soziale Themen anzusprechen.

Eindrücke und Erfahrungen in Speyer

Gefragt nach ihren Erfahrungen in Speyer, berichtet sie spontan von eindrucksvollen Spaziergängen entlang des Rheins und Besuchen an den Binsfeld-Seen, die ihr an den zurückliegenden heißen Sommertagen ein wenig Abkühlung verschafft haben. Auch die Wälder und Parkanlagen in und um Speyer haben bleibende Eindrücke bei ihr hinterlassen. Als Künstlerin, die sich Umweltthemen verpflichtet sieht, habe sie die Naturräume in und um die Stadt gerne erkundet, sagt sie. Überrascht sei sie davon gewesen, dass viele Speyerer schon sehr genau über ihre Heimatstadt Chichester Bescheid wussten. Beide Städte seien sich in Größe und Struktur ähnlich und hätten doch sehr unterschiedliche Ausprägungen: in der Architektur, in den Kathedralen und auch in den jeweiligen Stadtzentren. Dankbar sei sie für die vielen Begegnungen mit Speyerern, die ihr die Domstadt nähergebracht hätten. Mit ihrer lebhaften und offenen Art hat sie es auch ohne Deutschkenntnisse schnell geschafft, das Künstlerhaus in der Sämergasse weit zu öffnen und Menschen für ihre textilen Projekte zu gewinnen.

Eine recycelte textile Deko-Schlange aus Polyester, gefüllt mit abgefallenen Blütenrispen von Kastanienbäumen. © Matthias Nowack

Am Freitag 30. August, ab 19 Uhr lädt der Künstlerbund zur Ausstellung der Arbeiten von Laura Buckle in die Räumlichkeiten in der Sämergasse ein. Gezeigt werden ihre in Speyer entstanden Weichen Skulpturen. Da sie nicht alle hier gefertigten Installationen mit nach Hause nehmen kann, will sie die Pflanzen und das organische Material, das sie für diese Arbeiten gesammelt hat, zurückgeben an die Natur und noch einmal jene Orte aufsuchen, an denen sie fündig wurde. Sie muss ihre Materialien nicht kaufen und führt sie wieder zurück an ihren Ursprungsort: Ein überzeugender ökologischer Ansatz!

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