Nachhaltigkeit - Ein neuer Leitfaden des Vereins Deutsche Weinstraße soll Veranstalter für nachhaltigen Tourismus sensibilisieren und damit eine Zeitenwende einläuten

Wie Pfälzer beim Feiern mehr auf die Umwelt achten wollen

Von 
Stephan Alfter
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Der Bad Dürkheimer Wurstmarkt findet seit einigen Jahren nur noch unter verstärkten Lärmschutzauflagen statt. Auch hier müssen Feiernde zunehmend Rücksicht nehmen. © Klaus Venus

Neustadt/Landau. Die Pfälzer feiern oft und gerne. Und weil - wie bei jeder Party - dabei auch mal etwas aus dem Ruder laufen kann, bemüht man sich an der Deutschen Weinstraße nun, das Megathema Nachhaltigkeit auch in der Festkultur noch stärker zu verankern. Mancher könne das Wort schon nicht mehr hören, doch gerade sie sei ein bedeutender Aspekt im Tourismus in der Pfalz, weiß Nadine Schubert, Projektleiterin beim Verein Deutsche Weinstraße. Vom Wildpinkler über den Müllsünder bis zum Autofahrer - der Einfluss von Besuchern auf die Umwelt soll nach dem Willen lokaler und regionaler Akteure reduziert werden. Dabei geht ein besonderer Appell an die Veranstalter, auf Dinge zu verzichten, die negative Auswirkungen auf die direkte Umgebung haben können. Dazu gehört auch Lärm.

Begonnen beim Notstrom-Aggregat, das mit Diesel betrieben wurde und zukünftig nach Möglichkeit mit Biokraftstoff laufen soll, und aufgehört bei der Frage, ob bei der Erstellung des Konzepts an die Barrierefreiheit und vegetarisches Essen aus der Region gedacht wurde.

Der Leitfaden

  • Die Deutsche Weinstraße wurde 2020 offiziell als „Nachhaltiges Reiseziel ausgezeichnet und bemüht sich seitdem, um eine nachhaltige Tourismusentwicklung in der Region.
  • Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein Leitfaden entwickelt, der festlegt, was Nachhaltigkeit auch beim Feiern bedeutet.
  • Demnach ist ein nachhaltiges Fest ökologisch verträglich, berücksichtigt lokale Bedürfnisse und sichert den wirtschaftlichen Erfolg. Es basiert somit auf den Säulen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft
  • Die Initiatoren sind sich bewusst, dass nachhaltige Gestaltung von Festen Zeit braucht und nicht immer direkt in allen Bereichen umsetzbar ist.
  • Nachhaltigkeit beginnt gemäß des Leitfadens in der Planung und endet in der Nachbereitung.

Wer mal den Bad Dürkheimer Wurstmarkt besucht, eine Pfälzerwaldhütte nach einem stark frequentierten Sonntag angeschaut oder den Erlebnistag Deutsche Weinstraße mitgefeiert hat, der kann sich ungefähr ein Bild davon machen, was der Leitfaden zum Thema „Nachhaltige Feste und Veranstaltungen“ erreichen möchte. Denn: Manchmal kann das aussehen, als hätte eine Horde Vandalen die jeweiligen Orte heimgesucht.

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Doch das, was Projektleiterin Nadine Schubert mit dem Leitfaden, der mit einer Zertifizierung für die Region einhergeht, schaffen will, ist weit mehr, als nur den Müll zu reduzieren. Es gehe um ein grundsätzliches Umdenken und um eine Sensibilisierung aller Beteiligten. „Wir wollen uns auf den Weg machen“, stellt sie angesichts der nun beginnenden Freiluftsaison mit Hunderten Festen entlang der Weinstraße fest. Abgesagt wurde indessen der Erlebnistag Deutsche Weinstraße, der üblicherweise am letzten Wochenende im August stattfindet. Ist er nicht nachhaltig genug?

Erlebnistag abgesagt

Auch bei der Organisation des Erlebnistages tauchte Anfang des Jahres die Frage auf, wer eigentlich Veranstalter und wie nachhaltig beispielsweise das Sicherheitskonzept ist, das das Innenministerium von Rheinland-Pfalz für solche Veranstaltungen einfordert. Weil man merkte, dass man einiges neu bewerten müsse, sagte man den Weinstraßentag mit üblicherweise weit mehr als 200 000 Besuchern entlang der etwa 80 Kilometer langen Route ab (wir berichteten).

Anhaltspunkte - keine Gesetze

Der neue Leitfaden, erklärt Schubert, sei auf Basis zahlreicher bereits bestehender Handlungsrichtlinien und Checklisten beispielsweise des Umweltbundesamtes entwickelt worden, die auf nationaler Ebene bereits angewendet werden. Er verstehe sich als Arbeitshilfe und Inspirationsquelle für Veranstalter von Wochenmärkten und Wein- und Straßenfesten sowie für Organisatoren von öffentlichen und privaten Veranstaltungen.

Jeder, der ein Hoffest plane oder eine Kerwe ausrichte, könne auf die Inhalte zurückgreifen. Nicht gerade ein Hoffest, sondern das größte Weinfest der Welt ist der Wurstmarkt in Bad Dürkheim. Hier gab es in den vergangenen Jahren eine intensiv geführte Diskussion über die Frage, wie lange nachts Fahrgeschäfte betrieben werden dürfen und wann die Sause an den Weinverkaufsständen ein Ende hat. Anwohner hatten sich beschwert und sich letztlich auch durchgesetzt - zum Leidwesen vieler Feiernder. Der Deutsche Schaustellerverband beklagte, dass einzelne intolerante Menschen Traditionen zerstören könnten und die Geschäftsgrundlage einer ganzen Branche. Ist der neue Leitfaden also eine weitere Spaßbremse? Nadine Schubert empfindet das nicht so - zumal das Papier, in dem neun zentrale Handlungsfelder aufgeführt werden, keine Gesetzeskraft habe, sondern eben vor allem sensibilisieren solle.

Und: Nachhaltigkeit nehme einen immer größeren Stellenwert im Leben vieler Menschen ein, sowohl zuhause als auch außerhalb der eigenen vier Wände, sagt Schubert. Ein verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen und kulturellen Ressourcen der jeweiligen Region werde auch für Touristen immer unverzichtbarer. Und damit auch für den Erfolg einer Tourismusregion, wie es die Pfalz mit dem großen Biosphärenreservat Pfälzerwald sein will.

Tatsächlich hängen eine intakte Natur, lokale Gastronomie mit regionalen Produkten sowie umweltbewusste Unterkünfte untrennbar zusammen. „Jeder kann im Kleinen anfangen, Feste qualitativ hochwertiger und nachhaltiger zu gestalten“, heißt es daher im Leitfaden.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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