Künstlerbund

Künstler Ruth Hutter stellt nun in Speyer aus

Aktuelle Arbeiten von Ruth Hutter aus den beiden letzten Jahren sind derzeit unter dem Titel „The World Touch“ im Haus des Künstlerbundes in der Großen Sämergasse in Speyer zu sehen.

Von 
Matthias Nowack
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Das Kunstwerk „Skilling Mind“. © Klaus Venus

Speyer. Aktuelle Arbeiten von Ruth Hutter aus den beiden letzten Jahren sind derzeit unter dem Titel „The World Touch“ im Haus des Künstlerbundes in der Großen Sämergasse zu sehen. Mit Videoobjekten und Collagen zeigt sie zwei Werkgruppen, die eng miteinander verbunden sind: Es ist die analoge und die digitale Variante einer künstlerischen Idee, die sie immer wieder neu inszeniert.

Der menschliche Körper in seiner Veränderbarkeit und Vergänglichkeit steht dabei im Mittelpunkt ihres Schaffens, wobei ihr einzelne Körperteile als Ausgangspunkt und wichtiges Ausdrucksmittel dienen. Ein ganzes Archiv an ausgeschnittenen Körperteilen habe sich mittlerweile in ihrem Atelier in Ludwigshafen angesammelt, sagt die Künstlerin. Köpfe, Arme, Beine und Profile von Menschen, die sie von Besuchern und Freunden in ihrem Umfeld gezeichnet hat.

Sie werden auf transparentes Papier übertragen, ausgeschnitten und in mehreren Schichten zu Collagen verarbeitet. In einem weiteren Schritt werden diese an einer Nylonschnur befestigt, in Zeitlupe gefilmt und dann – gedoppelt, gedreht oder auch gespiegelt – zum Leben erweckt und in eine Art digitale Choreografie überführt. „Bewegte Gemälde“ nennt sie die digitalen Objekte, die entstehen. Über ihre Arbeitsweise sagt Hutter, dass ihre Bildfindung keinem vorgegebenen Muster folgt. Es ist keine vorab getroffene, nicht korrigierbare Entscheidung. Die Intuition spielt bei der Bearbeitung eine große Rolle. Ihre Kunstpraxis agiert frei, bleibt für die Verlockungen des Zufalls offen. Manchmal folgt sie auch einer anderen, am Anfang vielleicht nicht gewollten Richtung.

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In der Arbeit „Die Umarmung der Welt“ herzt ein Mensch die Welt oder auch umgekehrt: Die Welt umarmt das Individuum – oder vielleicht doch nicht? Collageartig entsteht aus Körperteilen der Eindruck eines Planeten, der sich im weiten Raum des Kosmos verliert. Er wirkt isoliert und einsam, doch seine Leuchtkraft und Präsenz verleiht dem unendlichen Raum ein Zentrum, einen Fixpunkt und damit Orientierung und vielleicht sogar Trost. Vergleichbares gilt für die beiden Arbeiten „Skulls“ („Schädel“) oder „Couple“ („Paar“), die ebenfalls im Künstlerhaus zu sehen sind.

Ruth Hutters Videoarbeiten haben den großen Vorteil, kurz und prägnant zu sein. Sie sind wie Aphorismen und deshalb auch sehr treffsicher. Es sind poetische Statements, die unsere Existenz und Vergänglichkeit reflektieren. Die Unschärfe, die dabei gelegentlich entsteht, dient auch als erhellendes Prinzip, ein kluges und präzises Spiel mit dem, was man schon weiß oder zu wissen glaubt.

In ihren Collagen zerfällt der Mensch wieder in Fragmente, in einzelne Körperteile – ein Kopf, ein Arm, zwei Brüste, ein Bein und ein steinernes Herz. In der installativen Präsentation ihrer Arbeiten versucht die Künstlerin die Fragmente wieder sinnvoll zusammenzuführen, doch wird man den Eindruck nicht los, dass das einfach nicht gelingen will. Das gesamte Bild wirkt harmonisch, doch bleibt der Betrachter mit Fragen zurück, für die er die Antworten vermutlich nur in sich selbst finden kann.

Replik an die Kunstgeschichte von Ruth Hutter aus Speyer

Dabei bedient sich Hutter auch aus der Kunstgeschichte. Sie ist in einem sehr katholischen Umfeld aufgewachsen. Bildgeschichten aus der christlichen Ikonographie haben sie geprägt. Bei Rubens, Caravaggio oder Hieronymus Bosch hat sie sich Anregungen geholt. Das Skurrile und Phantastische in Boschs Gemälden habe sie immer gefesselt, sagt die Künstlerin, wobei dessen abgründige Malweise heute wieder sehr modern erscheint.

Ruth Hutter wurde 1965 in Ludwigshafen geboren. Nach einer Steinmetzausbildung hat sie an der Hochschule der Bildenden Künste Braunschweig bei Mara Mattuschka und Marina Abramovic studiert. Sie war Meisterschülerin von Birgit Hein. Hutter erzählt vom großen Einfluss, den diese drei starken Künstlerinnen auf ihre eigene Biografie hatten.

Es sind Künstlerinnen, die sich auch mit dem Leben als Mensch, insbesondere aber auch mit dem Leben als Frau, teilweise in Grenzerfahrungen auseinandersetzen. Das findet man auch in den Arbeiten von Ruth Hutter immer wieder. So ist sie auch künstlerische Leiterin des Filmfestivals „Girls go Mobvie“, in dem Mädchen und jungen Frauen die Möglichkeit geboten wird, sich mit ihren Lebensthemen filmisch auseinanderzusetzen. In diesem Jahr wird das Kurzfilmfestival am 23. und 24. November in Mannheim schon zum 20. Mal veranstaltet.

Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland – darunter Kenia, China, Korea, Kalifornien und dem europäischen Ausland – dokumentieren Hutters Schaffenskraft.

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